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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0068/07]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202111/17142507692.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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"Tags-Neuigkeiten No. 11; 4. August 1833

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Beschreibung

Bröschüre / Zeitung: "Tags-Neuigkeiten No. 11 während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau." Landau 4. August 1833, 4 Seiten.

In den "Tags-Neuigkeiten" wurde beinahe "tagesaktuell" über die Schwurgerichtsverhandlungen gegen die Hauptakteure des Hambacher Festes 1832 am Assisenhof in Landau 1833 berichtet.

Sizung 3. August
Fortsetzung der Zeugenvernehmung

Bürgermeister Caspar aus Alsenborn berichtet über "Not der ärmeren Klassen" durch Anstieg der Lebensmittelpreise und von Unterstützung durch Gemeindekasse. Rückkehrer vom Hambacher Fest hätten Geld gefordert und dies mit "es sey Freiheit" begründet, da die Redner beim Fest verkündet hätten, "dass es keines Vorstandes oder Gerichts mehr bedürfe".
Bürgermeister Jakob aus Enkenbach wurde nach Setzen eines Freiheitsbaums in Alsenborn aufgefordert die Verhältnisse im Gemeinschaftswald zu klären, "da keine Förster mehr gebraucht würden."
Der Gendarme Schmidt aus Rehborn erzählt, dass 40 Leute aus Kaiserslautern die Räumung der Kohlhepp´schen Druckerei (KL)verhindern wollten. Anwalt Culmann erwidert, dass die Besetzung der Druckerei eine Verletzung des Hausrechts bedeutete, wogegen sogar der Stadtrat protestierte.
Pfarrer Hochdörfer beschwert sich, dass versucht würde "zu suggerieren, dass in Hambach Anarchie gepredigt wurde." Beim Hambacher Fest seien Wahrheiten verkündet worden, die missverstanden werden konnten.
Wirth dazu: "Dem anbrechenden Lichte setzt man das Gespenst der Anarchie entgegen."
Vernehmung von Entlastungszeugen.
Diesen zufolge hätten die Reden einen guten Eindruck hinterlassen. Es war "allgemeine brüderliche Annäherung" und "größte Ruhe und Ordnung" zu bemerken.
Der Friedensrichter Klein aus Winnweiler berichte über seine Kontakte zu dem Angeklagten Hochdörfer, der allgemein geachtet sei. Dieser habe ihm vom Zweck des Preßvereins überzeugt. Die Reden während des Hambacher Festes machten ihm zufolge einen "guten Eindruck auf die Volksmenge."
Anwalt Jacob aus Landau bemerkt, dass die Reden anscheinend "viel Wahres und Ergreifendes" beinhaltet hätten und er eine "nie gesehene Einigkeit und Verbrüderung" wahrnahm. Bei der sog "Schießhausversammlun" am Abend des 27. Mai, habe Siebenpfeiffer "auf gesetzlichen Wegen bestanden."
Anträge von Wirth, seine Schriften persönlich zu verlesen, was abgelehnt wird.
Verlesung der Rede Siebenpfeiffers.

