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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir 1848/1849 [2022/0061/077/040]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202204/07112221160.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Die Militärmeuterei in Baden

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Beschreibung

Die Militärmeuterei in Baden
Die Ereignisse in Raststatt, Bruchsal, Karlsruhe, Lörrach, Freiburg, Gundelfingen, Krotzingen, Neustadt A. enthaltend
aus authentischen Quellen zusammengetragen von einem badischen Offizier
1849

Einer bibliographischen Angabe in "Wegbereiter der Demokratie " (s. Literatur) zufolge, handelt es sich bei dem Verfasser um Karl L. Freiherr Schilling von Cannstadt.

Im ersten Kapitel seiner Darstellung berichtet der Autor über die Vorgänge während des Soldatenaufstandes in Rastatt vom 10. bis zum 12. Mai 1849 aus der Perspektive eines, seinem Großherzog treuen Offiziers. Dementsprechend werden die "Meuterer" sowie die übrigen "republikanischen" Protagonisten ("besoffene Freischärler"), ihre Absichten und ihre Handlungen durchweg negativ charakterisiert. So wird u.a. der Ehefrau von Gustav Struve vorgeworfen, sie habe zur Aufhetzung der Soldaten massiv beigetragen. Diese verweigerten ihren Offizieren zusehends den Gehorsam, was im Lauf der nächsten Tage eskalierte und mit der Besetzung der Festung sowie dem eiligen Abzug des Kriegsminister Hoffmanns, der die Situation zu bereinigen suchte, endete. Am 14. Mai trifft die Nachricht von der Flucht des Großherzogs ein. Bei dieser Gelegenheit stellten die Soldaten ihre Offiziere vor die Wahl den Eid auf die neue Landesverfassung zu leisten oder möglichweise erschossen zu werden.
Der Verfasser weist den Ereignissen in Rastatt eine Schlüsselfunktion bzgl. des badischen Aufstandes zu.

Im zweiten Kapitel werden die Geschehnisse in Bruchsal behandelt. Hier lagen zwei Kompanien zur Bewachung von politischen Gefangenen, zu denen Gustav Struve gehörte. Die Nachrichten aus Rastatt führen auch hier zu Soldatenversammlungen. Die Forderungen nach Abschaffung der Gamaschen und dem Ende des Exerzierens auf dem Schlossplatz bzeichnet der Autor als "läppische Forderungen". die zeigen würden, wie gut es den Soldaten doch gehen würde.
Die wachsende Solidarität zwischen Soldaten und Bevölkerung führen letztendlich zur Befreiung der Gefangenen.
Beim Abtransport der Truppen mit der Eisenbahn nach Karlsruhe waren anscheinend deutliche Bekundungen für "Hecker" zu vernehmen.

Kapitel 3 befasst sich mit den Vorgängen in Karlsruhe. Auch hier war große Unruhe unter den Bürgern und Soldaten zu bemerken, besonders nach den Nachrichten aus Rastatt.
Die Ankunft der "betrunkenen" Mannschaften aus Bruchsal am 13. Mai verschärfte noch die Situation. Die Soldaten trafen auf "liederliche Subjekte und fremdes Gesindel". Hier zeigt sich wieder die reaktionäre Perspektive des Verfassers.
Die Ereignisse eskalieren im Folgenden wobei der Oberst des Leibregiments misshandelt bzw. beinahe getötet wird. Auch der Sohn des Großherzogs, Friedrich, wird bedroht und muss fliehen.
Es folgen Zerstörungen und Plünderungen, bei denen auch die Infanteriekaserne verwüstet wird. Der "junge Kriegsschüler" von Schilling, der bei diesen Vorgängen einen Offizier vor einem Lynchmord bewahrte, könnte übrigens der Autor dieser Broschüre sein!
Die Versuche des Kriegsministers Generals Hoffmann, die Situation in den Griff zu bekommen, scheitert. Seine Dragoner werden zusammengeschossen und der Aufstand breitet sich aus.
Hoffmann leibt nichts übrig, als sich zurückzuziehen. Dabei bringt er die großherzogliche Familie in Sicherheit.

Im vierten Kapitel wird der Zug des Generals Hoffmann beschrieben, der mit der großherzoglichen Familie nach Germersheim zog. Danach begab er sich mit seinen Soldaten nach Ladenburg, um weiter nach Norden zu ziehen und sich mit den Bundestruppen zu vereinigen. Da seine Truppen von Freischaren verfolgt wurden, zogen sie ins Württembergische, wo ihnen gleichfalls eine massive feindselige Haltung der Bevölkerung begegnete.
Letzendlich führten die Ereignisse zur Auflösung der Hoffmann´schen Truppenabteilungen, deren Ausrüstung den Freischärlern in die Hände fiel.

