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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Schriftgut - Flugblatt Schriftgut - Parteien [2022/0153/037] Archiv 2022-03-16 16:56:05 Vergleich

Flugblatt "Die Pfalz und ihr!" 1918

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1# Flugblatt "Die Pfalz und ihr!"1# Flugblatt "Die Pfalz und ihr!" 1918
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3[Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir](https://rlp.museum-digital.de/institution/102)3[Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir](https://rlp.museum-digital.de/institution/102)
4Sammlung: [Schriftgut - Flugblatt](https://rlp.museum-digital.de/collection/915)4Sammlung: [Schriftgut - Flugblatt](https://rlp.museum-digital.de/collection/915)
14Dieser so genannte Putschversuch wird auch bisweilen als "Haasisten-Putsch" oder als "erster Separatistensturm in der Pfalz" bezeichnet. 14Dieser so genannte Putschversuch wird auch bisweilen als "Haasisten-Putsch" oder als "erster Separatistensturm in der Pfalz" bezeichnet.
15(vgl. Gräber, Spindler, Revolver Republik am Rhein (Landau 1992) 39-55) 15(vgl. Gräber, Spindler, Revolver Republik am Rhein (Landau 1992) 39-55)
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17Das Flugblatt wendet sich gegen die verschiedenen Autonomiebestrebungen in den linksrheinischen Gebieten - hier speziell in der Pfalz - nach dem I. Weltkrieg, die - mit der Unterstützung durch Frankreich - eine Trennung vom Deutschen Reich bzw. die Bildung eines neutralen Rheinstaates anstrebten17Das Flugblatt wendet sich gegen die verschiedenen Autonomiebestrebungen in den linksrheinischen Gebieten - hier speziell in der Pfalz - nach dem I. Weltkrieg, die - mit der Unterstützung durch Frankreich - eine Trennung vom Deutschen Reich bzw. die Bildung eines neutralen Rheinstaates anstrebten.
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19Material/Technik19Material/Technik
20Papier / Schwarzweissdruck20Papier / Schwarzweissdruck
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22Maße22Maße
23Länge: 39,8 cm, Breite: 13,2 cm, Stückzahl: 123Länge: 39,8 cm, Breite: 13,2 cm, Stückzahl: 1
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25## Abschrift
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27### Original: Deutsch
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29> Die Pfalz und ihr!
30> Ja Ihr alle, die ihr in Deutschland wohnt, — wißt ihr um die Not der Brüder in der Pfalz? — Ihr wißt darum! — In allen Versammlungen spricht wenigstens ein Redner von den Volksgenossen überm Rhein. Spricht von „Treue halten" und „unauslöschlichem Gedenken". Und ihr klatscht Beifall und sagt vielleicht auch: „Die armen Brüder"-----und sonst?------Ein klein wenig Neid mischt sich in dieses pflichtschuldige Mitleid. Die haben noch Speck und Schinken, Seife und Tabak, alles in Hülle und Fülle, und was vielen noch mehr scheint — Ruhe haben sie — keine wilden Streiks, keine Putsche — keine Lebensmittelkrawalle. Zum Schluß, so ganz, ganz im letzten Winkel eurer Herzen regt sich schließlich etwas wie: „Die sollen doch zufrieden sein. Nach 10 bis 15 Jahren sind sie wieder bei uns, warum denn das Getue?" — Aber ganz leise nur sagt ihr euch das, so ganz im stillen. Ihr fühlt ganz fern, daß es doch — vielleicht nicht ganz so sein könnte. — Darum schweigt ihr — und klatscht bei der nächsten Rede aus Mitgefühl für die ver-lassenen Brüder.----------------------------------------
31> Aber, ich sage euch allen, ich schreie euch allen zu: „Nein —! Nein!"------Es gehört mehr zum Leben wie Speck und Brot. Es gehört mehr zum Leben als Ruhe und Ordnung. Das höchste bleibt Freiheit! — Und die haben die Deutschen dort nicht.
32> Nicht Kirchhofsruhe ist im Lande. Verzweiflung hockt dumpf und stumpf in allen Ecken, lastet auf allen Menschen dort, die an Deutschland glauben, die auf Deutschland hoffen.
33> Ihr hört nichts mehr von den lauten, lärmenden Kämpfen der ersten Zeit, als Haas und Genossen das: „Los von Deutschland" riefen. Als sie die neutrale Pfälzische Republik am Gängelband Frankreichs ausrufen wollten. — Den Gedanken, kaum geboren, zerschlugen Arbeiterfäuste auf den Rücken dieser Herren, die sich stets nach Frankreich beugen. Tiefer vor den französischen Säbeln als jemals vor den deutschen. Dem Pfälzer ist solches Katzbuckeln fremd. Herr Haas und seine Helfer sind keine Pfälzer. Um anderer Dinge willen ist es scheinbar so ruhig in der Pfalz, um dieser Dinge willen will ich euch im Lande aufrütteln aus der stumpfen Ruhe, aus der Untätigkeit für eure Brüder, die heute schon auf verlorenem Posten kämpfen.
34> Die Franzosen merkten bald: Ausweisen, einsperren, offen unterdrücken, alles Deutsche totmachen, ganz öffentlich, das stempelt viele zu Märtyrern und Mitleid hält das Volk wach. Also heimlich wühlen, graben, werben. Die paar Menschen, die öffentlich ihre Meinung sagen, sind leicht zum Schweigen gebracht. Versammlungsverbote!-------
35> Es könnte das Volk aufreizen, wenn jemand ehrlich sagte, wir sind deutsch. Und zu was hat man die Zensur? — Aber an den weißen Stellen in den pfälzischen Tageszeitungen könnten die Leser merken, daß dort Sätze standen, die den Franzosen und ihren Freunden (so nennt General Gerard die Herren Haas, Hofer und Schenck) nicht paßten. — Und sie sind doch so zufrieden. Darum Anzeigen in den Zensurlücken. Warum sollten die Blätter sich ihren Abonnenten nicht im Textteil empfehlen. — Der Betrug gelingt, und die Masse des Volkes glaubt nicht mehr an die strenge Zensur.