Material/Technik

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Maße

Breite/Länge: 23,5 cm; Höhe: 21 cm; Tiefe: 0,5 cm

Abschrift

Original: Deutsch

Tags - Neuigkeiten, während den Verhandlungen in der politischen Untersuchung vor dem Assisengerichte in Landau. Nro 11. Landau, den 4. August 1833. Sitzung vom 3. August 1833. (Fortsetzung der Zeugenvernahme.) Herr Caspar, Bürgermeister zu Alsenborn. Bei den ärmern Klassen sey vor dem Feste schon Noth wegen Theuerung gewesen, und solche seyen bis zu diesem Feste aus der Gemeindekasse unterstützt worden. Von diesem Feste zurückgekommen, haben sie ihm erklärt, er, Zeuge, müsse thuen jedem 20 fl. geben. Als er ihnen dagegen Vorstellungen machte, haben sie so arg getobt, daß er deshalb seiner Bericht an die höhere Behörde gestellt habe. Sie sagten ihm ferner, daß Herren auf dem Hambacher Schlosse gesagt hätten, es bedürfe keines Vorstandes und keines Gerichtes mehr, es sey Freiheit. Er habe ihnen darauf gesagt: Leute wartet ab, kommt es gut, so genießen wir es zusammen, kommt es aber nicht besser, nun, so laßt uns Gott danken, unter einer so guten Regierung zu stehen. Bei der Setzung des Freiheitsbaums sey er nicht zugegen gewesen. Die andern Zeugen von Alsenborn deponieren im Wesentlichen dasselbe. Hr. Fried. Jakob, Bürgermeister zu Enkenbach. Als in Alsenborn ein Freiheitsbaum gesetzt war, sey jemand von dort zu ihm gekommen, und habe ihn eingeladen, nach Alsenborn zu kommen, um die Verhältnisse wegen des gemeinschaftlichen Waldes auseinander zu setzen, denn sie brauchten keinen Förster mehr. Er habe sie aber zur Ruhe und Ordnung verwiesen. Auch in Enkenbach sey ein solcher Baum gesetzt worden, aber in aller Ruhe und Stille, und er, Zeuge, habe zu den Ortseinwohnern gesagt: wenn der Baum für die Armen Brod und Kartoffeln bringt, so will ich noch einen hinzusetzen. Hr. Schmidt, Gensdarme zu Nehborn. Als die Kohl-hepp'sche Druckerei geräumt werden sollte, seyen etwa 40 Bürger aus Kaiserslautern gekommen, und hätten erklärt, sie würden keine Gewalt an ihrem Mitbürger dulden. Die Gendarmen hätten nun zwei Wahlen, entweder ruhig zu bleiben oder ihnen die Presse zu überlassen. Hr. Anwalt Culmann jun. Es geschah durch Besetzung der Kohlhepp'schen Druckerei durch Gendarmerie eine Verletzung des Hausrechts. Dagegen habe der Stadtrath zu Kaiserslautern protestirt, aber vergebens, und so geschah es denn, daß endlich Bürger von Kaiserslautern die Gendarmen austrieben, und das war Recht. Hr. Anwalt Culmann sen. Um das Gesetz nicht zu verletzen, weil dieses das Eindringen zur Nachtzeit in ein Haus verbietet, schickte man die Gendarmen bei Tag hinein, und liest sie bei Nacht darin, und so konnte man doch nicht sagen, daß sie bei Nachtzeit eingedrungen!! Hr. Bürgermeister Erlmann zu Frankenstein. Er wisse nichts, und was er sagen könne, sey blos von Hörensagen. Hr. Joh. Koppenhöfer von dort. Er sah die Hambacher Festleute durchreisen, und Hr. Dr. Wirth der geritten sey, sey die Reitgerte gefallen, Er, Zeuge, habe sie ihm ausgehoben. Hr. Dr. Wirth habe gedankt, den Hut abgezogen, und sey fortgeritten. Hr. Pfr. Hochdörfer. Man giebt sich unsägliche Mühe, glauben zu machen, als sey in Hambach Anarchie gepredigt worden. Er gebe wohl zu, daß die hohen und heiligen Ideen, die man dort verkündete, mißverstanden worden, und daß sogar schlechte Menschen sie als Deckmantel ihrer Schlechtigkeiten gebraucht, und wo ist eine Wahrheit die nicht mißverstanden worden sey. So verhielt es sich auch mit dem Christenthum, d. h. seinem erhabenen Stifter. Als er seine Lehre verkündete, sagte einer: er ist ein Besessener, ein anderer: er ist ein Sünder, ein dritter: er ist ein Gotteslästerer; endlich, als man ihm nichts dadurch anhaben konnte, sagte man: er ist ein Rebeller, und man brächte ihn auf diese Weise an den Marterpfahl. So ging es auch als im 15. und 16. Jahrhundert das Licht der Reformation zu schimmern begann, und doch wurden jene heiligen Wahrheiten mißverstanden, als sie kaum entstanden waren, und gaben zu so vielen und traurigen Abschweifungen Anlaß. Auch wir haben aus dem Hambacher Schlosse Wahrheiten gepredigt, aber auch diese Wahrheiten können mißverstanden worden seyn. Ich, meine Herren, habe zu viel Achtung für Sie, als daß ich daran denken sollte, nöthig zu haben, uns vor Ihnen deshalb zu rechtfertigen. Hr. Dr. Wirth. Dem anbrechenden Lichte setzt man das Gespenst der Anarchie entgegen; aber die Herren Geschwornen mögen nur bis, zur allgemeinen Vertheidigung warten, dann würden sie, die Angeklagten, darthun, wie nöthig dieses Gespenst sey. Entlastungszeugen. Hr. Friedr. Jakob Schneider, Bierbrauer zu Landau. Er finde, daß die Reden, so wie sie gehalten worden, abgedruckt seyen. Er habe die der Hrn. Dr. Wirth, Siebenpfeiffer und Hallauer gehört, welche alle einen sehr guten Eindruck