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Brief

FCK-Museum [ohne Inv.-Nr.]
Brief (FCK-Museum Orphan Work)
Herkunft/Rechte: FCK-Museum (Orphan Work)
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Beschreibung

Ein Liebesbrief an den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft

Am 10. Juni 1954 reist Fritz Walter, der Kapitän der deutschen Fußball - Nationalmannschaft, mit seinen Kameraden, Trainer Sepp Herberger und einigen Offiziellen des DFB zum Weltmeisterschaftsturnier nach Spiez in der Schweiz. In einem Hotel des malerischen Ortes am Thuner See würde das Team aus der Bundesrepublik für die Zeit der Gruppenspiele Quartier beziehen -- sollten das Viertel- und gar das Halbfinale erreicht werden, könnte sich für die deutschen Fußballer der Aufenthalt in der Schweiz sogar noch verlängern. Doch daran wagen Fritz Walter und seine Kameraden gar nicht zu denken. Deutschland gilt hinter den großen Favoriten Ungarn, Brasilien, Uruguay und Jugoslawien als Außenseiter in diesem Turnier.

Am Abend dieses 10. Juni schreibt Italia Walter in ihrer Wohnung in der Kaiserslauterer Beethovenstraße 44 ihrem Mann Fritz einen Brief, der drei Tage später den Adressaten im Hotel Belvedere in Spiez erreicht. Dieser Brief hat die Jahrzehnte seither unbeschadet überstanden und gilt heute als eine besonders kostbare Memorabilie aus dem Nachlass des Mannschaftskapitäns Fritz Walter.

Italia vermittelt in ihrer feinen Handschrift und in bemerkenswert gutem Deutsch einen authentischen Einblick in ihre eheliche Beziehung mit dem großen Fußballer, die von tiefer Liebe und gegenseitigem Respekt getragen ist. Von der herzlichen Anrede "Goldschätzchen" über das Kosewort "Schnugge(l)-che" bis zu den tausend Küssen am Ende des Schreibens belegen immer wieder Formulierungen das besonders liebe- und vertrauensvolle Verhältnis des Ehepaares zueinander.

Italias Brief ist indes viel mehr als nur ein Liebesbrief. Die 1921 in Italien geborene, in Frankreich aufgewachsene und seit September 1948 mit Fritz Walter verheiratete Frau kennt ihren Fritz mit all seinen Stärken und Schwächen sehr gut. Sein Mangel an Selbstbewusstsein ist ihr ebenso bewusst wie seine Versagensängste und sein Hang zu Selbstzweifeln. Sie weiß, dass ihr sensibler Fritz Zuspruch und Stütze benötigt, um zu seiner vollen Leistungsstärke zu finden, ein Spiel dirigieren und ihm seinen unverwechselbaren Stempel aufdrücken zu können.

Bis zum Zeitpunkt der Weltmeisterschaft 1954 hat Fritz Walter mit seinem 1. FC Kaiserslautern zwei Mal die Deutsche Meisterschaft (1951 und 1953) gewonnen und ist zwei Mal Vizemeister geworden (1948 und 1954). In Deutschland ist er als Ausnahmespieler schon lange hoch angesehen, doch Italia weiß, dass ihm das WM - Turnier in der Schweiz die Gelegenheit geben würde, sein überragendes fußballerisches Können vor aller Welt zu präsentieren. Sie spricht deshalb seinen Ehrgeiz an und unterstreicht ihre Überzeugung, er würde die Spiele seines Lebens abliefern und sie stellt humorvoll klar, die deutsche Mannschaft solle nicht als Punktelieferant, sondern als Punktesammler auftreten. Italia spornt ihren Mann psychologisch geschickt an und gleichzeitig vermittelt sie ihm Mut und Zuversicht und erwähnt sein "anständiges Benehmen und seinen sauberen Charakter" als Wesensmerkmale, die seinen Erfolg rechtfertigen. Und schließlich bringt sie als Steigerung noch den Beistand des Herrgotts ins Spiel, ehe der Brief mit liebevollen Gedanken und Grüßen an die Kameraden und Herrn Herberger endet.