Das fünfte Kapitel schildert die Vorgänge in Lörrach. Auch unter den hier stationierten Truppen gab es "geheime Zusammenkünfte". Ein Versammlungsverbot erzeugte massive Unruhen unter den Soldaten, die der Oberst durch eine entsprechende Ansprache in den Griff zu bekommen versuchte.
Bei der trotzdem stattfindenden Versammlung forderten die Soldaten die Freilassung von arretierten Kameraden, was letztendlich abgelehnt wurde. Dies führte zu massiven Ausschreitungen und einer gewaltsamen Befreiungsaktion. Die danach verfügte Verlegung der betreffenden Kontingente nach Kandern wurde nur von einem Teil der Truppen befolgt, während die übrigen zunächst in Lörrach zurückblieben, um später auch nach Kandern zu ziehen.
Am 15. Mai erfuhren die Offiziere vom Sturz der "alten" Regierung.
In Karlsruhe wurden die noch "anwesenden" Offiziere von Kommissaren des Reichsverwesers aufgefordert dabei zu helfen, die Ordnung im Militär wiederherzustellen.
Am 18. mai leisteten die Truppen den Eid auf die provisorische Regierung in Baden.

Im sechsten Kapitel stehen die Ereignisse in Freiburg im Fokus. Hier waren viele Rekruten stationiert, die bei den Freischarenzügen 1848 beteiligt waren und den Militärdienst "zur Strafe" ableisten mussten. Auch hier wurden Volksversammlungen unter Beiwohnung von Soldaten abgehalten, was auch hier zu großen Unruhen führte.
Darauf bemühten sich - zuerst sogar erfolgreich - die Vorgesetzten, die Soldaten wieder zur Disziplin zurückzuführen und suchten die "demokratische Gegenseite" charakteristisch zu disqualifizieren.
Eine für den 13. Mai geplante große Parade wurde aber aus Angst vor Unruhen nicht abgehalten und der Befehlshaber verließ vorsichtshalber die Stadt. Es folgte eine Soldatenversammlung auf dem Schloßberg.
Eine Aufforderung der provisorischen Regierung Truppenteile wieder nach Freiburg zurückzubeordern wurde von den Offizieren nicht befolgt.

Das siebte Kapitel befasst sich mit Vorgängen um das in Gundelfingen stationierte Batallion Koch. Dieses war zu der geplanten, aber dann abgesagten Parade nach Freiburg gezogen.
Auch diese Soldaten verlangten die Freilassung eines Kameraden und auch sie wollten an der Versammlung teilnehmen, was die Offiziere anscheinend zu verhindern wussten. Dem Befehl der provisorischen Regierung das Batallion nach Freiburg zu verlegen wurde nicht Folge geleistet. Im Gegenteil wurde ein Abmarsch der Truppen unter Umgehung Freiburgs beabsichtigt. Allerdings weigerten sich die Soldaten woanders hinzuziehen, als nach Freiburg. Nach heftigen Auseinandersetzungen zogen die Offiziere und wenige Mannschaften weiter, während das Gros nach Freiburg zog.

Im achten Kapitel behandelt der Autor die Ereignisse um das Batallion Holtz in Krotzingen. Unter den Soldaten herrschte aufgrund der beschriebenen Ereignisse große Unruhe. Unter dem Eindruck der Offenburger Versammlung entschlossen sich einige dem Rastatter Beispiel zu folgen. Die Absicht nach Freiburg zu marschieren wurde vergeblich von den Offizieren zu verhindern versucht.

Das neunte Kapitel befasst sich mit den Vorgängen beim Batallion Waizenegger an der Grenze zur Schweiz. Einige Soldaten des Kontingents waren in Lörrach mit den "Meuterern" in Kontakt gekommen und forderten, dass das Batallion ebenfalls nach Kandern ziehen sollte.
Delegierte der provisorischen Regierung informierten die Soldaten von der Flucht des Großherzogs, was dazu führte, dass das Gros nach Freiburg ziehen wollte. Daraufhin trennten sich die Offiziere von ihren Soldaten und zogen ab.

Im zehnten Kapitel stehen Ereignisse rund um Freiburg im Vordergrund. Nach der Weigerung der Offiziere der Anordnung der Provisorischen Regierung Folge zu leisten und die Freiburger Batallione "unter Waffen zu stellen", nahmen diese an einer Soldatenversammlung als Zuhörer teil, um "beruhigend" eingreifen zu können. Konfrontiert mit den Hauptforderungen nach Vereidigung auf die Reichsverfassung, Anerkennung der Offenburger Beschlüsse etc. verlassen die Offiziere die Versammlung.
Der General v. Miller forderte die in Freiburg liegenden Soldaten auf abzumarschieren, sonst würde er die Stadt beschießen lassen. Die Drohung wirkte und die Truppen versammelten sich zum Abmarsch. Zwei Delegierten der prov. Reg., die ein Kontingent nach Rastatt führen sollen, erteilt er eine klare Abfuhr.

