museum-digitalrheinland-pfalz
STRG + Y
de
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0068/09]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202111/17143719665.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

"Tags-Neuigkeiten No. 13; 6. August 1833

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Entfernung berechnen Archivversionen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Bröschüre / Zeitung: "Tags-Neuigkeiten No. 13 während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau." Landau 6. August 1833, 4 Seiten.

In den "Tags-Neuigkeiten" wurde beinahe "tagesaktuell" über die Schwurgerichtsverhandlungen gegen die Hauptakteure des Hambacher Festes 1832 am Assisenhof in Landau 1833 berichtet.

Sitzung 5. August
Gerichtspräsident referiert kurz über die "justitiablen" Stellen in den Schriften der Angeklagten.
Verlesung einer geplanten Rede Siebenpfeiffers, die in Hanau gehalten werden sollte. Diese enthalte ebenfalls "incriminierte" Stellen, die zum Umsturz von Verfassungen und Regierungen aufrufen würde.
Siebenpfeiffer will sich darüber erst in seiner Verteidigungsrede äußern. Er habe nur "angeraten, dass "wenn es Not tue, die Waffen zur Verteidigung der Rechte des Volkes zu ergreifen." Der Gerichtspräsident beharrt trotzdem darauf, dass hier eindeutig zum Umsturz aufgerufen worden sei.
Der Präsident sieht in den "Hambacher Lieder", wie "Auf, Auf Patrioten" und "Was blinkt vom Berg hernieder" "incriminierte" Inhalte, die ein Verbot rechtfertigen. Siebenpfeiffer verweist darauf, dass die erste Strophe (des erstgenannten Liedes) nicht in der Anklage aufgeführt sei. Er will den Behörden "das Vergnügen nicht rauben, daraus Anklagepunkte zu konstruieren" und bemerkt, "der Dichter denke nicht ans Strafgesetzbuch."
Verlesung von "Deutschlands Wiedergeburt", worauf Siebenpfeiffer einwirft, dass diese Aufsätze schon lange veröffentlicht seien und bestätigt die Autorenschaft.
Auf den Vorwurf, dass hier "Provocationen" zum Umsturz enthalten seien, entgegnet Siebenpfeiffer, dass nur die "sittliche Ausbildung" Zweck seiner Schriften sei. Auch wenn er dem Volk das Recht auf Anwendung von Waffengewalt zuspricht, insistiert er gleichzeitig, dass er Gewalt ablehne. Verlesung weiterer Aufsätze.

Verlesung der Schriften von Pfarrer Hochdörfer.

Nachtrag zur Sitzung vom 2. August
Siebenpfeiffer freut sich über Erfolg seiner Beschwerde gegen die Soldaten, die ihn bewachen (Beschwerden vom 1. August bzgl. Behandlung im Zweibrücker Arresthaus bzw. durch das Militär in Landau).

