Wandanschlag in deutscher, niederländischer und französischer Sprache.
Herausgegeben vom Generalgouverneur des von Deutschland besetzten Belgiens, Freiherr von Bissing, am 26. Juni 1916 in Brüssel
"Verordnung betreffend Versammlungen und Vereine.
Unter Aufhebung der Verordnung, betreffend Versammlungen und politische Vereine, vom 16. 1. 15 (Gesetz- und Verordnungblatt Nr. 34, Seite 119) verordne ich wie folgt:
Art. 1.
Versammlungen unter freiem Himmel sind verboten.
Art. 2.
Oeffentliche Versammlungen sind verboten, wenn in ihnen politische Angelegenheiten erörtert und beraten werden sollen. In allen anderen Fällen bedürfen sie der vorherigen Genehmigung.
Art. 3.
Private Versammlungen bedürfen ebenfalls der vorherigen Genehmigung.
Satt der Genehmigung genügt die vorherige Anmeldung, wenn es sich um Versammlungen zu rein kirchlichen, beruflichen, geselligen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken handelt.
Art. 4.
Versammlungen zu gottesdienstlichen Zwecken und Sitzungen von Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit bedürfen weder der Genehmigung noch Anmeldung.
Art. 5.
Zur Erteilung der Genehmigung (Art. 2 und 3) und zur Entgegennahme der Anmeldung (Art. 3) ist der Ortskommandant und, wo solcher nicht vorhanden ist, der Kreischef zuständig. Die Genehmigung ist mindestens 5 Tage vorher einzuholen, die Anmeldung mindestens 3 Tage vorher anzubringen. Ort, Zeit und Zweck der Versammlung sind anzugeben.
Art. 6.
Verantwortlich für Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der Artikel 1 bis 3 sind nicht nur die Einberufer, Veranstalter und Leiter, sondern auch die Teilnehmer der Versammlungen.
Art. 7.
Alle Klubs und Vereine zu politischen Zwecken oder zur Besprechung politischer Angelegenheiten sind geschlossen. Neubildung solcher Klubs und Vereine ist verboten. Strafbar sind Leiter, Gründer und Mitglieder dieser Vereine.
Art. 8.
Uebertretungen dieser Verordnungen werden mit Gefängnis bis zu 1 Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark bestraft. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.
Zur Bestrafung sind die Militär-Gerichte und die Militär-Befehlshaber zuständig."