Am 17. Juni beginnen für die deutsche Nationalmannschaft die Spiele der Weltmeisterschaft. Fritz Walter bestreitet alle sechs Begegnungen in der Schweiz - und er steigert sich dabei von Spiel zu Spiel. Er ist körperlich in bester Verfassung und zeigt sich mental bemerkenswert gefestigt. Das Halbfinalspiel gegen Österreich sowie das Finale gegen die favorisierte "Wundermannschaft" aus Ungarn zählen zu den besten Spielen, die Fritz Walter je absolvierte. Die Überlegung, welchen Anteil die liebevolle und kluge Italia am Weg ihres Mannes zur Weltmeisterschaft 1954 hat, erscheint reizvoll und berechtigt.

Hans Walter, 25. 11. 2021



Transkription des Briefes:

"K'lautern, den 10.6.54

I.W.

Geliebtes Goldschätzchen!

Als erste möchte ich Dich, zwar nur Brieflich, in der Schweiz aufs allerherzlichste begrüssen und Dir eine recht angenehme Aufenthalt wünschen. Für Dich u. die Spieler und Herrn Herberger soll, so wünsche ich es Euch von ganzem Herzen, diese Aufenthalt erfolgreich sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass Ihr alle mit gute Wille und etwas Konzentration und vor allen Dingen Ehrgeiz der ganzen Welt zeigen werdet, dass Deutschland nicht zu den Punkte-Lieferanten gehört, sondern zu den Punkte-Sammler.
Mein Liebes Schnuggeschen! Für Dich sollen diese Spiele in der Schweiz die Krone eine langjährige volle Hingabe sein. Als Abschluss sollst Du die Spiele Deines Leben zeigen, dass ich auch weiss warum ich Dich so oft und so lange habe hergeben müssen. Vor allen Dingen soll man Dich in gute Erinnerung behalten und man soll, und es muss so sein, solange Fußball gespielt wird an Dich denken, vor allen Dingen an Deine anständiges Benehmen u. Deinen sauberen Karakter, vor allem Deine Treue.
Ich wünsche Dir mit der ganzen Kraft meiner Liebe alles Gute und glaube fest dass unser Herr Gott uns beistehen wird.
Liebling für Heute will ich schließen den es brummt mir der Kopf wie eine Motor, ich hoffe dass Du Dich wenigstens für diese Paar Zeilen gefreut hast, sobald ich kann verspreche ich Dir mehr zu schreiben. Hoffentlich kannst Du meine schlechte Schrift lesen, im Bett geht es nicht so gut, aber der Wille war da. Und nun…
…mein heißgeliebter böser Bub sei herzlich gegrüsst und 1000 und noch mehrmals heiss geküsst Deine Italia (…)
Viele herzl. Grüsse an H. Herberger, die ganze Kameraden u an dein Stubenkamerad."

Leihgabe Familie Lutzi, Nachlass Fritz Walter


Philatelistische Beschreibung:

Der Brief ist frankiert mit Michel-Nr. 137, Dauerserie "Posthorn", Nominal 80 Pfennig, rosarot, Erstausgabetag 16.04.1952 und der Zwangszuschlagmarke Michel-Nr. 1 "Notopfer Berlin", Nominal 2 Pfennig, blau, Erstausgabetag 01.12.1948. Es handelt sich um eine Einzelfrankatur, die Zwangszuschlagmarke wird beim Porto nicht mitgerechnet. Das Porto setzt sich zusammen aus dem Porto für einen Inlands-Standardbrief im Fernverkehr bis 20 g in Höhe von 20 Pfennig und dem Porto für die Eilzustellung in Höhe von 60 Pfennig, ausgewiesen durch den roten Klebezettel "Eilbote Exprès". Obwohl der Brief aus der Bundesrepublik Deutschland in die Schweiz gesandt wurde, gilt in diesem Fall das Inlandsporto gemäß internationaler Vereinbarung für die Schweiz. Der Brief trägt den Aufgabestempel "22b Kaiserslautern 2" vom 11.06.1954, 10 Uhr und rückseitig den Ankunftsstempel "Spiez" vom 12.06.1954, 7 Uhr.

Material/Technik

Papier (Umschlag gefüttert)/Tinte

Maße

Länge: 11,5 cm, Höhe: 12,5 cm

FCK-Museum

Objekt aus: FCK-Museum

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