Original: Deutsch
Nr. 1481
Geschäftsstelle des Bayerischen Städtebundes
München, den 11. September 1930
An
sämtliche Mitgliedstädte
u. Herren Hauptausschussmitglieder
Betreff: Richtlinien für Anlage uni Führung von
städtischen Sammlungen.
Bei der ersten Tagung unseres neuen Hauptausschusses in
Augsburg wurde unter anderem auch das städtische Maximilians-
museum besichtigt. Bei dieser Gelegenheit hielt der Leiter
dieser Sammlung, Herr Kustos Ohlenroth einen Vortrag, der
wegen seines allgemeinen Inhalts auch für die städtischen
Sammlungen in anderen Städten sehr wertvoll ist. Einem
Wunsche der Besichtigungsteilnehmer entsprechend wurde der
Vortraq in schriftliche Form gebracht und wird hiemit allen
Städten und Hauptausschussmitgliedern zugestellt, da das
Maximiliansmuseum in seiner neuen Ausgestaltung als vorbild-
lich für die Anlage ähnlicher Heimatmuseen erkannt wurde.
Knorr,
Oberbürgermeister
Allgemeine Richtlinien für die Anlage und Führung
städtischer Museen.
Wozu ein städtisches Museum?
1. Als gallgemeine Sehenswürdigkeit zählt ein Museum zu den
der städtischen Repräsentation dienenden Einrichtungen.
Je nach der Qualität seines Inhalts und noch mehr der Ge-
diegenheit und Durchdachtheit seiner Raumgestaltung ist
es neben dem Stadtbild selbst der wichtigste Faktor für
Verkehrswerbung und Dienst am Fremden. Der Fremde pflegt
Umfang und Bedeutung der städtischen Sammlungen mit der
geschichtlichen Bedeutung der Stadt schlechthin zu iden-
tifizieren.
2. Für die Stadt selbst dient, ein Museum allgemein der Le-
bendigmachung des Begriffs Heimat -Heimatstadt mit greif-
baren Gegenständen und damit einer Stärkung des Heimatge-
fühls und Bürgersinns. Diese Folge der Museumspflege als
Teil der Heimatpflege ist ein wichtiges Gegenmittel gegen
die geistige Entwurzelung und Haltlosigkeit der Massen
als Folge der Verstädterung und Industrialisierung.
3. Als Anschauungs- und Lehrmittel im engeren Sinne für die
Schüler und damit als wichtigster Gegenstand des heimat-
kundlichen und geschichtlichen Unterrichts ist ein Museum
unentbehrlich.
4. Als einzige Forschungsstelle für die Geschichte der Stadt -
daneben kommt höchstens das Archiv in Frage - und als
Sammelpunkt aller sich mit Werden und Entwickelung der
Stadt beschäftigenden Forschung von Vereinen, Gelehrten und
Privaten wird es durch kein anderes Institut ersetzt, das auch
nur befähigt wäre, diese wichtige Aufgabe zu leisten. Z.B.
gibt es in ganz Bayern keine Stelle, an der irgendwie syste-
matisch die Pläne und Ansichten der bayer. Städte auf eine ge-
wisse Vollständigkeit gebracht wären. Hier kann nur jede Stadt
für sich selbst eingreifen durch systematische Museumsarbeit.
Programm eines städtischen Museums.
Völlig abwegig wäre es, wenn eine Stadt, sei es auf Grund
persönlicher Liebhaberei massgebender Persönlichkeiten, sei es
verführt durch - geschäftlich betrachtet - günstige Erwerbsmög-
lichkeiten, eine Sammlung aufziehen würde, die mit ihrer Ge-
schichte und ihrem Sein nicht enger verknüpft ist. Solche Samm-
lungen - auch diejenigen allgemeiner moderner Kunst - können erst
in allerletzter Linie in der heutigen Finanznot verantwortet
werden.
Das Programm eines städtischen Museums kann vielmehr nur
die allgemein verständliche Darstellung der Heimat in ihren
Grundlagen, ihrem Werden und ihrem Sein bis auf heute bilden.
Unter Heimat kann die Stadt allein, oder je nach ihrer
engeren Verbundenheit damit der Bezirk, oder eine weitere Land-
schaft verstanden werden, deren führendes Haupt die Stadt heute
noch ist. Der wichtigste Sinn der Darstellung ist, das Heutige
aus den Stufen seines Werdens und das Alte aus dem Gewordenen
verständlich und damit beides für das schaffende Leben nutzbar
zu machen.
