Original: Deutsch
Lobgedicht
auf
König Ludwig
Wörtlich entnommen
aus
dem Lebewohl des Dr. Große
ob welchem
er wegen Majestätsverbrechen und Aufforderung zum Aufruhr durch das königl. Kreis und Stadtgericht München verhaftet, prozessirt und nicht einmal gegen Caution entlassen wurde.
Augsburg, 1832.
Albr. Volkhart'sche Buchdruckereyn.
Vorerinnerung.
Der gewöhnliche Gang von Anklagen gegen die Presse ist das Herausreißen einzelner Stellen, die ihre Bedeutung erst durch ihre Verbindung erhalten; über solche einzelne Stellen, vernimmt man den Angeschuldeten, solche Stellen — wohl nie das ganze Werk — werden richterlichen Collegien vorgelesen.
Ob man mit einem Gedicht von 18 Seiten Aufruhr predigen und König Ludwigs Majestät beleidigen könne,
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worin wörtlich die hier abgedruckten Stellen erscheinen, möge das Publikum, möge besonders das allgemein verehrte königl. Appellationsgericht des Isarkreises, als kompetent richterliche Stelle, beurtheilen.
Jetzt meine Feiheitsharf' im Licht' an Ludwigs Thron
Erhebe die unsterblich reinen Hände.
Er hat ja selbst das Saitenspiel gerührt
Für Griechenfreiheit, Hellas Todesklagen;
Er, der für Freiheit nur das Scepter führt,
Kann nicht die Freiheit seinem Volk versagen! —
Mit Blumen habt die Harf ihr mir geschmückt —
Ja, solchen Lorbeer wollt' ich mir verdienen,
Wie einst dem Königsänger auf die Stirn gedrückt,
An Ludwigs Throne sollt' er weiter grünen,
Ja! über Kronen hängt nicht hoch der Kranz
Und fürstlich ist's, wenn Könige und Fürsten
Nach Ruhm, Unsterblichkeit, der Thaten Glanz
Und großen Namen vor der Nachwelt dürsten.
Im Osten ist im morgenrothen Lauf
Der Künste Sonne leuchtend aufgestiegen;
In München baut der Kunst man Tempel auf,
Bald wird ihr Ruhm durch alle Länder fliegen.
Dort lagern sich im himmlischen Verein
Die Musen um des Thrones gold'ne Stufen;
In offne Pforten läd't man Weisheit ein,
Cornelius, Oken, Schelling sind berufen;
Minerva und Apoll der Göttersohn
Der Freiheitsmuse reichen sie die Hände,
Daß dort der Sternenkranz um Ludwigs Thron
In alle Welt die Hellen Strahlen sende; —
Wo Pinsel, Meißel, Lied und Ton sich rührt,
Kann Sonnenflug kühn die Begeisterung wagen;
Er, der für Freiheit nur das Scepter führt,
Wird er die Freiheit seinem Volk versagen? —
Ganz Deutschland kränzte einstens Ludwigs Bild,
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Und Ludwig, Ludwig! sangen allen Bayern;
Und ganz Europa jauchzend war erfüllt,
Von deiner Freiheit, Morgenrothes Bayern! —
Als jener Donnerschlag des Julius traf,
Daß wie erstarrt die Kabinette stunden.
Die Zeit ging schwanger ach! mit Riesenthaten,
Es flüsterten so leis die Diplomaten;
Doch der Geschichte hoher Genius sprach
Mit Donnerlaut: „Du mein geliebtes Bayern,
„Heil dir! des unbefleckten Ruhmes Tag,
„Und den Triumph der Freiheit sollst du feyern!
„Dein Heerbann sey die Constitution,
„Auf! auf! der Freiheit Sieg vollende!"
Wie richteten zu König Ludwigs Thron
Ganz Deutschland voll Erwartung aus die Hände,
Er, der für Freiheit nur das Scepter führt,
Wird er den Flug des ew'gen Ruhms nicht wagen?