auf das Volk hervorgebracht hätten. Hr. Conditor Drück zu Landau habe die Reden der Herren Dr. Wirth, Siebenpfeiffer, Adv. Hallauer u. Brüggemann gehört, er sagt im Wesentlichen dasselbe, wie voriger Zeuge. Hr. Schlink, Pharmazeut zu Frankenthal. Er habe zwar nichts von den Rede» genau gehört, wegen des Gedränges; aber er habe gesehen, daß selbe eine außerordentliche Freude bei der Menge hervorgebracht hätten. Diese Freude schreibe er auch zum Theil der Zurücknahme des frühern Verbots des Festes zu. Es habe eine allgemeine brüderliche Annäherung statt gefunden, und sey die größte Ruh« und Ordnung beobachtet worden. Hr. Zöller, Kaufmann zu Frankenthal. Er habe di« Reden der Hrn. Dr. Hepp, Siebenpfeiffer, Wirth und Hollauer gehört, und die höchste Einigkeit unter den Anwesenden bemerkt. Hr. Riehl, Gastwirth zu Frankenthal. Er habe keine Rede zu Hambach vollständig gehört. Er als Mitglied deS Preßvereins, sey bei den Frankenthaler Unruhen mit andern Mitgliedern dieses Vereins aufgefordert worden, zur Herstellung der Ordnung zu wirken. Was auch geschehen. Sämmtliche Hrn. Zeugen aus Frankenthal ertheilen dem Angeklagten, Hrn. Becker das ehrenvolle Zeugniß, daß er stets ein braver emsiger Bürger und guter Familienvater gewesen sey. Hr. Friedensrichter Klein, vormals in Winnweiler. Er sey zur Zeit des Hambacher Festes in Winnweiler gewesen, und Hr. Pfr. Hochdörfer habe ihm oft seine. Ansichten über den Verein mitgetheilt, welche so waren, daß jeder rechtliche Mann ohne Anstand sie theilen konnte, ja, daß ihm der Beitritt sogar zur Pflicht ward, er selbst sey Mitglied gewesen. Der Zweck deS Vereins war: Aufklärung des Volkes, Volksbildung durch Schriften, überhaupt um die niedern VolkS-klassen für die wahre Menschen- und Bürgerwürde empfänglich zu machen. Hr. Pfr. Hochdörfer sey stets allgemein geachtet gewesen, und gleich einem Donnerschlag habe auf die Bewohner Sembachs und der Umgegend die Nachricht von seiner Arrestation gewirkt. Er sey auch selbst in Hambach gewesen, und habe bemerkt, daß die dort gehaltenen Reden den beste» Eindruck auf die Volksmenge machten. Hr. Anwalt Jacob zu Landau. Er sey aus Hambach gewesen, konnte aber wegen des Gedränges keine Rede hören; er schließe aber aus der Wirkung, welche diese Reden bei der zahllosen Menge hervorgebracht haben, daß sehr viel Wahres, Ergreifendes darin gelegen seyn müßte. Es habe hier eine noch nie gesehene Einigkeit und Verbrüderung statt gehabt. Auf dem Schießhause habe er gar nichts gehört, als die deutlichen Worte des Hrn. Dr. Siebenpfeiffer: Man müsse alles auf gesetzlichen Wegen zu erlangen suchen. Um halb 11 Uhr zieht sich das Gericht zurück und tritt um 1/4 nach 11 Uhr wieder in den Saal. Hr. L. Schneider trägt für Hrn. Dr. Wirth daraus an: daß es dem Gerichte gefalle, dem Hrn. Dr. Wirth zu gestatten, daß er seine Schriften selbst vorlese, weil nur von ihm selbst der Sinn seiner Schriften so gegeben werden könne, wie er sey. Hr. Generalproenrator. Nach den gesetzlichen Bestimmungen hat der Gerichtsschreiber alleine die Akten u. dgl. zu verlesen. Das Gericht zieht sich zur Berathung zurück, und, wieder eingetreten, erläßt es ein Urtheil, wodurch es den von Hrn. Dr. Wirth gestellten Antrag verwirft und die Fortsetzung der Verhandlungen verordnet. Vorlesung der Rede des Hrn. Dr. Siebenpfeiffer, welche dieser als die von ihm gehaltene erkennt. Der Hr. Präsident. Resumirt dem Angeklagten den Inhalt der Rede nach ihren Hauptmomenten. Hr. Dr. Siebenpfeiffer spricht seine Grundsätze in wenigen Worten aus; und erklärt, daß er sich deren ausführlichern Entwicklung für seine Vertheidigungsrede Vorbehalte. (Beschluß folgt.) Vom 2. auf den 3. August waren über Nacht 115 Personen. ____________ Errata in Nro. 7. Das Loos trifft die Herren Neckerauer von Großkarlbach, Landkommissariat Frankenthal. Georg Klein von Dörrenbach, Landkommissariat Kirchheimbolanden. In Nro. 8.: Auf die Anfrage an den ersten Zeugen Hrn. Landkommissär von Pölnitz, wegen anonymer Druckschriften, hat derselbe erklärt, eine solche Zuschrift erhalten zu haben, statt keine erhalten zu haben. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Carl Georges.

Literatur

  • Dr. Britta Hallmann-Preuß, Georg Karl Rings, Dr. Fritz Schumann (2009): Johannes Fitz - genannt der Rote. Bad Dürkheim
  • Herausgeber Kulturministerium Rheinland-Pfalz (1982): Hambacher Fest 1832-1982. Neustadt an der Weinstraße
  • Hrsg. Kultusministerium Rheinland-Pfalz (1990): Hambacher Fest 1832 Freiheit und Einheit - Deutschland und Europa (Katalog zur Dauerausstellung). Neustadt an der Weinstraße
  • Kurt Baumann Hrsg. (1982): Das Hambacher Fest - 27. Mai - Männer und Ideen. Speyer
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Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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