Die wahrscheinlich posthum entstandene Porträtbüste zeigt Elisabeth Charlotte (auch Liselotte genannt) von der Pfalz, Herzogin von Orléans, in mittlerem Alter. Die Darstellung wirkt natürlich und lebensnah und hat privaten Charakter. Liselotte trägt ein leichtes, mit zarter Spitze gesäumtes Déshabillé (ein im privaten Bereich getragenes Kleidungsstück) und weder Schmuck noch Perücke, sondern eine lockere Hochsteckfrisur. Einige Haarsträhnen fallen in verspielten Wellen über die Schulter herab.
Terrakotta entwickelte sich im Frankreich des 18. Jh. zu einem beliebten künstlerischem Medium. Durch das rasche Modellieren der Masse mit den Fingern lassen sich Lockerheit und Spontaneität viel besser suggerieren als etwa bei in Stein gemeißelten Figuren. Besonders im Rokoko unter Ludwig XV. wurden eine gegenüber dem Barock größere Leichtigkeit und Lockerheit favorisiert.
Die wohl in die Mitte des 18. Jh. zu datierende Büste trägt am linken Armansatz ein in den Ton eingeschriebenes "A" und ist wahrscheinlich einem Mitglied aus der lothringischen Bildhauerfamilie Adam zuzuschreiben. Die größten stilistischen Gemeinsamkeiten weist die Büste zu Arbeiten von Lambert-Sigisbert Adam auf, etwa einer Büste Ludwigs XV. als Apollon (um 1741, Musée des Beaux-Arts de Nancy) oder einer Büste der Amphitrite (um 1725, Art Institute of Chicago). Der aus Nancy stammende Bildhauer erhielt seine Ausbildung u.a. in Paris, wo er schnell erfolgreich wurde und den renommierten Prix de Rome erhielt. Nach einem zehnjährigen Aufenthalt in Rom, wo er nachhaltig durch den bewegten, expressiven Stil Gianlorenzo Berninis geprägt wurde, war er ein bedeutender Künstler am Hof Ludwigs XV.
Die Büste von Liselotte von der Pfalz wäre eines der wenigen Porträts von seiner Hand. [Johanna Kätzel]