36> Die „Freie Pfalz", von französischem Gelde genährt, von einem Nichtpfälzer redigiert, schreibt Tag für Tag, wie schlimm es im anderen Deutschland steht. Malt den Wahnsinn der Streiks, der Putsche und Revolten, die Ohnmacht der Regierung. übertreibt und färbt alles düster. — Staatsbankerott, gewaltige Steuern, Chaos! Das ist das unbesetzte Deutschland. Und die „Freie Pfalz", die kleine Republik, neutral unter dem Schutze Frankreichs? — Deutschland muß ja alles zahlen. Die Pfalz bleibt bewahrt vor der Steuerlast. Die Mark gilt dann wieder 1 Franc 25 Cent! Heute nur 40 Cent! Sind das nicht herrliche Aussichten? In alle Häuser trägt man das Blatt, besticht mit hohen Summen die Träger anderer Zeitungen, und legt die „Freie Pfalz" bei. Denn deren Austräger wagen sich nicht mehr in pfälzische Häuser, aus denen man sie bald echt pfälzisch hinausgeworfen hat.
37> Agitatoren ziehen heimlich als Touristen, als Weinreisende, als Händler, als Käufer und Verkäufer von Haus zu Haus. In schwarzen Farben malen sie die Zukunft Deutschlands. Keine Arbeit, und damit Hunger und Not. Die freie Pfalz aber beim Anschluß an Frankreich bleibt das goldene, blühende Land. Dort hat man zu essen, hat Arbeit und Brot und sorglose Zukunft. Und manche fallen ab.------
38> Aber die, die weiter kämpfen um dieses deutsche Land, gegen dieses Treiben der Haas, Hofer und Emmerich, die keine Pfälzer sind, gegen das Treiben dieser Herren Schenck und Genossen, die Holzhändler und Kriegsgewinnler, die hoffen, das Geld, das sie dem Vaterlande in den Zeiten der Not abgestohlen haben, in der neutralen Pfalz in Sicherheit zu halten, denen ihr Geld über alles geht, über Ehre und Vaterland. Gegen die französischen Leutnants vom Schlage des Herrn Specht in Bad-Dürkheim, der vor zwei Jahren noch die Uniform der Bamberger Ulanen trug, der desertiert und heute französischer Offizier ist.
39> Man macht sie mundtot — Versammlungen sind verboten, nur die „freien Pfalzleute" dürfen reden, so laut, so oft und so lange sie wollen. Den anderen gibt man keine Pässe, man überwacht jeden ihrer Schritte — ganz heimlich — man hindert sie an jeder Aussprache, auch im kleinsten Kreis. — Und die Zeitungen müssen schweigen! —
40> Wie ungleich ist dieser Kampf, und wie mancher fällt den Werbern zum Opfer, da jede Gegenwirkung fehlt. — Es ist ja alles scheinbar zufrieden!
41> Aber — nein! und nochmals nein! Es ist nicht wahr! Die Pfalz und die Pfälzer sind deutsch und wollen deutsch bleiben. Im Lande selber sind jenen die Hände gebunden und der Mund verschlossen, die es sagen wollen, die es zeigen wollen. Der Franc rollt und arbeitet unentwegt.------
42> Diese Pfalz, dieser Garten Deutschlands, wer sie kennt, weiß, daß man sie begehren möchte. Dieses reiche, fruchtbare Land. Aber es darf nicht sein, und wir Pfälzer wollen es nicht. — Darum müßt ihr helfen im freien Deutschland, daß dieses Land deutsch bleibt.
43> Dieses Land, voll alter deutscher Kultur, das einen Speyerer Dom besitzt, in dem ein Sickingen seine Burgen hatte, die ein Hort der Freiheit und Gerechtigkeit waren, — das ein Hambacher Schloß hat, das ein Symbol deutscher Freiheit ist. von dem Siebenpfeifer die Worte ins Land rief voll heiligen Glaubens an „Freiheit". „Gleichheit" und „Völkerbund". —
44> Lange vor Wilson!
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66## Literatur45## Literatur
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47- G. Gräber, M. Spindler (2005): Die Pfalzbefreier - Volkes Zorn und Staatsgewalt im bewaffneten Kampf gegen den pfälzischen Separatismus 1923/24. Ludwigshafen/Rh.
68- Gräber, Spindler (1992): Revolver Republik am Rhein I. Landau/Pfalz48- Gräber, Spindler (1992): Revolver Republik am Rhein I. Landau/Pfalz
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70## Links/Dokumente50## Links/Dokumente
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72- [Autonome Pfalz / Separatismus](https://de.wikipedia.org/wiki/Autonome_Pfalz)52- [Autonome Pfalz / Separatismus](https://de.wikipedia.org/wiki/Autonome_Pfalz)
73- [Freie Pfälzer Bewegung](https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Freie-Pfalz-Bewegung,_1918/19)53- [Freie Pfälzer Bewegung](https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Freie-Pfalz-Bewegung,_1918/19)
54- [Zugehöriges Konvolut](https://rlp.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=88801)
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75## Schlagworte56## Schlagworte
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86Stand der Information: 2022-03-16 16:56:0567Stand der Information: 2023-03-23 16:09:25
87[CC BY-NC-SA @ Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)68[CC BY-NC-SA @ Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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