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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0072]
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Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Schrift: "Gerecht und beharrlich" von Dr. Siebenpfeiffer; Zweibrücken, 1831

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Beschreibung

Schrift: "Gerecht und beharrlich"; 17 Seiten; von Dr. Siebenpfeiffer; Zweibrücken, 1. März 1831. Diese "unentgeltliche Beigabe" der Zeitschrift Rheinbayern kann als eine Art "Verteidigungsschrift" Siebenpfeiffers interpretiert werden. Anlass ist seine Versetzung als "Landcommissär" von Homburg.

Material/Technik

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Maße

Breite/Länge: 11 cm; Höhe: 17 cm; Tiefe: 0,1 cm

Abschrift

Original: Deutsch

Gerecht und beharrlich! ____________________ Eine unentgeltliche Beigabe zur Zeitschrift Rheinbayern. ____________________ 1 Gerecht und beharrlich. ____________________ Der Herausgeber dieser Zeitschrift hat bisher die verehrten Leser nicht mit seiner Persönlichkeit behelligen mögen. Nur einige Andeutungen hat er sich erlaubt, und selbst diese mehr in Beziehung auf das jetzt bei uns herrschende Regierungssystem, als auf ihn selbst. Der häufigen Anfragen und Aufforderungen, die ihm von allen Seiten zukamen, ungeachtet, und wie schmerzlich es ihm war, als undankbar zu erscheinen gegen so viele und ausgezeichnete Beweise herzlicher Theilnahme, hat er doch bis jetzt geschwiegen, selbst den mehr als unzarten Angriff im ministeriellen Blatte, das Inland, hat er unbeantwortet gelassen. Der Hauptbeweggrund ruhte in der Ansicht, daß ein solches Regierungssystem unmöglich sich lang aufrecht erhalten, somit mir der Schmerz und der Welt das betrübende Schauspiel erspart werden könne, daß ein Beamter, dem die Regierung so oft und so laut das ehrendste Zeugniß der Anerkennung gab, mit dieser Regierung selbst öffentlich hadere. Diese Hoffnung ist leider verschwunden. Jenes System entwickelt sich täglich mehr; die brutale Gewalt, welche mich von dem Ehrenamte eines Landcommissärs, nach fünfzehnjähriger treuer Dienstführung in ähnlichen und höhern Aemtern, in eine Zuchthausanstalt verstoßen wollte, hat einen andern im Staatsdienst ergrauten Staatsbeamten öffentlich mit Schmach überhäuft; hat mehrere freimüthige Schriftsteller aus dem Lande verjagt; hat die freien Wahlen verschiedener Wahlbezirke, und die ohnehin gefesselte Presse vernichtet, und wird sich beim bevorstehenden Landtag nicht minder in ihrer armen Furchtbarkeit bloßstellen. Allerdings würde ich ins Zuchthaus gehören, nicht als 2 Vorstand der Anstalt, sondern zur gerechten Strafe, wär' ich, wofür zwei Minister, selbst mit Mißbrauch des königlichen Namens, Herrn Hoffmann und mich erklärten: ein Revolutionär, ein Hochverräther. Die öffentliche Meinung und der Erfolg der Begebenheiten werden entscheiden, auf welcher Seite der Hochverrath; ob auf Seite derer, die dem schwindelnden Despotism den Abgrund zeigten, worauf er zustürmt, oder auf Seite derer, die ihm das Auge verbinden, vielmehr selbst ihre Winzigkeit zum Despotismus aufblähen, die öffentliche Meinung, vielleicht auch die Deputirtenkammer, wird richten, inwiefern es Ministern, also Vewaltungsbeamten, zukomme, andere Beamten, ohne richterliche Untersuchung und Urtheil, öffentlich als Hochverräther zu brandmarken. Und worin besteht dieser Hochverrat? Das erste Heft, mitten in den Schreckensszenen des stürmischen Septembers, am Fackelscheine auflodernder Fürstenschlösser, Mauth- und Steuerregister geschrieben, beschwor, die Hände flehentlich emporhebend, die Fürsten, den Druck ihrer Völker zu lindern, damit