Die Tafel 62 aus dem Journal "La Caricature" (Nr. 31 vom 2. Juni 1831) stammt aus der Zeit der Julimonarchie unter Louis-Philippe I. Die Karikatur zeigt den König vor einem Abgrund und mit dem Rücken zur sprichwörtlichen Wand stehend. In der hoch erhobenen rechten Hand hält er ein Bündel mit königlichen Erlassen, so genannten Ordonnanzen. Sein Schatten an der Wand lässt jedoch die Personifikation der Französischen Republik bzw. der Freiheit mit der markanten phrygischen Mütze erahnen. Die Ordonnanzen scheinen in einen Dolch verwandelt. Die Karikatur ist eine deutliche Warnung (mit zwei Ausrufezeichen) an den König und dessen rigide Politik gegen die Pressefreiheit.
Louis-Philippe aus dem Haus Orléans war nach der Juli-Revolution 1830 an die Macht gelangt. Zunächst versuchte der "Bürgerkönig", der sich lieber in militärischer Uniform als in fürstlichem Ornat zeigte, sich von den ungeliebten Bourbonenherrschern abzusetzen. Bald kehrte er jedoch zu einem sehr konservativen Regierungsstil zurück und unterdrückte mit Ordonnanzen u.a. massiv die Pressefreiheit. Zusammen mit den negativen Folgen der Industrialisierung führte seine Politik schließlich zur Februarrevolution von 1848. [Johanna Kätzel]