Die darstellende Aufgabe.
Die Darstellungen des Museums gliedern sich in einzelne
Abteilungen. Deren Zahl und Breite richtet sich natürlich nach
den dafür vorhandenen Einzelgegenständen und diese gruppieren
sich jeweils sinn- und entwickelungsgemäss.
Die Durchführung einer sinngemässen Abfolge der Abteilung-
gen wird sich in dem Masse mit Schaubildern, Statistiken und
ausstellungsartiger Aufmachung helfen können, je mehr der Man-
gel oder die Bedeutungslosigkeit der Originalmaterialien zu
dieser Art der Lösung zwingen.
Durch Erwerbungen kann aber - gerade auch durch das Museum
selbst erleichtert - oft in kurzer Frist dieses mehr pädagogisch-
ausstellungsmässige Gesicht eines Museums in das gewohnte von
Sammlungen wertvoller Originale umgestellt werden.
Für jede Stadt aber - ohne Ausnahme, und gleich welchen Um-
fangs und welcher Vergangenheit - besteht die Möglichkeit und
damit die Pflicht, ein Muscum einzurichten.
Gliederung der Darstellung:
Beispiel: Im einzelnen können natürlich alle Abteilungen
noch weitgehend gegliedert werden, sodass je nach den lokalen
Verhältnissen die folgende Gliederung die Grundlage für 2-3
getrennte Sammlungen geben kann.
Vor- und_Frühgeschichte:
Die Dokumente und Uebersichten der Besiedelung der Heimat
in den Zeiten vor der Stadtgründung: Funde, Modelle,
Pläne, Karten. Damit geht die systematische Sammlung und
Beobachtung von Fundtatsachen im Sammelgebiet und die Füh-
rung der archäologischen Karte Hand in Hand.
Stadtgeschichte:
Entwickelung des Stadtbildes von der Gründung bis heute.
Einzelne Bauten und Strassenbilder.
Besondere Ereignisse der Stadtgeschichte.
Hervorragende Persönlichkeiten des Stadtregiments und
öffentliehen Lebens.
Grundlagen und Entwickelung der Wirtschaft, Anfänge der
Industrie.
Besondere Rechte der Stadt, Dokumente der Stadthoheit-
zünfte, Gesellschaften und Organisationen,
Familien- und Personengeschichte.
Kulturelle Leistungen:
Bildende Kunst: Maler, Bildhauer, Kupferstecher,
Handwerk: Goldschmiede, Uhrmacher, Instrumentenmacher,
Waffen- und Messerschmiede, Kuperschmiede und Gelbgiesser
Zinngiesser, Hafner und Kachelmacher, Fayence- Porzellan-
Steinzeugfabriken, Textilhandwerk, Heimarbeit.
Kulturqeschichte:
Sitte, Tracht, Volksgebräuche, ausgestorbenes und aus-
sterbendes Gobrauchsgut.
Siedlungsformen, Volks- und Bauernkunst.
Naturgeschichtliche Grundlagen:
Geologie: Das Werden des Heimatbodens in den vomensch-
lichen Zeitaltern.
Paläontologie (Die ausgestorbene und lebende Fauna und
Zoologie, Botanik) (Flora d. Heimat mit biologischen Gruppen)
Die pädagogische Aufgabe
eines Museums ist die Verbreitung heimatkundlicher Kenntnisse
und die Hebung des Bildungsstandes auf allen das Museum berüh-
renden Gebieten durch systematische Bildungsarbeit am Erwach-
senen und an den Schulen. Sie erfolgt in Form von Vorträgen,
Führungen, Wanderungen in die Umgebung allgemein verständli-
cher Art mit Themen, die der obigen Gliederung entsprechen.
Darneben ist erwünschenswert für einen engeren Kreis von Per-
sonen speziellere ins einzelne gehende Kurse und Vortragsfol-
gen auch mit allgemeineren Themen einzurichten. Die pädagogi-
sche Aufgabe ist nicht nur den Heimatbegriff zu verlebendigen
und zu vertiefen, sondern die Heimat auch in den Gesichtskreis
des grösseren Weltbildes an sich zu stellen.
Die wissenschaftliche Aufgabe
des Museums ist, alle Quellen der Heimatkunde als Grundlage
der gesamten Darste!lung und Erziehungsarbeit zu erschliessen.
Kartei: Alle bisher erschienenen Quellen werden dazu ebenso
aufgearbeitet und verzettelt wie auswärtige Sammlungen.
