Die kolorierte Lithografie "Der Sieg des Bürgerthums oder der Kampf der neuen mit der alten Zeit“ zirkulierte 1832 auf dem Wilhelmsbader Fest. Die Veranstaltung zählt nach dem Hambacher Fest zu den bedeutendsten politischen Volksfesten im Deutschen Bund am Beginn des Vormärz. Die Feste sind im Zusammenhang v.a. mit der Französischen Julirevolution zu sehen und markieren Höhepunkte der bürgerlichen Opposition zur Zeit der Restauration.
Das Blatt stellt metaphorisch die politischen Ziele des liberalen Bürgertums dar. Es geht um die Abwendung von einer ständisch-feudalen zu einer bürgerlichen gesellschaftlich-liberalen Ordnung. Zu sehen ist eine von vier Pferden gezogene Kutsche, die bewusst an Darstellungen des Sonnenwagens Apollos angelehnt ist. Gelenkt wird sie von einer weiß gekleideten Symbolfigur mit einer Verfassungsurkunde als Standarte. Im Wagen befinden sich mehrere bekrönte Fürsten. Sie werden von einer finsteren, kanonenbewehrten Burg (dem Sinnbild für die Feudalherrschaft) zu einem hellen, klassizistischen Tempel ("Dom des wahren Christentums" und "Tempel des Heils und Friedens") gebracht. Klerus und Adel als Vertreter der "Alten Zeit", die wortwörtlich über Leichen gehen, versuchen - vergeblich - den Siegeswagen auf seinem Weg in die "Neue Zeit" aufzuhalten. [Johanna Kätzel, Ludger Tekampe]