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Brief an die Frankfurter Nationalversammlung

Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir 1848/1849 Schriftgut - Briefe [2022/0061/077/009]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202203/25194333846.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Beschreibung

Brief an die Nationalversammlung vom 20. November 1848 vom Präsidenten des Dürkheimer Volksvereins Eduard Eppelsheim.

Es geht u.a. um die blutige Niederschlagung des Aufstandes in Wien, wo der Abgeordnete der Nationalversammlung Robert Blum wurde - trotz seiner Immunität - aufgrund seiner Teilnahme am 9. November 1848 standrechtlich erschossen wurde! Daneben beziehen sich die massiven Kritiken auf die Umstände der Waffenstillstandsvereinbarungen während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung. Auch die Septemberunruhen in Frankfurt 1848 - eine Folge des umstrittenen Waffenstillstandes mit Dänemark- und deren Niederschlagung finden Erwähnung, wenn auch nicht direkt benannt. Darüber hinaus werden die Vorgänge in Preussen angesprochen, wo sich eine "adlige" Konterrevolution gegen die dortige Nationalversammlung ereigne.
Eppelsheimer vermisst ein konsequentes Handeln der Nationalversammlung als Zentralgewalt gerade gegen die Regierungsvertreter der Einzelstaaten. Er wirft der Institution vor, dass sie nicht "auf der Seite des mißhandelten Volkes" stehe und gegen die "conterrevolutionären Bestrebungen" vorgehe.