solche Greuelauftritte sich nicht weiter verbreiten möchten. Oeffentliche Blätter *) haben diese Stelle für ein Meisterstück erklärt; was ist natürlicher, als daß man den Verfasser, den Freund der Wahrheit, des Throns und des Vaterlandes, den Freund der Freiheit und gesetzlichen Ordnung, ins Zuchthaus sendet? Die Frage drängt sich indeß auf: Was konnte der Minister bezwecken wollen ? Hoffte er, daß auch ich „Reue" und Buße üben würde? oder glaubte er wirklich, daß ich die Stelle eines Zuchthausverwalters in Caisheim annähme? oder erwartete er, daß ich die Entlassung gäbe? Herr Schenk, Minister eines Landes, wo man ____________________ *) S. z. B. politische Annalen. 3 Hundsthaler prägt und die Deputirten damit bezahlt, nach seinem eignen Maßstabe mich beurtheilend, erwartete ohne allen Zweifel, daß ich in hündischer Unterwerfung dankbar die schlagende Hand küssen würde; er hat sich geirrt. Gefaßt auf jeden Gewaltstreich und nicht geneigt, ein willenloses Werkzeug einer Staatsverwaltung zu seyn, die selbst nicht weiß was sie will, war ich zum voraus entschlossen, meine Entlassung zu geben, und hier meine, jedoch nicht abgesendete, Eingabe an die Staatsregierung. Homburg, den 7. Dezember 1830 Eure Majestät! „Ein allerhöchstes Rescript vom 29. vorigen Monats versetzt mich als Vorstand der dortigen Zwangsarbeitsanstalt „nach Caisheim und droht zugleich mit unangenehmen Maß- „regeln, wenn ich nicht sofort mich dahin begäbe. Diese „Verfügung ist gnädig in Betracht des Zorns der ministe- „riellen Ungnade, von der sie ausgeht; sie ist rasch, aber „nicht überraschend, weil die Leidenschaft sich keine Zeit zur „Ueberlegung zu nehmen pflegt; sie ist weise, wenn es weise „ist, einen Mann, in welchem das Volk einen eben so war- „men Anhänger der Regierung als muthigen Vertheidiger „seiner eigenen Interessen sieht, erniedrigen zu wollen; sie „ist gerecht, wenn ein Schriftsteller, der in der Stunde höch- „ster Gefahr das Mittel anzeigt, ihr zu begegnen, strafbar „ist: man hat Eure königl. Majestät getäuscht — ich beklage „mich nicht; ich beklage nur diejenigen, die hiedurch einen „Geist verrathen, der die drohende Gefahr des Throns und „des Vaterlandes wirklich zu machen strebt. Die Maßregel „ist zwar gesetzwidrig, aber ich vermag es nicht über mich, „das Schauspiel einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu „veranlassen, wo ein Beamter seinem Könige gegenüber steht 4 „Aber unterwerfen kann ich mich auch nicht, und Eure Ma- „jestät selbst müßten den Diener verachten, der sich eine „solche Erniedrigung gefallen ließe. Das Vertrauen der „Regierung hab' ich verloren, und so eracht' ich mich unfähig, „auch die geringste Stelle zu bekleiden: darum lös' ich das „hemmende Gesetz in Beziehung auf mich, und stelle Eurer „königl. Majestät die Verstoßung des Dieners anheim, reich- „liche Entschädigung findend in der Achtung des Landes, „dessen Wohlfahrt ich zu vertheidigen gewagt, und der Zeit „vertrauend, die allein entscheiden kann, ob die Zeitschrift „Rheinbayern oder das „Jesuitengemunkel" es wohl meint „mit König und Vaterland." Auch nahm ich am 10. Dezember Abschied von den Vorstehern meines Amtsbezirks, wie folgt: „An die Herren Bürgermeister und Adjunkten des Landcommissariats Homburg. Von dem Amt abberufen, das ich seit 13 Jahren bekleidete, konnte mir nichts ehrenvoller seyn, als das einstimmige Zeugniß aller Gemeinden durch den Mund ihrer saelbstgewählten Vorsteher. Wenn ich solches auch nicht auf das beziehe, was ich in dem gebündelten, engen Wirkungskreise vollbracht, weil das Gute, das Sie meiner Verwaltung nachrühmen, nur durch Ihre vertrauensvolle und eifrige Mitwirkung gelingen konnte; so darf ich nur