Jede Notiz - beispielsweise über das Werk eines Künst-
lers der Stadt oder über irgend einen Bürger derselben
wird jeweils auf Karteizetteln registriert und einer,
nach bestimmten Abteilungen - wie die Sammlung - geord-
neten Kartei einverleibt. Auf mehrere Abteilungen be-
züglichen Notizen werden mehrfach eingestellt.
Photothek: Diese Kartei wird ergänzt durch systematische Auf-
nahme aller für städtischen Besitz oder Erwerbung un-
erreichbaren Gegenstände, Urkunden, Bilder etc. Diese
Photothek entspricht ihrer Gliederung nach Kartei und
Sammlung.
Platten- und Klischeearchiv: Angegliedert ist ihr ein Plattcn-
und Klischeearchiv. Es empfiehlt sich, dass die ge-
samte Photoverwaltung der Stadt im Museum zentrali-
siert und verwaltet wird, oder wenigstens dort alle
Plattenbestände anderer Aemter (Bibliothek, Bauamt) sowie alle
Pflichtabzüge abgeliefert werden. Dadurch wird Doppelarbeit
erspart und auch geschäftliche Ausnützung erleichtert.
Jeder Sammlungsgegenstand soll photographiert sein und
wird auf diese Weise an leichtesten inventarisiert.
Benützerraum: Die wissenschaftliche Abteilung ist speziellen
Interessenten und Forschern zugänglich zu halten. Sie bedarf
daher der Verbindung mit einen Saal für Benützer des Muse-
ums: Hier können zum Spezialstudium Gegenstände der Sammlun-
gen an Besucher herausgegeben werden.
Münz- und graphisches Kabinett: Der Raun, dient zweckmässig gleich-
zeitig für die Münz- und Medaillensammlung und ihre Be-
nützer, sowie für das Zeichnungs- und Kupferstichkabinett,
das ebendort verwahrt werden kann. Bei Neuanlage kann damit
gleichzeitig der für diese Abteilung nötige Wechselausstel-
lungsraum combiniert werden. Handzeichnungs- und Graphik-
bestände gehören zu den wichtigsten Beständen eines Museums.
Bei einer Neuordnung sind sie aus einem eventl. Verwahr der
Stadtbibliothek prinzipiell auszuscheiden, deren Sammel-
bände alter Graphiksammlungen aufzulösen und die gesamten
Bestände auf 4-5 Kartongrössen montiert, in karteiähnlicher
Form zu verwahren.
Schlussbemerkung zur Gliederung
Je nach der Grösse der Bestände und den gegebenen Mög-
lichkeiten wird die obige Gliederung nicht nur für die Ord-
nung innerhalb eines Museums, sondern auch für mehrere Mu-
seen nebeneinander geordnet einzuhalten sein, d.h, bei-
spielsweise für Städtische Galerie, Stadtgeschichtliches Mu-
seum, Naturgeschichtliches Museum, Graphisches Kabinett.
Die Notwendigkeit einheitlicher Leitung (s.u.) wird dadurch
nicht berührt.
Durchführung
durch Vereine:
Soweit Museen vorhanden sind, sind sie zumeist durch Vereine
gegründet und geführt worden. Die erschwerte Lebensführung,
der Wirtschaftskampf, die zurückgegangene Wohlhabenheit und
die Unfähigkeit der Vereine brauchbaren jüngeren Nachwuchs
bereitzustellen, haben heute die Führung eines Museums durch
einen Verein zumeist unmöglich gemacht.
Zuschüsse an Vereine:
Prinzipiell ist die Privatinitiative unentbehrlich und deren
Erhaltung und Pflege auch hier eine der wichtigsten Aufgaben
der Stadt. Sie wird sich heute aber zumeist auf Arrangierung
von Vortragstätigkeit beschränken. Es ist nicht empfehlenswert,
mit hohen Zuschüssen einen Verein zur Führung eines Museums
in den Stand zu setzen, statt durch Eingreifen der Kommune
einem veralteten Institut gegenwärtiges Leben zu geben. Zu-
dem ist die Privatintiative kurzlebig und meist nur an ein-
zelne bedeutendere Persönlichkeiten geknüpft, mit deren Abtre-
ten oft die jämmerlichsten Zustände eintreten.
durch die Gemeinde:
Die Durchführung des Museums kann daher heute von Ausnahme-
fällen abgesehen, nur Sache der Kommune sein.