Im elften Kapitel wird der "verunglückte" Zug nach Neustadt/Ach (heute: Titisee-Neustadt) beschrieben. Von Miller sammelte sämtliche verfügbare Truppen für einen Abmarsch Richtung Höllenthal um weiter nach Frankfurt zu ziehen, um sich den "Bundestruppen" anzuschließen. Abends wurde Neustadt erreicht.
Die wiederholte Aufforderung der prov. Reg. die Soldaten nach Freiburg zu senden, wurde abermals abgelehnt. Von den Soldaten der Infantrieregimenter blieben viele zurück, da sie nicht auf Kameraden schießen wollten. Die in Neustadt einquartierten Truppen wurden von Delegierten der Prov. Reg. frequentiert und anscheinend überzeugt. Um einen Weitermarsch der übrigen Truppen zu verhindern, wurden strategische Gebirgspässe von Freischärlern besetzt.
Nachdem der Weg versperrt war und die Soldaten sich weigerten über die Landesgrenze zu ziehen, legte der General von Gayling das Kommando nieder und der Rückmarsch nach Freiburg begann.
Bei Verhandlungen mit Vertretern der Prov. Reg. wurde u.a. vereinbart, dass die dem Großherzog treugebliebenen Offiziere freien Abzug erhalten würden und das Regiment nach Karlsruhe "in Garnison" geführt werden sollten. Die Truppen wurden daraufhin nach Freiburg zurückgeführt, wo sie im Namen der Prov. Reg. begrüßt wurden. Das 2. Infanterieregiment zog ebenfalls wieder nach Freiburg. Die Offiziere wurden massivst bedroht, verließen die Stadt mit der Eisenbahn und kamen nur knapp mit ihrem Leben davon.

Das zwölfte Kapitel bezieht sich auf die Dragonerabteilungen, die von ihren Offizieren nach Karlsruhe geführt werden sollten, wo sie ihre "neuen" Offiziere wählen sollten. Ein Befehl des Majors Sigel (Prov. Reg.), der sie nach Rastatt umleiten wollte, wurde nicht befolgt und die Soldaten erreichten abends Karlsruhe.
Die Offiziere wurden verhaftet, der Prov. Reg. vorgeführt, wo sie aufgefordert wurden ihren Eid auf die neue Regierung zu lesten, was aber verweigert wurde. Daraufhin wurden sie verhaftet und in die Festung Rastatt gebracht. Dort wären sie beinahe gelyncht worden, was aber verhindert werden konnte. Nach einigen Tagen unter härtesten Haftbedingungen, sollten die Offiziere auf Anordnung Brentanos nach Kißlau gebracht werden, um sie dort freizulassen, was nach einer schriftlichen Anweisung der Prov. Regierung auch geschah.

Schlusswort
Der Verfasser verwehrt sich gegen die Behauptungen, dass sich alle badischen Offiziere schon frühzeitig "flüchtig gewesen" seien.
Eine provisorische Regierung habe es bereits von der "Mairevolution gegeben, womit er aber die Volksvereine und ähnliche Vereinigungen meinte, die die Arbeit der regulären Regierung stets erschwert habe. Insgesamt haben nicht die Revolten der Soldaten zu den Vorgängen im Mai geführt, sondern für den Autor steht fest, dass dies von langer Hand geplant gewesen sei. Die Prov. Reg. "sprang fix und fertig"...."aus dem Gehirne des neuen Jupiters Brentano hervor, die Treulosigkeit des Militärs die längst vorbereitete Gelegenheit abgeben musste." Im Folgenden fasst er die Ereignisse nochmal zusammen, um das Verhalten der Soldaten zu erklären bzw. teilweise zu rechtfertigen, da sie Verführt" worden waren. Die Offiziere seien dagegen ein Musterbeispiel an Treue und Loyalität gewesen, was selbst der Prinz von Preußen - der spätere Kaiser Wilhelm I. - anerkannt habe.

Datierung: 1849

Material/Technik

Papier/gedruckt

Literatur

  • A. G. Frei, K. Hochstuhl (1997): Wegbereiter der Demokratie - die badische Revolution 1848/49; der Traum der Freiheit. Karlsruhe
  • Kurt Hochstuhl (2011): Friedrich Hecker: Revolutionär und Demokrat. Stuttgart
  • Otto Fleischmann (1899): Geschichte des pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849. Kaiserslautern
Veröffentlicht Veröffentlicht
1849
Karlsruhe
Verfasst Verfasst
1849
1848 1851
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

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