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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0068/05]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202111/17141043088.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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"Tags-Neuigkeiten No. 9; 2. August 1833

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Beschreibung

Bröschüre / Zeitung: "Tags-Neuigkeiten No. 9 während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau." Landau 2. August 1833, 4 Seiten.

In den "Tags-Neuigkeiten" wurde beinahe "tagesaktuell" über die Schwurgerichtsverhandlungen gegen die Hauptakteure des Hambacher Festes 1832 am Assisenhof in Landau 1833 berichtet.

Fortsetzung der Zeugenvernehmung vom 31. Juli.
Ein Zeuge bemekt, dass die Rede Schülers am 28. Mai "keine Unruhe bezweckt" habe.
Der Steuercontrolleur Heres kommentiert die verschiedenen Reden u.a. von Wirth, der von der "Zersplitterung Deutschlands" gesprochen hatte. Rede von Pfarrer Hochdörfer habe "scharfe Anzüglichkeiten gegen Regierung etc." enthalten. Aber es gab keine Aufforderung "direkt zu handeln." Weitere Zeugen geben an, dass sie selbst keine direkten Aufwiegelungen zum Umsturz vernommen hätten. Es sei sogar von der "den Gesetzen schuldigen Achtung" gesprochen wurde.
Prokurator fragt nach einem angeblichen Zitat Siebenpfeiffers: "wenn die Fürsten Gewalt brauchen, so würde man ihnen keine Rosen streuen." Siebenpfeiffer stellt richtig: "Solange die Regierung uns mit Rescripten verfolgt, werden wir sie mit Worten bekämpfen; kommt sie aber mit Kanonen und Bajonetten, so hilft Rosenwasser auch nichts mehr."
Ein Zeuge sagt aus, dass er die bayerische Fahne (sic!) zum Schloss getragen und dort aufgestellt habe. Entgegen anderer Behauptungen, sei diese nicht behelligt worden, was auch andere bestätigen.
Dekan Gerlach (Kaiserslautern) sagt gegen Pfarrer Hochdörfer aus und wirft diesem u.a. vor, in der Kirche für den Preßverein, den dieser als "wohltätiges Volksinstitut" bezeichnete, geworben zu haben. Besonders habe er versucht Lehrer dafür anzuwerben. Gegen die schlechte Charakterisierung Hochdörfers durch Gerlach, sprechen sich weitere Zeugen aus.
Die Angeklagten Hochdörfer und Eifler bemerken, dass auf alle Arten Gründe gesucht werden, um sie in der Öffentlichkeit zu diffamieren.