desto mehr eine unverfälschte Anerkennung meiner Absichten und Bestrebungen darin finden: es beweist, daß Sie unmöglich an der Reinheit der Gesinnungen des Mannes zweifeln konnten, der während seiner ganzen Amtsführung, überall, und oft mit eiserner Strenge, auf Beobachtung der Gesetze drang, der im Gemeindehaushalt nicht die mindeste Unordnung duldete, und selbst geringe Versehen der Verwaltung schonungslos 5 rügte, und dem Sie gleichwohl einhellig ein so lautes Zeugniß Ihrer Liebe und Achtung geben. Empfangen Sie meinen gerührten Dank und versichern Sie dessen auch die übrigen Bewohner für das mir bewiesene Vertrauen — ich werde es niemals vergessen. Ich habe das Vertrauen des Königs verloren, aber nicht das meiner Mitbürger; unser Amtsverhältniß ist aufgelöst, aber nicht das unsrer Herzen. Darum verschmähen Sie wohl auch nicht die letzte Bitte, den letzten Nach Ihres ehemaligen Obern, Ihres immerwährenden Freundes: fahren Sie fort in jenen Bestrebungen, die Sie als wohlthätig für Ihre Gemeinden erkannt haben; es ist eine eben so belohnende als ernste Pflicht, Unterricht, Religion und Sittlichkeit zu erheben, alle Anstalten zur Beförderung des Privatwohlstandes und den gesammten Gemeindehaushalt unablässig ins Auge zu fassen. Auf solche Weise werde ich geistig in Ihrer Mitte fortleben. Beharren Sie dabei in unwandelbarer Treue gegen König und Vaterland, in jener Treue, die allezeit der Stolz der Deutschen war, und in unerschütterlicher Bewachung der gesetzlichen Ordnung, ohne welche kein Heil, keine Freiheit denkbar ist. Wohin das Geschick in dieser stürmischen Zeit mich etwa verschlagen möchte, stets und überall werde ich mit Stolz der liebenden Theilnahme mich erinnern, die ich im biedern, freien Rheinkreise gefunden." Von diesem Entschlusse, die Entlassung zugeben, konnte mich die dringendste Abmahnung wohlmeinender Freunde und angesehener Männer nicht abbringen, die meine Familie, den Verlust des Pensionsrechts u. s. w. geltend machten; wohl aber brachte mich davon ab die Bemerkung Anderer, daß meine Sache die Sache aller Beamten sey, die ich somit nicht 6 Preis geben dürfe. Ihrem Verlangen gemäß reichte ich, statt obiger Eingabe, folgende, von ihnen gebilligte Vorstellung ein: Eine königl. Majestät! Laut eines Rescripts der königl. Regierung des Rheinkreises vom 4. dieses Monats sollen E. k. M. meine Versetzung zur Stelle eines Vorstandes der Zwangsarbeitsanstalt in Caisheim zu beschließen geruht haben. Ich habe, in der Stunde des Empfangs, das Amt an den bezeichneten Functionär übergeben, weil die Entziehung der Dienstleistung, auch ohne allen Rechtsgrund, doch der Form nach als gesetzlich angesehen werden kann; gegen die Versetzung selbst aber hab' ich feierlich als verfassungswidrig protestirt. Ich beeile mich, E. k. M. diese Vorstellung und damit, wie ich hoffe, die Rechtfertigung dieser Protestation, soweit die Kürze der Zeit es gestattet, einzureichen. Das Rescript der k. Kreisregierung gibt keinen Grund an: natürlich! was könnte man, ich darf es ohne Furcht der Ruhmredigkeit sagen, meiner Dienstführung vorwerfen? Gleichwohl weiß ich den Grund, und Jedermann wird ihn finden: Es ist meine Theilnahme an der Zeitschrift Rheinbayern, somit eine Handlung des Staatsbürgers, nicht des Staatsbeamten; es handelt sich also nicht von meiner Person allein, die ich willig der Sache, wofür ich den Zorn der Minister auf mich geladen, zum Opfer bringe, sondern es handelt sich von der Ehre der Regierung E. k. M. und der Ausübung eines von Allerhöchstdenselben beschwornen und garantirten verfassungsmäßigen Rechts aller Staatsbürger: denn nirgends steht geschrieben, daß die Civiluniform den Beamten des