Gewandfigur der Heiligen Odilia von Hohenburg (Elsass). Sie trägt den Habit einer Nonne mit Schleier, wobei das Fellgewand auffällt, das in der Art einer Pelerine ihren Oberkörper bedeckt. In der christlichen Ikonografie deutet eine "härenes" Gewand häufig auf ein Leben in der Bedrängnis und Einsamkeit an, was sich mit einer Episode aus dem Leben der Odilia in Einklang bringen lässt: Der Legende nach verbarg sie sich auf der Flucht vor ihrem Vater, der sie töten wollte, eine Zeit lang in einer Höhle. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch der durchlöcherte Sockel zu sehen, der demnach natürlichen, porösen Fels darstellen soll. In ihrer linken Hand hält Odilia ihr Heiligenattribut: ein geschlossenes Buch mit einem Augenpaar auf dem Buchdeckel. Odilia soll von ihrer Geburt an bis zu ihrer Taufe im Alter von zwölf Jahren blind gewesen sein und gilt als Patronin der Blinden. Sie war Äbtissin des Klosters auf dem nach ihr benannten Odilienberg. Dieser ist heute der bedeutendste Wallfahrtsort des Elsass.
Bei der Figur handelt es sich um ein Gipsmodell, an dem noch metallene Messpunkte erhalten sind. Sie wurde von Gottfried Renn geschaffen, einem aus Österreich stammenden Bildhauer, der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Speyer kam, um an der Neuausstattung des Domes mitzuwirken. Er blieb bis zu seinem Tod in Speyer und schuf auch Skulpturen für viele andere Kirchen in der Region. Auch in Frankreich sind Arbeiten von ihm zu finden, z.B. in der Kathedrale von Metz oder an der St. Georgskirche im elsässischen Hagenau. Die vorliegende Figur diente als Modell für eine in Stein ausgearbeitete Skulptur an der Chapelle Toussaint in Straßburg. [Johanna Kätzel]