Material/Technik

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Maße

Breite/Länge: 23,5 cm; Höhe: 21 cm; Tiefe: 0,5 cm

Abschrift

Original: Deutsch

Tags - Neuigkeiten, während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengericht in Landau. Nro 9. Landau, den 2. August 1833. Sitzung, vom 1. August 1833. Eröffnung wie gestern. (Fortsetzung des Zeugenverhörs.) Herr Wilhelm Arnold zu Edenkoben. Er habe zwar Brüggemann und Deidesheimer sprechen hören, habe aber wegen des großen Gedränges nichts verstanden. Er habe auch Schülers Rede gehört, welche aber nichts weniger als Unordnung bezweckte, und Schüler habe diese Rede nur auf mehrseitige Aufforderung gebacken, namentlich um den Zweck des Festes zu erklären. Dieses sey aber erst am 28. Mai gewesen. Hr. Heres, Steuercontrolleur zu Kaiserslautern. Er habe besonders die Reden der Herren Dr. Wirth, Hochdörfer und eines gewissen Lobbauer gehört. Dr. Wirths Rede habe namentlich von der Zersplitterung Deutschlands, von dem daselbst herrschenden Elende und von dessen Ursache gesprochen. Zeuge erzählt nun beiläufig so wie die Rede abgedruckt ist. Pfarrer Hochdörfers Rede habe er nicht ganz gehört. Diese habe aber scharfe Anzüglichkeiten gegen die Regierung und die Finanzverwaltung in Bayern enthalten. Herr Anwalt Golsen, Ob Zeuge in der Rede direkte Aufforderung zum gewaltsamen Umsturze der Regierung vernommen ? Zeuge. Was er hierüber zu sagen habe, sey bereits deponirt. Die Angeklagten seyen fortwährend uneinig gewesen über die materiellen Mittel, und die Reden haben nicht die direkte Aufforderung an die Menge enthalten, sogleich zu handeln. Hr. Domänen-Inspektor Matthy zu Kaiserslautern. Er erzählt beiläufig den Inhalt der Rede, setzt aber hinzu, daß er von dem Ausdruck: Fürstenknaben, und einem gegen die Fürsten ausgestoßenen Fluche nichts gehört habe. Hr. Böckling, Kaufmann zu Kaiserslautern. Habe Dr. Wirths und Dr. Siebenpfeiffers Reden gehört, aber es sey zu lauge, als daß er sich deren Inhalt noch zu entsinnen wüßte. So viel wisse er aber noch, daß Deutschlands Zustand darin sehr grell geschildert worden sey. Provocation habe er keine gehört. Hr. Becker von Kirchheimbolanden. Er habe alle Reden gehört, wisse aber nichts mehr. Hr. Wagner, Architekt zu Mannheim. Er habe keine Rede ganz gehört, aber das wisse er noch, daß immer von der den Gesetzen schuldigen Achtung gesprochen worden sey. Auch habe er nichts von Aufreizung vernommen. Buchbinder Roschett zu Dürkheim. Er habe Pfarrer Hochdörfers Rede gehört, so wie sie im Bürgerfreunde abgedruckt ist. Des andern Tages habe Dr. Siebenpfeiffer auf dem Schießhause zu der Versammlung gesagt, man müsse den Zweck, nach dem man strebe, aus gesetzlichem Wege zu / erreichen suchen, indem durch Kanonen und Bajonetten nichts zu erzielen sey. Die Versammlung auf dem Schießhause habe, wie mau ihm sagte, Vorstände gewählt, (wen? wisse er nicht) um die Sache des Volkes den Fürsten vorzutragen. Hr. Daum, Bäcker in Kirchheimbolanden. Wie voriger Zeuge. Der Hr. Generalprocurator fragt den Zeugen, ob Dr. Siebenpfeiffer nicht gesagt habe, wenn die Fürsten Gewalt brauchten, so würde mau ihnen keine Rosen streuen? Hievon weiß Zeuge nichts. Dr. Siebenpfeiffer erklärt darauf gesagt zu haben, so lauge die Regierung uns mit Rescripten verfolgt, werden wir sie mit Worten bekämpfen; kömmt sie aber mit Kanonen und Bajonnetten, so hilft Rosenwasser auch nichts mehr. Hr. Kaltenthal, Wirth auf dem Schießhaus bei Neustadt. Er sey von seiner Wirthschaft immer zu sehr in Anspruch genommen worden, und wisse daher nichts zu sagen. Hr. Eiselmann, Schlosser zu Deidesheim. Er habe die bayerische Fahne von Deidesheim auf das Schloß Hambach und wieder zurückgetragen, sie dort aufgepflanzt, und sie habe den ganzen Tag neben den andern Fahnen geflattert. Unterwegs sey ein Pistollenschuß gefallen, er glaube aber nicht, daß dieser Schuß der Fahne gegolten habe. — Hr. Joh. Dietz von dort: Ungefähr dasselbe, er wisse aber nicht, was auf dem Rückwege geschehen sey. — Hr. Joh. Schedler von dort. Er habe Essen für die Herrn auf den Berg getragen, und sey fast den ganzen Tag bei der Fahne gewesen, habe aber nicht gemerkt, daß jemand etwas gegen selbe gesagt. Der Herr Präsident fragt den Herrn General-Procurator ob er etwas zu bemerken habe. Dieser sagt; nichts als daß die heutige Aussage des Zeugen von Deidesheim im Widersprüche mit der des Brüggemann sey, welcher behauptete die Fahne von Deidesheim sei auf seine (Brüggemanns) Bemerkung alsbald zusammen gerollt und weggenommen worden. Die Zeugen bestehen aber, auf die an sie gemachte Interpellation, auf ihrer Aussage. Hr. Decan und Schulinspector Gerlach von Kaiserslautern. Pfr. Hochdörfer. Er wünsche wohl daß Zeuge gegen ihn deponiere, nur bitte er, daß die Deposition