In der Frau eines Schusters fand Feuerbach die perfekte Inkarnation antiker Schönheit. Anna Risi, die er 1860 in Rom kennen lernte, kam ihm vor wie eine Statue des griechischen Bildhauers Phidias. Seit 1861 entstanden zahlreiche Nanna-Bildnisse, die die Italienerin in verschiedenen Rollen zeigt, meist jedoch idealisiert-entrückt. Die Studienköpfe waren keine Auftragsarbeiten, sondern entstanden aus Feuerbachs persönlicher Leidenschaft, die sich nicht allein auf Nanna als Modell, sondern auch auf sie als Frau bezog.
In keinem anderen Nanna-Bildnis stellte Feuerbach seine Muse und Geliebte so erhaben dar. Die Lorbeerbekränzte Nanna wirkt wie eine leblose Statue. Die leichte Unteransicht, das klassische Profil und die Handhaltung verstärken diesen Eindruck. Nicht als südländische Schönheit, sondern als Personifikation der intellektuellen Poesie malte sie der Künstler. "Poesie" ist ein Schlüsselbegriff in Feuerbachs Kunst. Er verstand darunter das Streben nach Größe, Würde, Erhabenheit. Schon 1845 formulierte er: "Ich glühe vor Sehnsucht, das darzubringen, was ich fühle und will, ich möchte nicht bloß Nachäffer und Anstreicher nach der Natur werden, ich möchte gerne Seele, Poesie haben."