Miniaturkelter als gebrauchsfertiges Modell. Der Unterbau besteht aus zunächst drei in die Tiefe gelegte, darüber zwei quergelegte und eingezapfte Balken mit stilisiert-vegetabil behandelten Kopfenden. Darüber befindet sich der Bietkasten, an dessen Vorderseite ein Abflussloch mit kleinem Traufblech ist. Über dem Abfluss findet sich an der Vorderseite ein mit drei Bölzchen aufgestecktes, à jour gearbeitetes, ausgesägtes Ornament im Beschlagwerkstil des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Es ist größtenteils abgebrochen, jedoch durch hellere Holzverfärbung darunter noch rekonstruierbar. Im Bietkasten sind eingestellte vorperforierte Seitenbretter und 9 Seckerbretter. Die zwei langen und zwei kurzen Pressbalken werden durch einen Pressstempel festgehalten, der seinerseits an einer Eisenspindel mittels einer Eisenmutter herabgedrückt werden kann. Der Boden des Bietkastens besteht aus Tannenholz. Die Seitenbretter des Bietkastens sind schwalbenschwanzförmig miteinander verbunden. Der Pressbalken und das Stempelholz sind mit Abschrägungen an den Enden und Eisenstäben (seitlich durchgesteckt) zur besseren Handhabung versehen.
Miniaturkeltern wurden als Meisterstück zum erlangen des Meistertitels angefertigt. Das Meisterstück soll eine Probe des Könnens sein und zeigen, dass die neue Meisterin oder der neue Meister das Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes meisterlich beherrscht. Nun erfordert ein Meisterstück nicht nur einen hohen Zeitaufwand, sondern oft auch einen hohen finanziellen Einsatz. Allein der Holzpreis für ein großes Fass oder eine Weinpresse ist so hoch, dass sich in früheren Zeiten die Vereinigungen der Handwerker auch mit maßstabgerechten Modellen als Meisterstücken zufrieden gaben. [Ludger Tekampe]