Gesichtspunkte für die Durchführung.
Als erstes ist dringend notwendig die Beseitigung der
vielfach seit Jahrzehnten unverändert gebliebenen Rumpelkam-
mern, d,h. in ihren Anfängen stecken gebliebener, ohne Für-
sorge völlig verwahrloster und verdreckter Sammlungen, die
eine Schande für die Stadt sind und das Gegenteil ihrer ur-
sprünglichen Absicht bezwecken.
1. Materialsammlung:
Sie sind zu sichten und rücksichtslos ist alles nicht mit
der Heimat zusammenhängende Material auszuscheiden, sei es
als wertlos, sei es als wertvolles Tauschobjekt. Der übrig-
bleibende Bestand ergibt zunächst die Basis für Neuaufbau
des Museums und für die erste Abteilungsgliederung.
Dann ist aus städtischen Besitz, in Stiftungen. Amtsräumen
alles Material einer Sichtung zu unterziehen und gewissenhaft
zu prüfen, wo das Einzelstück eine wichtigere öffentliche
Funktion zu erfüllen hat, dort oder im Museum.
Der Privatbesitz in der Stadt, derjenige der Kirchen ist vor-
sichtig auf der Möglichkeit von Leihgaben oder Erwerbungen
am günstigsten bei einer Neuordnung des Museums zu bearbei-
ten.
Endlich erfolgt eine genaue Durchsicht des Kunsthandels (frei-
er Handel, Auktionen) zum Zweck weiteren Ausbaues der Samm-
lungen. Für die spätere Arbeit bedarf die Pflege der Bezie-
hungen zum Kunstmarkt besonderer Aufmerksamkeit, umsomehr
als die Erwerbsmöglichkeiten ja stets beschränkt sind. Die
Durcharbeit der wissenschaftlichen Grundlagen ergibt dann
die Möglichkeiten, einzelne Abteilungen durch Schaubilder,
Pläne, Modelle, Statistiken aufzubauen oder zu bereichern.
2. Räumlichkeiten.
Die Räumlichkeiten für eine Neuaufstellung des Museums be-
messe man auf Grund der festliegenden Abteilungen so reich-
lich wie möglich. Am zweckmässigsten sind Gebäude mit zahl-
reichen mittelgrossen Räumen, vor allem Klöster, Kasernen,
grosse Bürgerhäuser. Ganz unzweckmässig sind grosse Säle
oder leere Kirchen u.ä., wenn zu diesen nur bedingt brauch-
baren Räumen nicht zahlreiche andere wie erwähnt zur Verfü-
gung stehen. Man vermeide auch grundsätzlich mehreren Abtei-
lungen nur einen Raum zu geben und hüte sich vor Ueberla-
stung der Sammlungsräume.
3. Leitung des Museums:
a) durch hauptamtlichen Beamten:
Die Leitung des Museums durch einen hauptamtlichen Fach-
beamten ist die richtigste Lösung. Sic erspart alles kost-
spielige und unnötige Experimentieren und laienhafte Un-
richtigkeiten. Voraussetzung ist die notwendige Fachaus-
bildung als Kunsthistoriker, Archäologe, Naturwissen-
schaftler oder Historiker. Eine eigene Museumsausbildung
gibt es nicht. Da die Erfordernisse, die an Beamte der
staatlichen Museen gestellt werden, von denjenigen, die
ein Heimatmuseum von seinem Leiter fordert, sehr verschie-
den sind, ist der Nachweis von mindestens 1/2 Jahr prak-
tischer Tätigkeitt an einem möglichst vielseitigen Heimat-
museum zu fordern. Neben den grossen stadtgeschichtlichen
Museen in Frankfurt, Hamburg etc. kommt in Bauern dafür
eine Praktikantenzeit an den städtischen Sammlungen von
Nürnberg oder Augsburg in Frage.
Dem Fachbeamten sind alle museumähnlichen Einrichtungen
der Stadt zu unterstellen, zweierlei Museumsleitungon
beispielsweise durch die unzweckmässige Trennung in
Gemäldegalerie und Stadtgeschichiliehes Museum u.ä.
Regelungen müssen sich stets zum Schaden der Einheitlich-
keit und im Sinn einer Arbeitserschwerung auswirken.
