Original: Deutsch
Speyer, den 2.Februar 1934
An das Bürgermeisteramt Bad Dürkheim.
Bereits im Jahre 1917 habe ich in einem in der Zeitschrift "Pfälzisches Museum" veröffentlichten Aufsatz die Hoffnung ausgesprochen, dass es gelingen möge, die zur Freilegung des "Brunholdisstuhles" notwenigen Mittel flüssig zu machen. Die ganze Zeit über habe ich diesen Plan niemals aus den Augen verloren, es war aber in früheren Zeiten aussichtslos, die für die notwendigen umfangreichen Erdarbeiten erforderlichen Mittel aufzubringen. Nach dem Umsturz habe ich den Plan besonders in wissenschaftlichen Kreisen wieder aufgegriffen und überall ein ausserordentlich grosses Interesse gefunden.
Bei dem Brunholdisstuhl handelt es sich um die Klärung dreier wissenschaftlicher Fragen: Namen des Felsens, Erklärung seiner Bedeutung und die Deutung der eingemeisselten Felszeichnungen.
Seit ich mich mit der Frage des Brunholdisstuhles beschäftige, habe ich den Felsen als römischen Steinbruch erklärt. Demgegenüber wird von anderer Seite versucht, ihn als eine römisch-germanische Kultstätte zu erklären. Nur mit Hilfe der geplanten Ausgrabungen kann die Frage entschieden werden.
Die Felszeichnungen des "Brunholdisstuhles" habe ich erstmalig einem einheitlichen Kult, dem Sonnenkult, zugeschrieben. Die Zeichnungen haben mit den Kultvorstellungen Italiens nichts zu tun, sie gehören den Kultvorstellungen der einheimischen Bevölkerung an, und das waren nach den übereinstimmenden Angaben der römischen Schriftsteller Germanen. Die hohe Bedeutung der Felszeichnungen des "Brunholdisstuhles" sehe ich darin, dass sie unbeeinflusst durch römische Kultvorstellungen die germanischen Kultvorstellungen in reiner Form zeigen. Ich wüsste kein zweites Denkmal im römischen Germanien, das in dieser Frage mit dem "Brunholdisstuhl" verglichen werden könnte. Auch ich bin vollständig der Ansicht,dass wir hier am "Brunholdisstuhl" ein in vorrömische Zeit zurückreichendes Sonnenheiligtum anzunehmen haben.
Durch die Freilegung der Felswände könnte vor allem die Frage geklärt werden, ob es sich um einen römischen Steinbruch, wie ich annehnen möchte,
handelt oder um ein Heiligtum. Auch als römischer Steinbruch bildet der "Brunholdisstuhl" ein Denkmal wie wir es in gleicher Monumentalität in Deutschland nicht mehr besitzen. Weit wichtiger sind aber noch die Felszeichnungen, die in ihrer Art auf deutschem Boden wohl einzig dastehen. Bei Freilegung der noch verschütteten Felswände ist wohl anzunehmen, dass noch weitere Sonnenzeichen zu Tage treten. Für die Kenntnis germanischer Kultvorstellungen könnte der Brunholdisstuhl von grundlegender Bedeutung werden. Besonders erfreulich wäre es,wenn es gelingen würde, das Sonnenheiligtum selbst nachzuweisen. Es ist mir aber unmöglich, heute schon zu sagen, ob hierzu die Möglichkeit besteht. Es wird sich jedoch als unumgänglich notwendig erweisen, die benachbarten vielleicht zu dem Sonnenheiligtum in Beziehung stehenden vorgeschichtlichen Denkmäler wie die Heidenmauer, den Teufelstein u.a. mit in den Kreis der Untersuchungen zu ziehen.
Historisches Museum der Pfalz
gez. Dr. Sprater
Direktor.