Material/Technik

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Maße

Breite/Länge: 23,5 cm; Höhe: 21 cm; Tiefe: 0,5 cm

Abschrift

Original: Deutsch

Tags - Neuigkeiten, während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau. Landau, den 6. August 1833. Sitzung vom 5. August 1833. Eröffnung Morgens 8 Uhr. Der Hr. Assisenpräsident hebt die besondern Stellen der gestern verlesenen Aufsätze hervor, auf welche die Anklage gegründet ist. Auf Befragen erwiedert der Angeklagte Hr. Dr. Wirth: daß er der Verfasser dieser Schriften sey, sich aber aller weitern Erwiederung darauf enthalte, weil solche in seiner Vertheidigung vorkommen werde, und weil sonst auch das Ganze dadurch zu sehr zerstückelt würde. Der Hr. Präsident verordnet hierauf die Verlesung der Rede des Hrn. Dr. Siebenpfeiffer, welche dieser in Wilhelmsbad bei Hanau halten wollte, woran er jedoch durch seine Verhaftnehmung verhindert worden ist. Auch in dieser Rede sind einige Stellen, als zum direkten Umsturz der Verfassungen und Regierungen aufreizend, incriminiert. Hr. Dr. Siebenpfeiffer. In seiner Vertheidigung werde er sich darüber erklären. Die Hrn. Geschworenen würden sich alsdann wundern, wie man aus diesen Stellen einen Anklagepunkt habe herleiten können. Er habe blos angerathen, wenn es Noth thue, die Waffen zur Vertheidigung der Rechte des Volkes zu ergreifen, aber nicht zum unmittelbaren Angriffe. Hr. Präsident. Seite 60 und 61 enthaltend nach der Anklage ebenfalls Aufforderung zum direkten Umstürze. Hr. Dr. Siebenpfeiffer. Hierauf habe er nichts zu bemerken; denn über diese Rede den Hrn. Geschwornen etwas sagen zu wollen, hieße ihrem Verstände Schmach anthun. Der Hr. Präsident erklärt sofort, daß auch die Lieder: „Auf auf Patrioten! und was blinkt vom Berg hernieder" incriminiert seyen. Wegen dieses Liedes ersucht Hr. Dr. Siebenpfeiffer die Hrn. Geschwornen, die erste Strophe desselben wohl zu beachten, weil selbe in dem Anklageakt ausgelassen worden. Er wolle übrigens der k. Staatsbehörde das Vergnügen nicht rauben, aus diesen Liedern Punkte zur Anklage zu ziehen; denn der Dichter eines Liedes denke nicht an das Strafgesetzbuch! Der Hr. Assisenpräsident verordnet die Vorlesung des Aufsatzes: „Deutschlands Wiedergeburt." Hr. Dr. Siebenpfeiffer. Die gestern und heute abgelesenen Aussätze seyen alle weit früher schon in dem Westboten enthalten gewesen; er bitte daher die Hrn. Geschwornen, diesen Zeitpunkt nicht ausser Acht zu lassen. Um halb 11 Uhr Pause, um 11 Uhr Fortsetzung. Von dem Hrn. Assisenpräsidenten befragt, ob er der Verfasser dieses Aussatzes sey, erwiedert Hr. Dr. Sieben-pfeiffer: ja. Hr. Präsident. Auch von diesem Aufsatze wird behauptet, daß er eine direkte Provocation zum Umsturze der Regierungen enthalte. Was sagen Sie dazu? Hr. Dr. Siebenpfeiffer. Mein Hauptgedanke war, nur aus dem Wege der sittlichen Ausbildung des Volks meinen Zweck zu erreichen (jedoch vindicire ich dabei den Völkern ausdrücklich das Recht, diesen Zweck auch mit Gewalt der Waffen zu erreichen;) um dieses näher zu erläutern, erlaube man mir , aus einem noch nicht herausgegebenen Werke einige Stellen vorzutragen, woraus ganz deutlich zu ersehen ist, daß ich die Gewalt der Waffen nicht wollte, weil es nicht im Charakter des 19. Jahrhunderts liegt. Er ließt hierauf einige Stellen vor, welche nur sittliche Erhebung des Volks u. dgl. zum Gegenstände haben. Hr. Präsident verordnet die Vorlesung der Aufsätze in Nro. 56 und 57 des Westboten, überschrieben: „Nassau und Rheinpreußen." Worauf Hr. Dr. Siebenpfeiffer erklärt, daß er alle Verantwortlichkeit in Betreff der beiden Artikel übernehme. Hr. Präsident. Dieses sind nun die Punkte, welche die Anklage gegen Sie begründen sollen. Hr. Präsident verordnet nun die Vorlesung der Schriften des Angeklagten Hrn. Pfr. Hochdörfer. Es werden verlesen: Nro. 1 des Bücherfreundes, enthaltend: des Deutschen Pflicht gegen sein Volk und Vaterland. Nro. 2 desselben Blattes: Zuruf an die Soldaten der bayerischen Armee. Nro. 4: die Früchte vom 27. Mai, und das Verfahren der französischen Regierung gegen die Polen. Nachtrag zur Sitzung des 2. August. Hr. Dr. Siebenpfeiffer. Es gereiche ihm zum großen Vergnügen, erklären zu können, daß ihre gestrigen Beschwerden gegen das Militär berücksichtigt worden seyen, und daß der k. Stadt- und Festungskommandant, Herr Generallieutenant v. Braunn, der in dem Bezirksarresthause postirten Wache minder strenge Instruktionen ertheilt habe. In der Sitzung vom 1. August, gelegenheitlich der Deposition des Gefängniswärter Wener von Zweibrücken, und der von Seite der Angeklagten vorgebrachten Beschwerden wegen ihrer Behandlung in dortigem Arresthause, erhoben sich auch Beschwerden gegen das hiesige Militär. Es hieß nämlich, daß sich Fälle ereigneten, wo man den Vorübergehenden nicht allein das Grüßen, sondern sogar das Hinaussehen nach den Fenstern der von den Angeklagten bewohnten Zimmer verbieten wollte. Diese Beschwerden mochten wohl zur Kenntniß des k. Hrn. Commandanten gelangt seyn, welcher denselben sogleich, wie aus der Erklärung des Hrn. Dr. Siebenpfeiffer erhellt, mit gewohnter Berücksichtigung aller gegründeten Einreden, begegnete. Aus dem Andrange des Publikums läßt sich aus die täglich wachsende Theilnahme desselben an dieser großen politischen Verhandlung schließen. Der Assisensaal wird jedesmal eine Stunde vor Anfang der Verhandlungen geöffnet, aber kaum sind fünf Minuten verflossen, so find auch schon alle Räume desselben mit Menschen angefüllt. Vom 4. auf den 5. August waren über Nacht 110 Personen. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Carl Georges.

Literatur

  • Dr. Britta Hallmann-Preuß, Georg Karl Rings, Dr. Fritz Schumann (2009): Johannes Fitz - genannt der Rote. Bad Dürkheim
  • Herausgeber Kulturministerium Rheinland-Pfalz (1982): Hambacher Fest 1832-1982. Neustadt an der Weinstraße
  • Hrsg. Kultusministerium Rheinland-Pfalz (1990): Hambacher Fest 1832 Freiheit und Einheit - Deutschland und Europa (Katalog zur Dauerausstellung). Neustadt an der Weinstraße
  • Kurt Baumann Hrsg. (1982): Das Hambacher Fest - 27. Mai - Männer und Ideen. Speyer
Karte
Veröffentlicht Veröffentlicht
1833
Landau in der Pfalz
Wurde erwähnt Wurde erwähnt
1833
Assisenhof Landau
Landau in der Pfalz
1832 1835
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.