Dem Museumsleiter muss auch die Möglichkeit gegeben wer-
den, an allen, das künstlerische Gesicht der Stadt be-
stimmenden Aufgaben mitzuarbeiten. Das ist schon als Ge-
gengewicht gegen den sonst ausschliesslich durch das
Stadtbauamt geübten Einfluss auf die künstlerische Phy-
siognomie der Stadt nötig und empfehlenswert.
b) durch hauptamtlichen Beamten und Vereinigung von Museen
mit Archiv und Bibliothek.
Es ist je nach der örtlichen Lage, aus Ersparnisgründen
und um die Anstellung eines hauptamtlichen Beamten zu
ermöglichen ohne weiteres gegeben, Bibliothek, Archiv
und Museum, oder mindestens die beiden letzteren, unter
einer einheitlichen Oberleitung zu vereinen und für die
spezielleren Bedürfnisse der einzelnen Aemter fachlich
vorgebildete Unterbeamte aufzustellen. Da sich zumeist
ein gesondertes Direktorium nicht lohnt, ist diese Ver-
einigung jeweils nicht nur möglich, sondern wünschens-
wert. Auch Institute wie Kunstverein u.ä, gehören in die
gleiche Verwaltung. Notwendig und die einzige Schwierig-
keit ist, dass die zu berufende leitende Persönlichkeit
frei und vorgebildet genug ist, nun über die Enge der
eigenen Fachausbildung als Museumsbeamter, Bibliothekar
oder Archivar hinaus auch die Erfordernisse der beiden
anderen Aemter zu überblicken und zu beherrschen.
c) Berufung eines Museumsbeamten für die Dauer der Neuein-
richtung.
Als letzter, aber auch ungeeignetster Ausweg, der besser
bis zu anderen finanziellen Möglichkeiten zu verschieben
ist, besteht noch die Möglichkeit der Berufung eines
Museumsbeamten für die Dauer der Neueinrichtung. Der Be-
treffende, dem die Leitung, nicht die Beratung der Neu-
aufstellung zu übertragen wäre, erhielte zweckmässig
einen höheren Beamten des Baureferates beigeordnet, der
die gesamte Neuaufstellung mit ihm durchführen und
später die weitere Führung des Museums zu übernehmen hätte.
d) Unterstellung unter das Stadtbauamt.
Die damit durchgeführte Unterstellung des Museums unter
das Stadtbauamt wird aber in ihren Möglichkeiten ganz
von der zufälligen Eignung der zur Verfügung stehenden
Beamten bestimmt und ist als Lösung der Museumsfrage nicht
anzusprechen.
e) Museums Kommission.
Aus den gleichen Gründen ist die Leitung durch eine Kom-
mission, auch durch eine dem hauptamtlichen Fachbeamten
übergeordnete abzulehnen, sofern sich ihre Entscheidung
nicht in Vertretung des Stadtrates auf einschneidende,
das Gesicht des Museums bestimmende Massnahmen, auf pro-
grammatische Gesichtspunkte, Publikationen, sowie auf
eine gewisse Ausgabenhöhe beschränkt. Es gibt hier die
Möglichkeit, alle Ausgaben über eine gewisse Höhe
(ca 500 M) der Kommission vorzubehalten, auch wenn die
betr. Mittel bereits etatmässig genehmigt sind. Oder es
gibt die andere Möglichkeit, jeweils die Hälfte der ge-
nehmigten Etatpositionen von der Genehmigung durch die
Kommission frei und zur Verfügung des Museumsleiters zu
geben. Völlige Freigabe empfiehlt sich nicht und ist
auch nicht üblich.
4.Etat.
Das Museum ist unter allen Umständen mit einem jährli-
chen Etat für wichtige Neuerwerbungen auszustatten. In der
heutigen Zeit der völligen Auflösung des alten Besitzes und
des massenhaften Ausverkaufs gerade der besten Stücke der
Heimat ins Ausland sind ausreichende Mittel zum Ankauf und
zur Festhaltung wichtiger Werke der Heimat eine dringende
Notwendigkeit. In wenigen Jahrzehnten wird es ohnehin zu
spät sein, solche Rettungsmassnahmen anzustellen. Die genaue
Höhe des Etats wird sich erst im Laufe weniger Jahre bestim-
men lassen. Es ist auch zweckmässig und sinnvoll Ersparnis-
se des Etats nicht einzuziehen, um gelegentlich besonders
schwer erschwingliche Kunstwerke der Heimat zu sichern.
