Als in der Zeit zwischen etwa 12 - 8 v.Chr. in Speyer ein erstes Militärlager errichtet wurde, war die einheimische, keltische Bevölkerung der Vorderpfalz dermaßen ausgedünnt, daß die Lösung dieses Problems eine der ersten Aufgaben der römischen Besatzungszeit war. Die Bevölkerung mußte aktiv an der Verteidigung und am Ausbau der neuen Grenze beteiligt werden: Sie stellte Truppenabteilungen und mußte gleichzeitig die Versorgung der Truppen mit Agrargütern sichern. Deswegen wurden germanische Stämme angesiedelt: die Nemeter in der Pfalz, im Elsaß Triboker und in der Gegend um Worms Vangionen. Auf der rechten Rheinseite ließen sich die Neckarsueben nieder und erfüllten ihre Aufgaben als loyale Militärsiedler. Mit dem ersten Kastell in Speyer begann auch eine frühe Siedlung (vicus) heranzuwachsen, die sich etwas später, zur Zeit des 2. und 3. Kastells, zu einem größeren Ort mit Marktrecht entwickelte. Welche Auxiliareinheiten die Besatzung der Speyerer Garnison stellte, ist namentlich nicht überliefert. Im weiteren Zusammenhang mit dieser Einheit - wird ebenfalls angenommen - steht ein gewisser Gaius lulius Nigellio. Er könnte Angehöriger, wahrscheinlich Offizier dieser Truppe gewesen sein. Nigellio errichtete einen Grabstein für seinen Sklaven namens »Peregrinus«, ein zehn Jahre alter Junge, der ihm offenbar sehr viel bedeutet hat. Der Grabstein, der 1892 gefunden wurde, lag im Gebiet des frühen Gräberfeldes, jedoch nicht an seinem ursprünglichen Platz. Dies ist nicht erstaunlich, da die römischen Grabsteine nie an ihrer ursprünglichen Stelle (in situ) gefunden werden. Deswegen kann man auch nicht sagen, wie das Grab des Peregrinus ursprünglich aussah. Der Grabstein, der die Darstellung des Sklavenjungen trägt, liefert dennoch einige Informationen: Peregrinus, mit einem Mantel bekleidet, stützt sich mit dem rechten Arm auf einen Stab, während er in der linken Hand die geraffte Leine seines neben ihm sitzenden Hundes hält. Er steht in einer Nische, die von zwei Säulen gerahmt wird, sie trägt einen Architrav mit Giebel. Der Stein besteht aus Muschelkalk und soll aus einem Steinbruch südöstlich von Metz stammen, von wo er über Mosel und Rhein nach Mainz verschifft wurde. In Mainz gelangte er zur Bearbeitung in eine Steinmetzwerkstatt, aus der noch etwa 20 weitere Stücke bekannt sind. All diese Steine, bis auf den des Peregrinus, sind Soldatengrabsteine, was bedeutet, daß die Werkstatt vermutlich nur für Militärangehörige arbeitete. Somit wird daraus abgeleitet, daß Gaius lulius Nigellio selbst Soldat gewesen sein muß, und zwar noch in der Zeit des Kaisers Tiberius, da die Werkstatt zwischen ca. 9 n.Chr. bis um 43 n.Chr. in Betrieb war und der Grabstein eine frühe Arbeit dieser Steinmetze darstellt. (Richard Petrovszky)
Inschrift:
PEREGRINVS C(AII) IVLI
NIGELLIONIS SER(WS)
ANN(ORVM) X H(IC) S(ITVS) E(ST)
Übersetzung:
Peregrinus, Sklave des Gaius lulius Nigellio, 10 Jahre alt, liegt hier begraben.