Statuette Martin Luthers auf Sockel. Sockel mit eingebauter Spieluhr. Melodien: "Ein feste Burg" und "Lobe den Herren". Martin Luther, dem Typus des Predigers und Kirchenvaters nachempfunden steht auf einem quaderförmigen, neogotisch ausgeformten Sockel. Auf der Vorderseite unter dem tradierten Zitat von 1521 (Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen): Bildnisse von Ulrich von Hutten (links) und Franz von Sickingen (rechts). Auf der Rückseite oben Luthers Geburtshaus in Eisleben, darunter Philipp Melanchthon (links) und Kurfürst Friedrich der Weise (rechts); auf der rechten Seite die Schlosskirche zu Wittenberg, auf der linken Seite die Wartburg, jeweils ohne erläuternden Text.
Die Gestaltung der Figur geht zurück auf das zu Ehren des Reformators Martin Luther von Ernst Rietschel (1804-1861) geschaffene und am 25. Juni 1868 enthüllte Lutherdenkmal in Worms, wo Luther 1521 vor dem Reichstag stand. Das Wormser Luther-Denkmal ist neben dem internationalen Reformationsdenkmal in Genf das weltweit größte Reformationsdenkmal. Diese Art von kleinformatiger Luther-Statuette mit Spieluhr wurde in leicht unterschiedlichen Versionen geliefert, mit jeweils unterschiedlichen Sockeln. Die trotzig heroische Haltung der Lutherstatuette korrespondiert mit der Melodie "Ein feste Burg", die als protestantisches Kampflied rezipiert wird. Das zur Spieluhr verniedlichte Zimmerdenkmal steht dazu in eigentümlichem Kontrast und dokumentiert die bürgerliche Aneignung des Reformators im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Bildnisse von Leitgestalten der Reformationszeit verweisen auf die Einheit der reformatorischen Bewegung, während mit den Ansichten der Schlosskirche und der Wartburg zwei bedeutende Stationen aus Luthers Leben herausgestellt werden.
Martin Luther gehört zu den meistdargestellten Personen der Weltgeschichte. Bis heute begegnen uns Lutherdarstellungen im öffentlichen, kirchlichen und häuslichen Raum. Jede Epoche hat sich "ihr" Lutherbild geschaffen, den Reformator entweder verherrlicht oder für politische Zwecke instrumentalisiert. Während der Protestantismus bis ins 18. Jahrhundert Luther als "Kirchenvater", theologische Instanz oder auch aufgeklärten Geist verherrlicht, wird er im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland als Nationalheld vereinnahmt. Die im 20. Jahrhundert einsetzende Kommerzialisierung und Trivialisierung erreicht anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Reformation 2017 einen Höhepunkt: Luther-Souvenirs und Luther-Geschenkartikel scheinen auf Festveranstaltungen, in Museumsshops, Ladengeschäften und im Onlinehandel allgegenwärtig. [Wolfgang Knapp]