5. Personal.
Daneben ist für das nötige Aufsichtspersonal zu sorgen,
das je nach den örtlichen Verhältnissen durch entgeltliche
Hilfsaufsicht ergänzt wird. Als Aufsichtspersonal müssen in
erster Linie gelernte Handwerker (vor allem ein Schreiner,
dann Schlosser, Gipser, Tapezierer, Buchbinder) angestellt
werden. Sie können in eigener Museumswerkstatt nötige Konser—
Vierungs- und Aufstellungsarbeiten vornehmen, eventl. auch
Sammlungsschränke anfertigen zur Ausnützung der Arbeits-
kraft in besuchsarmen Zeiten. Bei kleineren Städten wird ein
Hausmeister Wochentags die gesamte Aufsicht erledigen kön-
nen. Für Samstage und Sonntage sind dann Hilfsaufseher
(städt. Pensionisten) ausreichend, deren Verwendung keine
hohen Aufwendungen erfordert.
6. Gebühren.
Als Einnahmequelle kann und darf ein Heimat-Museum
nicht betrachtet werden. Grundsätzlich soll - wenigstens für
Einheimische stets der Eintritt frei sein. Nur dadurch ver-
mag ein Museum seine Aufgabe zu erfüllen.
Beratung in Fragen der städtischen Museen.
Fachwissenschaftlich:
Ist ein Museum hauptamtlich geleitet, so werden dem
betreffenden Leiter stets solche Beziehungen zu den grossen
wissenschaftlichen Instituten des Reiches und der Landeshaupt-
stadt zur Verfügung stehen, dass in wichtigen Fällen dort
jeweils spezielle Begutachtung und Rat erholt werden kann.
Eine Zusammenarbeit des vor ausserordentlich vielseitigen
Fragen stehenden Museumsleiters mit den wissenschaftlichen
Spezialisten ist unerlässlich, um sich auf allen Gebieten den
jeweiligen Stand der Kenntnis zu erhalten. Aus dem gleichen
Grunde muss dem Museumsleiter auch jeweils die Möglichkeit
gegeben werden, an den massgebenden Fachkonferenzen und Ta-
gungen teilzunehmen.
Allgemein:
Im übrigen ist die Beratung eine Frage des Zusammen-
schlusses der jeweils zu einem Kulturgebiet gehörigen
städt. Museen. Nur durch gegenseitigen Anschluss ist es
möglich, auch kleineren Museen fachliche Förderung angedei-
hen zu lassen, gegenseitig den Umfang der Programmgebiete
festzulegen, Konkurrenz auszuscheiden und weit über den
engeren Museumsrahmen hinaus im Sinn der Heimatpflege tätig
und wirksam zu sein. Das staatliche, für die Museumspflege
aufgestellte Amt, das Landesamt für Denkmalpflege kann in
den hier angedeuteten spezielleren Aufgaben kaum förder-
lich sein, wie seine Tätigkeit seit 22 Jahren und sein zu
Gunsten der hauptstädtischen Institute ungenügender Etat
ohne weiteres zeigen. Die kommunale und bodenständige
Selbstverwaltung muss auch auf diesem Gebiet eigene Ini-
tiative ergreifen.
Zusammenschluss der städtischen und Vereins-Museen.
Solche beratende Selbstorganisation besteht bisher
lediglich im Kreis Schwaben und Neuburg, in dem seit 7 Jah-
ren tätigen Museumsverband, der alle Museen des Kreises
umfasst und dessen Geschäftsstelle und Beratungsstelle in
Bayern das Maximilians Museum in Augsburg ist.
Aehnliche Selbstorganisationen der kommunalen und Ver-
eins-Museen auf stammlicher Grundlage sind ohne weiteres
möglich für das fränkische Gebiet mit dem Vorort in Nürn-
berg, vorbereitet bereits im nordbayarischen Verband für
Heimatforschung und Heimatpflege, und für das altbayerische
Gebiet mit Regensburg. Die Schaffung dieses Zusammenschlus-
ses in die Wege zu leiten, ist im Interesse jeder Stadtge-
meinde, die ein Museum besitzt oder einzurichten beabsich-
tigt, und damit indirekt Aufgabe des Städtebundes.
Schlusswort.
Ist das städtische Museum einmal geschaffen, so sollen
die Aufwendungen dafür nicht nur ein Opfer sein, das die
Stadt dem Bewusstsein ihrer Bedeutung bringt, sondern das
Museum soll stets die Schatzkammer sein, wie die Städte sie
früher besessen und ihre gepflegteste und beste Sehenswür-
digkeit.