Staatsbürgerrechts entkleide. Die öffentliche Meinung, jeder einzelne Staatsbürger, 7 wird demnach diese Handlung nach den Gesetzen prüfen und man wird ohne Zweifel sagen: Hat die Zeitschrift Wahrheit geredet, wie kann der Redacteur in den Augen E. l. M. straffällig seyn? Hat sie aber die Wahrheit verletzt, hat sie verläumdet, kurz hat sie irgend ein Gesetz übertreten; so bestehen verfassungsmäßig allen Staatsbürgern, und namentlich den Beamten garantirte Gerichte. Enthält sie Irrthümer, so widerlege man sie und die Wahrheit wird desto ruhmvoller, desto einhelliger erkannt seyn. Die Tendenz der Zeitschrift? Klar wurde jene vor dem Erscheinen ausgesprochen: Nicht Widerstreben gegen die bestehende Ordnung, sondern Andeutung vorhandener Mängel, und Herbeiführung rechtzeitiger Abhülfe auf konstitutionellem Wege, um die gesetzliche Ordnung zu erhalten. Diesen Zweck hat sie gewissenhaft zu erstreben gesucht: sie hat sogar nur leicht heilbare Gebrechen berührt, die unheilbaren, tiefer liegenden, vielleicht aus unzeitiger Schonung verschwiegen; sie hat die tiefaufgeregte Stimmung zu besänftigen gesucht, indem sie auf die schrecklichen Folgen gesetzwidriger Bewegungen und zugleich auf die Weisheit des Königs hinwies, von welcher allein aber auch mit voller Zuversicht Hülfe zu erwarten stehe. Warum, wird man sich fragen, demungeachtet eine Maßregel, die den ganzen Kreis neu aufzuregen geeignet ist? eine Maßregel, die einem unbedeutenden, wohlwollenden Blatte die höchste Wichtigkeit, eine mißfällige Tendenz beilegt? eine Maßregel, die einen unbekannten Landbeamten als Volksmann, einen treuen Diener und Unterthan als Parteimann, einen Bürger, dessen redliche Gesinnung der ganze Kreis achtet, als Märtyrer der Volkssache hinstellt? Blos weil er 8 den Muth hatte, Gebrechen im Staate anzudeuten, welche zu kennen und zu heilen einem fürstlichen Herzen nur wohlthuend , einer weisen Regierung nur erwünscht seyn kann; und welche zu verleugnen nur etwa im Interesse derer liegt, die den Thron umgeben? Warum eine solche Maßregel in solchem gefahrvollen Augenblick, wo den Regierungen nichts nothwendiger ist, als Beamte, welche das volle Vertrauen des Volkes besitzen? Aber nicht blos die Inopportunität, sondern auch die Gesetzwidrigkeit der Maßregel liegt am Tage, wie E. k. M. bei allerhöchsteigener Prüfung nicht verkennen werden. Der §. 13 des Staatsdieneredicts sagt: „Außer dem Fall „eines richterlichen Urtheils hat der definitiv verliehene Diener- „stand und Standesgehalt (§. 2, 3, 4) die unverletzliche „Natur der Dauer auf Lebenszeit." Der §. 19 sagt: „Die „Dienstleistung des Dieners und der Dienstesgehalt sind wider- „ruflicher Natur. Sie können in Folge einer administrativen „Erwägung oder einer organischen Verfügung mit Belassung „des Standesgehalts und des Titels entweder für immer „ mittelst Dimission oder für eine gewisse Zeit mittelst Quies- „zirung benommen werden." §. 20: „Versetzung eines Staats- „dieners kann aus administrativen Rücksichten oder in Folge „organischer Einrichtungen verfügt werden, wenn damit keine „Zurücksetzung in Beziehung auf die Dienstklasse oder „ständigen Gehalt verbunden ist." §. 