Besonders kunstvoll verzierter Liebesbrief
Es finden sich lediglich Initialen und der Ort Crastel als Hinweis auf den Geber oder die Empfängerin des Briefes. Das Zentrum des Briefes bildet ein mit Bögen verzierter Kreis, der mit dem folgenden Vers beschrieben ist:
"Wann mei Herz in der mitte, mit einem Schwerdt wird durchschnitte, wird mit einer Kugel durchschossen, so bleib die Liebe gegen sie ganz unverdrossen." P.E. von Crastel
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert wurde der Faltschnitt in der traditionellen Volkskunst benutzt. Allerdings sind nur aus dem deutschsprachigen Raum solche geschnittenen Versbriefe bekannt. Das Elsaß und die deutschsprachige Schweiz bildeten zu dieser Zeit einen Schwerpunkt bei der Herstellung von Faltbriefen. Diese Briefe dienten als Neujahrsgrüße, zur Erinnerung an die Taufe fertigte man Taufbriefe an. Und, wie die Beispiele im Hunsrück-Museum zeigen, setzte man sie als Liebeszeichen ein.
Meist waren es die jungen Männer, die solche Liebesbriefe an ihre Auserwählte sandten. Diese Briefe dienten jedoch weniger einer ersten Kontaktaufnahme, vielmehr überreichte man sie in einem fortgeschrittenen Stadium der Bekanntschaft, etwa zur Verlobung.
Jedoch fertigte der Sender nur in seltenen Fällen einen solchen Brief selbst an, meist wurde diese Aufgabe einem geübten Dorfkünstler übertragen, der einen gewissen Obolus dafür erhielt. Zu dem Personenkreis, der sich mit solchen Arbeiten beschäftigte, zählten Lehrer, Handwerker, Gemeindeschreiber, Bauern und auch die Pfarrer, die allerdings vorwiegend Taufbriefe verfaßten.