des Zeugen verschoben werde, weil er zu seiner Rechtfertigung einige Piéces nöthig habe, die er noch erwarte, sodann würde er dagegen Rede stehen. Der Hr. Generalprocurator widersetzt sich diesem Antrage, indem der Angeklagte sich diese Pieces früher hätte verschaffen sollen, und er bestehe auf der sofortigen Abhör des Zeugen. Pfr. Hochdörfer nimmt seinen Antrag zurück. Zeuge deponirt nun, daß Pfr. Hochdörfer an einem Sonntag die Weiber und Kinder abtreten, die Männer und Jünglinge in der Kirche verbleiben hieß. Daß er ihnen sodann den Beitritt zum Preßverein vorgeschlagen habe, daß aber, als späterhin mehrere Lehrer sich wieder von der Liste des Preßvereins streichen ließen, gegen ihn, Zeugen, im Bürgerfreunde scharf losgezogen. Hochdörfer habe übrigens sowohl seinen als des Konsistoriums Anordnungen widersprochen und selbe nicht geachtet. Pfr. Hochdörfer. Der Zeuge möge gefragt werden, ob er nicht in Felge eines Regierungsbefehls den Lehrern, selbst unter scharfer Androhung befohlen habe, aus dem Preßverein auszutreten. Zeuge verneint dieses, und behauptet, den Lehrern selbst nicht einmal abgerathen zu haben. Allein er hätte den Preßverein immer als ein unerlaubtes Institut angesehen, da solches von hoher Regierung verboten gewesen sey. Pfr. Hochdörfer. Er sehe immer den Preßverein als das wohlthätigste Volksinstitut an, deßhalb habe er in allen seinen Vorträgen zum Beitritte aufgemuntert, und das Wohlthätige desselben immer herausgehoben. Zeuge. Auch habe er unter andern den Lehrer Lesoine Sohn, mißhandelt, weil er aus dem Vereine getreten sey. Pfr. Hochdörfer. Derselbe habe sich gegen ihn bei mehreren Gelegenheiten sehr schnöde benommen, und er habe demselben deßhalb sein Haus verboten. Als dieser sich aber dennoch erfrecht, wieder zu kommen, habe er sich veranlaßt gesehen, selben aus dem Hause zu weisen, und dieses sey die ganze Mißhandlung. Der Angeklagte vertheidigt sieh ferner mit vielem Nachdruck gegen alle andern hieher bezüglichen Anschuldigungen. Die Zeugen Leseune Vater und Sohn, und Adjunkt Schäfer zu Balborn, sagen im wesentlichen dasselbe, nämlich hinsichtlich der Aufforderung in der Kirche, dem Preßverein beizutreten. Lehrer Schäfer zu Mohrback. Pfr. Hochdörfer habe ihm immer sehr woll gewollt, bis zu einer Zeit, wo er, Zeuge, sich einen gewissen Fehltritt zu Schulden habe kommen lassen, und bei dieser Gelegenheit sey ihm von Pfr. Hochdörfer ein nachteiliges Zeugniß ertheilt worden, welches Hr. Hochdörfer aber sogleich wieder medisieirte. Später habe er aber von diesem, als ein gewisser mit seinem Vater beabsichtigter PferdShandel nicht zu Stanke gekommen, die amtliche Weisung erhalten, dem Schuldienst zu Seebach, den er damals versah, zu entsagen; was er Zeuge aber nicht gethan. Uebrigens habe ihn Pfr. Hoch-dörfer immer sehr gut behandelt,' sey ihm stets zur Seite gestanden und habe' ihn unterstützt. Hr. Anwalt Culmann, jun., ließt einen Brief Hrn. Hochdörfers an Hrn. v. Stichaner, in Speyer, vor, wernach Pfr. Hochdörfer demselben verschiedene im volksthümlichen Sinne verfaßte Aufsätze zur Bekanntmachung überschickte, und das von Hrn. v. Stichaner an Hochdörfer ergangene Schreiben, worin dieser sehr belobt wird. Hr. Anw. Culmann , jun., bemerkt zugleich, daß dieses Schreiben zwar vom Jahr 1830 sey, daß man dennoch seit 1829) alle Gründe zusammen suche, um auf Pfr. Hochdörfers Suspension hinzuarbeiten. — Beide Schreiben werden zu den Akten gelegt. Hr. Eisler. Zum Beweise, wie weit man gegangen, führe er an, daß man nach München schrieb, um sich bei den Aerzten zu erkundigen, welche Krankheit Schüler gehabt habe? Denn man glaubte, es wäre eine bösartige. Aber die dortigen Aerzte bestätigten dieses leider nicht!!— Pfr. Hochdörfer. Ja, man fragte sogar in der Untersuchung mein Gesinde, ob sie satt zu essen gehabt hätten, und ob meine Frau nicht von mir mißhandelt worden sey ?! — (Beschluß der heutigen Sitzung folgt.) Vom 31. Juli auf den 1. August waren über Nacht 104 Personen. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Carl Georges.

Literatur

  • Dr. Britta Hallmann-Preuß, Georg Karl Rings, Dr. Fritz Schumann (2009): Johannes Fitz - genannt der Rote. Bad Dürkheim
  • Herausgeber Kulturministerium Rheinland-Pfalz (1982): Hambacher Fest 1832-1982. Neustadt an der Weinstraße
  • Hrsg. Kultusministerium Rheinland-Pfalz (1990): Hambacher Fest 1832 Freiheit und Einheit - Deutschland und Europa (Katalog zur Dauerausstellung). Neustadt an der Weinstraße
  • Kurt Baumann Hrsg. (1982): Das Hambacher Fest - 27. Mai - Männer und Ideen. Speyer
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

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Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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