Datierung: 20.11.1848

Material/Technik

Papier, Tinte / beschrieben

Maße

Länge: 26,5 cm, Breite: 20,5 cm, Stückzahl: 1, Seitenzahl: 4

Abschrift

Original: Deutsch

Hohe Nationalversammlung (Seite 1) Mit großem Schmerze und banger Besorgnis mußten wir schon seit mehreren Monaten die traurige Wahrnehmung machen, wie das Verhalten der provisorischen Centralgewalt, gestützt auf die Majorität der Nationalversammlung bei allen wichtigen Momenten der Entwicklung der allgemeinen deutschen sowie der besonderen Verhältniße einzelner deutscher Staaten durchaus nicht geeignet sei, das Vertrauen der Mehrzahl der deutschen Völker, aus dessen Wille die Centralgewalt hervorgegangen ist, und auf das sie gestützt sein muß, zu erhalten und zu befestigen. Wohl sahen wir die Reichsgewalt, den hie und da aus dem Volke heraus auftauchenden Erscheinungen der Gesetzlosigkeit entschieden entgegen traten, aber wo es darauf ankam, der Gesetzlosigkeit von Oben mit festem Muthe und das mit vorurtheilsfreier Unpartheilichkeit die Stirne zu bieten, da vermißten wir leider alle Kraft und Entschiedenheit und, sagen wir es offen, leider auch oft den guten Willen, die Verhältniße der Neuzeit den Ideen und Grundsätzen der Neuzeit gemäß mit fester Hand zu ordnen und zu gestalten. Kaum hat der Vaterlandsfreund seine Mißstimmung (Seite 2) über die Art der Führung des schleswig-holsteinischen Krieges und über die Abschließung des unseligen Waffenstillstandes mit Ruhe und Fassung und mit Verabscheuung der in Folge diesen vorgekommenen Unthaten einzelner Verblendeter überwunden, da trifft ihn, ein niederschmetternder Donnerschlag, die schreckliche Kunde von dem Falle der deutschen Kaiserstadt (Frankfurt?). Wilde barbarische Horden, unmenschliche Treiber an ihrer Spitze, verheeren(?) die deutschen Fluren, verwüßten die schönsten deutschen Städte und begehen ungestraft die scheußlichsten Frevel an deutschen Reichsbürgern. Wo ist da die Kraft der deutschen Reichsgewalt? Ein Vertreter der deutschen Nation, und wahrlich keiner der schlechtesten Söhne des Vaterlandes, der für des Volkes Recht und Freiheit lebte und voll hohen Muthes zu streben wußte, er fiel ein Opfer kalt berechnender Rachsucht der hohen Aristokratie; ein Mitglied der Reichsversammlung, stehend unter dem besonderen Schutze des deutschen Reiches, wird unter dem Schein gesetzlicher Formen willkürlich gemordet (gemeint ist Robert Blum, der nach Niederschlagung des Wiener Aufstandes – trotz parlamentarischer Immunität – am 9. November 1848 standrechtlich erschossen wurde!). Wo ist da der Schutz der deutschen Reichsgewalt? Und jetzt, wo noch über die Wiener Gräuel, vielleicht über den Verlust eines großen Theiles von Deutschland das Herz mit Schmerz und Entrüstung erfüllt ist, jetzt wagt in Preußen die Anarchie von Oben, ausgehend von einer reactionären Hofparthei einen der schändlichsten Staatsstreiche zu begehen, einen Mord an dem Rechte und der Freiheit des größten und mächtigsten der deutschen Stämme. (Seite 3) Wird auch hier die Centralgewalt, gestützt auf die Majorität der Nationalversammlung, sich begnügen mit erfolglosen diplomatischen Unterhandlungen? Wohl verkennen wir nicht die Schwierigkeit der Lage, in denen sich bei so vielfach verwickelten Verhältnissen die Centralgewalt befinden mag, aber wo das Recht so klar zu tage liegt, wo das Unrecht so gewaltthätig, so offen und ungescheut, so übermüthig und höhnend das Gesetz mit Füßen tritt, wie in Berlin, wo ein Volk durch alle seine gesetzlichen Organe, seine Vertreter an der Spitze, aus allen Gauen und Provinzen, aus allen größeren und kleineren Städten seine Entrüstung über einen Act der brutalen Gewalt zu erkennen gibt; wo der Aufruhr und Bürgerkrieg so unausbleiblich droht, wie in Preußen, da ist es wahrlich nicht an der Zeit, lange diplomatische Unterhandlungen anzuspinnen, und dabei sogar mehr Sympathie mit dem Uebertreter des Gesetzes, als mit den Vertheidigern desselben an den Tag zu legen. Stellt sich hier die Centralgewalt und die Nationalversammlung nicht offen, ehrlich und entschieden auf die Seite des mißhandelten Volkes, nimmt sie die Unterdrückten nicht mit aller Kraft in Schutz, ergreift sich nicht die energischsten Maßregeln, um die offenbar contrerevolutionären Bestrebungen der preußischen Regierung mit allem Nachdruck zu vereiteln, dann ist es um das schwache Vertrauen, das sie noch im Volke besitzt für immer geschehen; dann hat das Volk keine Centralgewalt (Seite 4) und keine Nationalversammlung mehr, dann ist es wahrlich an der Zeit, daß das Volk seine Vertreter zurückberufe, oder ihnen die Mittel des fernern Bestehens entziehe, um auf anderem Wege sich das zu erringen, was es von der Nationalversammlung und der Centralgewalt für immer gesichert glaubte. Wir haben geredet. Gott erhalte und schütze das Vaterland! Dürkheim, den 20sten November 1848 Im Namen des Dürkheimer Volksvereins Der Präsident (Eduard) Eppelsheim Der Schriftführer Sahner

Literatur

  • E. Schneider, J. Keddigkeit et al. (1999): Die Pfälzische Revolutionvon 1848/1849. Kaiserslautern
  • Hans Blum (1897): Die deutsche Revolution 1848-1849. Leipzig
  • Otto Fleischmann (1899): Geschichte des pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849. Kaiserslautern
  • Peter Reichel (2007): Robert Blum: ein deutscher Revolutionär 1807-1848. Göttingen
  • Wolfgang J. Mommsen (1998): 1848 - Die ungewollte Revolution. Frankfurt am Main
Verfasst Verfasst
1848
Eduard Eppelsheimer
Bad Dürkheim
Empfangen Empfangen
1848
Frankfurter Nationalversammlung
Frankfurt am Main
1847 1850
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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