29: „Alle dem Inhalte „dieses constitutionellen Edicts zuwiderlaufenden Verfügungen „der Administrativstellen, begründen als Civilrechtsverletzun- „gen eine Klage vor dem competenten Richter. Nur muß „vorher die Beschwerde bei den einschlagenden obern Admi- „nistrativbehörden vorgetragen, und entweder die Entschlie- „ßung verzögert, oder die Abhülfe verweigert worden seyn, „ehe das Gericht die Klage annehmen darf." Also unver 9 letzlich ist der Stand des Beamten, seine Dienstklasse, sein Rang, sein Standesgehalt. Welches Gericht wird aber der Ansicht beipflichten, daß der Dienerstand eines Gefängnisaufsehers und der eines Landcommissärs auf gleicher Linie stehen? Dies hat die Regierung E. k. M. selbst gefühlt und darum ist der Titel und Rang eines Polizeicommissärs ertheilt, damit aber nicht die Amtsverrichtung geadelt, sondern ein grausamer Hohn beigefügt, der die Quelle der Maßregel zwar unzweideutig bezeichnet, aber eben darum alle rechtlichen Gemüther nur um so mehr empören muß. Dieses Wenige dürfte hinreichen, um E. k. M. zu überzeugen, daß eine Civilrechtsverletzung vorliegt, somit eine gerichtliche Klage begründet ist. Eine Beschwerde bei obern Administrativstellen findet hier nicht Raum, denn man hat sich nicht gescheut, die Maßregel für einen königl. Beschluß auszugeben. Was E. k. M. zu thun geruhen werden, um die Allerhöchstdenselben aufzubürden versuchte Unwürdigkeit zu ahnden, geziemt mir nicht zu überdenken; aber daß E. k. M. den Diener verachten würden, der einen solchen Schimpf auf sich nähme, dessen bin ich gewiß: Verworfenheit hat keine Treue. Darum vertrau' ich der Weisheit und Gerechtigkeit meines Monarchen. E. k. M. Zugleich erklärte ich der k. Kreisregierung zu Speier: 1) daß ich in der Stunde des Empfangs der allerhöchsten Verfügung das Amt an den einstweiligen Verweser übergeben habe, indem die Maßregel soweit formal als gesetzlich erscheine, daß ich im übrigen gegen dieselbe als verfassungswidrig feierlich protestire, und eine Vorstellung an Se. k. M. einreichen werde; 2) daß ich eine weitere Erklärung erst dann abgeben könne, wenn mir der Minister genannt seyn werde, der durch Gegenzeichnung die Verantwortlichkeit auf 10 sich genommen: 3) daß ich nicht um meiner, sondern der Regierung selbst willen wünsche, daß vorerst alles Aufsehen vermieden werde, indem es keines Zwanges bedürfe, um mich gesetzlichen Verfügungen zu unterwerfen; und 4) daß ich in Absicht auf die am Schlusse gedrohten „unangenehmen Maßregeln" die gesetzlichen gefaßt erwarte, gegen ungesetzliche aber die Gerichte Schutz bieten. Die Kreisregierung berichtete dies am 15. Dezember nach München, und ehe noch meine Vorstellung an den König dort eingetroffen war, rescribirte der Minister des Innern am 25. Dezember, daß dieselbe keine Berücksichtigung zu erwarten habe, und daß, im Falle längern Aufschubs Se. Majestät sich veranlaßt sehen dürften, diese Zögerung als „Verweigerung des pflichtschuldigen Gehorsams eines Staatsdieners zu betrachten und in: gesetzlichen Wege ahnden zu lassen". „So kann nur ein frommer Held sich, „Kann nur Herr von Schenk — sich rächen." Aus Schenks Belisar. Wenn: somit ein: Staatsdiener gegen eine verfassungswidrige Rechtsverletzung Vorstellung macht, so ist dies in den Augen des Ministers von Schenk Verweigerung pflichtschuldigen Gehorsams! Am 31. Dezember gab derselbe Minister die abweisliche Entscheidung auf meine Vorstellung, und einen „nachdrücklichen Verweis wegen der ungebührlichen Schreibart." Das Urtheil über dieses Verfahren, sowie ob meine Vorstellung ungebührlich sey, stell' ich der öffentlichen Meinung anheim, welche zwischen Herrn von Schenk und mir richten mag. Zu gleicher Zeit, sobald nemlich der Staatsstreich bekannt ward, versammelten sich die Bürgermeister und Adjuncten aller 79 Gemeinden meines Amtsbezirks, beschlossen eine Ad- 11 dresse an Se. k. Majestät und wählten eine Deputation, welche sie nach München bringen sollte. Als ich Kenntniß Hievon erhielt, erklärte ich: daß der Beweis solcher Anhänglichkeit mich innig freue, daß ich aber eine Vorstellung nicht billigen könne, weil 1) der Grund der Versetzung ein politischer sey, worüber den Gemeinden kein Urtheil zustehe; 2) weil man wohl wisse, auf