Maria stemmt den leblosen, gebrochenen Leichnam ihres Sohnes hoch: alle Welt soll den Skandal seines Todes erkennen. Sie erhebt Anklage gegen die Menschen, die den Tod Jesu zu verantworten haben. Sie wird zum Vorbild all der Mütter, die wo auch immer auf der Welt Aufklärung über das Schicksal ihrer Söhne und Töchter verlangen und Rechenschaft fordern.
Sie erhebt aber auch Anklage gegen einen Gott, der diesen Tod zuließ und der angesichts des Leides in der Welt ein machtloser, uninteressierter Gott zu sein scheint. Sie droht unter der Last des toten Körpers, aber vor allem unter der Last ihres Schmerzes und ihrer Trauer zu zerbrechen.
Gleichzeitig aber - und das macht diese Skulptur so interessant - klingt noch ein anderer Aspekt an: Maria scheint den leblosen Körper wie in einem Tanzschritt empor zu halten,. Sie stemmt ihn wie ein Siegeszeichen hoch. Der gebrochene Leib selbst scheint ihr neue Kraft zu geben, die Last und das Niedergedrücktwerden durch den Tod auszuhalten.
Bernhard Philipp greift hier auf die Ursprünge des Vesperbildes zurück, als der eucharistische Gedanke - Maria präsentiert den durch seine Wundmale ausgezeichneten Leib Christi wie in einer Monstranz - stärker im Vordergrund stand.