Ein Löwe hält zwischen seinen Pranken und Hinterläufen eine große, glatte Kugel. Sein von einer üppigen Lockenmähne geschmückter Kopf ist nach hinten gewandt, das breite Maul leicht geöffnet. Die Kugel weist eine schöne Elfenbeinmaserung und Patina auf. Der Zwischenraum zwischen Bauch und Kugel bildet Platz für das Durchführen der Kordel. Der in Ostasien nicht heimische, aber dennoch bekannte Löwe steht zunächst sinnbildlich für Kraft, Stärke und Mut. Im buddhistischen Zusammenhang gilt er zudem als Verfechter der Lehre und Tempelbeschützer. Seit dem 7. Jahrhundert ist die shishi oder kara-shishi genannte, ursprünglich chinesische Variante des Löwen in Japan bekannt. Charakteristisch sind ihre lockigen, buschigen Schwänze, die großen, hervorstehenden Augen und ein verspieltes Temperament. Die Kugel oder vielmehr der glatte, unverzierte Ball, den sie darstellt, soll dieses Temperament zu zähmen helfen. Sein chinesisches Äquivalent spielt mit einem Fadenknäul. In China gibt es den überlieferten Spruch »Wenn innen und außen Frieden waltet, können die Militärbeamten (= Löwen) harmlose Spiele treiben.« Die Shishi stehen somit für Friedenszeiten, aber auch symbolisch für die Militärbeamten, die im Japan der Edo-Zeit eine hohe Stellung inne hatten. Tokugawa Ieyasu (1542–1616), der Begründer dieser Herrschaftsepoche, errichtete mit seiner Regierung eine Militärherrschaft der Shōgune, die unter anderem geprägt war durch die Nähe zur konfuzianischen Philosophie und deren Wertschätzung des Militärischen sowie dessen erstrebenswerte Ideale wie Kraft und Mut. Viele Verordnungen regelten die Gesellschaft, in der Beamte und Krieger an oberster Stelle standen, danach die Bauern, Fischer und Handwerker folgten und erst an vierter und letzter Stelle die Händler kamen. Den Kaufleuten war es nicht möglich, eine Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Situation zu erlangen oder politisch Einfluss zu nehmen. Auch verhinderten die Vorschriften die