Ja, Deutschlands Hoffnung, Frieden, Krieg,
Ludwig der Bayer! lag in Deinen Händen!
Und hoch und herrlich mit der Freiheit Sieg,
Der Geistes Herrschaft seinem Volke zuzuwenden!
Ja, Freiheit ist die Großmacht dieser Zeit;
Will Rußland mit Kosakenknuten wachen
An deutschen Thronen; Morgen oder heut
Ganz Deutschland wird, wie Bayern wacht, erwachen! —
Jetzt droht die Pfaffen- und die Adelszunft
„Fort mit den liberalen Schreiern!
Neumodische Aufklärung, politische Vernunft Gebraucht man nicht im alten, frommen Bayern!"
Die ihr des Sängers Haupt geächtet, wißt
Das war mein Hochverrath und Majestätsverbrechen,
In Bayern hab' ich Deutschlands Morgenroth begrüßt,
Und Ludwigs guten Genius ließ ich sprechen;
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Mein stets begeistert Saitenspiel
Nur Bayerns Größe hat geklungen,
Und ach! der Lobeslieder nur zu viel
Hab' ich zu Ludwigs Ruhm gesungen! —
Ist das des freien Liedes Lohn,
Daß an dem Sänger man das Gastrecht schände?
Ihr, Weib und Kinder dort zu Ludwigs Thron
Hebt flehend um Gerechtigkeit die Hände;
Und wenn den Sänger Lied und Ton nicht rührt;
Wohl, bei der Unschuld Thränen, Klagen
Er, der Gerechtigkeit als Wahlspruch führt,
Er kann das Menschliche dem Vater nicht versagen!
Lebt wohl! Lebt wohl! — wenn auch verbannt
Der Freiheit Braut, dich lieb' ich ewig, Bayern! —
Mag nie auf Deiner Städte Schutt und Brand
Die Göttin gräßlich ihre Brautnacht feyern! —
Dem Scheidenden ist bang um's Herz;
Doch nehm' ich mit mir deine Leiden;
So will ich gern mit doppelt schwerem Schmerz
Aus Deinen Thälern, deinen Bergen scheiden.
Es heben vor Satanas der Revolution
Die Eos-Männer kreuzigend die Hände
Weil Karl X. Meinung stürzt den Thron,
Hat Gottes Allmacht auf der Welt ein Ende.
Dem Ungeheuer Revolution
Man bindet ihm am Thron die Hände;
Lebt wohl! lebt wohl! —
Ein still Gebet
An Maximilians Grabe laßt mich sprechen.
Erhebt an Vaters Grab der königliche Sohn
Zu neuem Schwur der Freiheit heut die Hände:
Ein Gnadenstuhl war Maximilians Thron,
Der Noth und Armuth Gottes Seegen spend'te!
Wenn heut der ganze Erdball rebellirt
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Und alle Königsthrone man zerschlagen,
In jedem Bayerherz er sicherer residirt
Als bei Kanonen in Dezembertagen!
Lebt wohl! lebt wohl! den letzten Gruß
An Ludwigs Throne will ich schicken!
O mög' ein Gott der Freiheit heil'gen Kuß
Auf die geweihte Königsstirn ihm drücken.
Für Deutschlands Freiheit erhebe du den Sang,
Der Königsharfe Ton wird Volk um Volk dann lauschen,
In Sturmeswehen wird der Donnerklang
Bis an die Ostsee, Rußlands Wälder rauschen.
Auf, Fürst des Lichts! auf! noch ist es Zeit,
Noch kannst du Ruhm und jede Größe wählen!
Ja dringt vom Königssitz der Freiheit Ton;
So hat der blut'ge Streit ein Ende! —
Er, der für Freiheit nur das Scepter führt,
Wird er voran der Freiheit Banner tragen?
Er, der für Freiheit nur das Bürgerscepter führt,
Wird nicht des Bunds Vasallen-Krone tragen.