Die Ansicht der Thomaskirche in Straßburg ist Blatt Nr. 10 einer insgesamt 24 Blätter umfassenden Serie mit Ortsansichten des aus Prag stammenden Zeichners und Kupferstechers Wenzel Hollar (1607-1677). Die Serie wurde unter dem Titel "Amoenissimae aliquot locorum in diversis provinciis iacentium effigies" bei Abraham Hogenberg (1578-1653) verlegt. Die Vorlagen zu den Stichen entstanden wahrscheinlich schon um 1630, als Hollar sich eine Zeit lang unter anderem in Straßburg, Mainz und Koblenz aufhielt. Der vorliegende Stich zeigt die damals noch weitgehend unverbaute Sicht auf die Thomaskirche vom südlich vorbeifließenden Kanal der Ill aus. Heute wird der Blick auf die Kirche vom zugehörigen Thomasstift ("Le Stift") verdeckt, einem 1772 durch den Straßburger Stadtarchitekten Samuel Werner (1720-1775) im Stil des Klassizismus errichteten Gebäude. Die Thomaskirche ist eine der ältesten fünfschiffigen Hallenkirchen und eine der bedeutendsten protestantischen Kirchen der Region. Im 16. Jh. predigte dort der elsässische Reformator Martin Bucer (1491-1551) und selbst nach der Annexion Straßburgs durch das katholische Frankreich im 17. Jh. konnten Kirche und Stift (anders als beispielsweise das Straßburger Münster) ihren Status als lutherische Institution behaupten. [Johanna Kätzel]
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