Dieses Poesiealbum führte Johanna Schug aus Kastellaun als junges Schulmädchen. Auf den Seiten sind u.a. Eintragungen ihrer jüdischen Mitschülerinnen und Freunde aus Kastellaun zu finden. Darunter auch die Worte ihrer Mitschülerin Ruth Seligmann, die da lauten:
Lerne leiden ohne zu klagen. / Diese wenigen Zeilen beherzige / Deine Mitschülerin Ruth Seligmann / Castellaun den 8.3.1933
Ruth Seligmann wurde 1920 in Kastellaun geboren und ist die jüngste Tochter von Heinrich Seligmann und seiner aus Bruttig an der Mosel stammenden Frau Johanna, geb. Hirsch. Sie hatten vier weitere Kinder: Elfriede, Hertha (1910), Kurt und Hans.
Die Eltern erwarben 1919 ein Fachwerkhaus in der Marktstraße in Kastellaun, in dem sie ein Schuhgeschäft mit Werkstatt eröffneten, das sich bald zu einem der größten Schuhgeschäfte im gesamten Hunsrück entwickelte. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten richteten sich die Boykotte jüdischer Geschäfte auch gegen das Schuhhaus Seligmann. Diese und die zunehmende Konkurrenz zwangen die Seligmanns das Geschäft aufzugeben. 1935 verzog die Familie nach Vallendar zu den Schwiegereltern der ältesten Tochter.
Ruth Seligmann gelang die Ausreise mit einem vom Internationalen Roten Kreuz organisierten Kindertransport nach England. Sie heiratete dort einen aus Polen stammenden Mann, mit dem sie später in die USA auswanderte.
Auch ihre Geschwister Elfriede, Hans und Kurt konnten sich ins Ausland retten und überlebten so den Holocaust. Ihr Vater verblieb bei der Schwester Hertha und deren Familie in Deutschland. Im März 1942 wurden sie mit einem Transport aus Koblenz in das Ghetto Izbica deportiert, von wo sie ihre letzte Nachricht sendeten, dass sie dort „alle zusammen“ seien.
In Johanna Schugs Poesiealbum finden sich weitere Beiträge von jüdischen Mitschülern oder Freunden aus dem Jahr 1933. Nach ihrem Tod 2019 übergab Familie Kramb aus Kastellaun das Album dem Förderkreis Synagoge Laufersweiler e.V.
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