welche Weise nur zu oft dergleichen Vorstellungen oder die Unterschriften dazu erschlichen werden; 3) weil ich nicht von der Gnade, sondern von der Gerechtigkeit des Monarchen die Entscheidung wolle, wie meine Vorstellung zeigt; 4) weil ich überzeugt sey, daß der Schritt erfolglos seyn werde, so lange Herr von Schenk das Ruder führt. Da es mir jedoch nicht gelang, die Gemeinden von ihrem Entschluß abzubringen, so bestand ich wenigstens darauf, daß die Hälfte dessen, was die Vorstellung enthielt, nemlich die politischen Betrachtungen und Gründe weg blieben, welche, je stärker und schlagender sie waren, mir im Munde bittender Gemeinden nicht passend schienen; auch gelang es einem Freunde von mir, die Absendung einer Deputation noch zu hintertreiben. Als gewisse „Notabilitäten" in Homburg hievon hörten, entwarfen sie eine Gegenschrift, sammelten zur Nachtzeit Unterschriften etc. etc. und schickten sie jener nach. Diese beiden Schriften glaube ich hier mittheilen zu müssen; ich will zuvor nur noch bemerken, daß ich den Minister des Innern und jenen der Justiz gebeten habe, mir die Gegenschrift mitzutheilen, damit ich die Verläumder vor Gericht stellen könne; dieses Gesuch aber vom Minister des Innern und vom Chef der Rechtspflege in Bayern, dem Justizminister, bis jetzt nicht berücksichtigt worden ist. So verfährt man im constitutionellen Bayern! Und eine solche Regierung verlangt, daß man ihr Weihrauch streue! 12 Homburg, den 16 Dezember 1830 Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! (Allerunterthänigste treugehorsamste Bitte der zum Landcommissariat Homburg gehörenden Bürgermeister, Adjunkten und Gemeindevorstände um Zurücknahme der gegen den Landcommissär zu Homburg, Dr. Siebenpfeiffer, allerhöchsten Orts ergriffenen Versetzungsmaßregel betreffend.) Ein Regierungs-Rescript vom 4. dieses Monats hat die allerhöchste Entschließung vom 29. November, wodurch der Vorstand des Landcommissariats Homburg, Dr. Siebenpfeiffer, von seinem bisherigen Posten zu einem andern sehr plötzlich und unerwartet ernannt worden, bekannt gemacht. Der Eindruck dieser Versetzung auf den Administrationsbezirk ist schwer zu beschreiben. Die Unterzeichneten, als rechtliche, das Gemeindewohl bedenkende Männer, würden ihre heiligste Pflicht verletzen, das höchste Interesse ihrer Mitbürger verrathen, wenn sie versäumten, gegen die ergriffene Maßregel eine allerunterthänigste Vorstellung einzureichen. Siebenpfeiffer hat vom ersten Moment seiner, im Jahr 1818 erfolgten Ernennung an, sich als einen eben so strengen und rücksichtslos rechtlichen, als eifrigen und gewandten Vewaltungsbeamten bewährt. Der zerrüttete Zustand des Gemeinde-, Verwaltungs-, Rechnungs- und Schuldenwesens, die Vernachläßigung der Schulen und des Volksunterrichts, der Wege und Comunikationsmittel, in welchen die, zu zwei Departementen des französischen Reichs früherhin gehörigen Bestandtheile des Landcommissariats Homburg sich befanden, sind bekannt: sie erheischten schleunige Abhülfe und es bedurfte hiezu einer nicht gewöhnlichen Energie, einer beharrlichen Festigkeit, entschlossen 13 alle Schwierigkeiten eingewurzelter Mißbrauche und Vorurtheile zu überwinden. Dr. Siebenpfeiffer besaß hiezu den Beruf und die erforderliche Eigenschaft, um dem kranken Körper neue Lebenskraft zu geben. Genaue pünktliche Ordnung herrscht in der Verwaltung, geregelter Gang zeichnet dieselbe in allen Theilen aus. Das Gemeindevermögen ist umsichtsvoll administrirt und gesichert, seine Verwendung bestimmungsmäßig normirt, das Gemeindeschuldenwesen regulirt. Für Volksbildung und Schulen ist nach dem Bedürfniß der Verwaltungsangehörigen, und zeitgemäß gesorgt; die Gemeinde- und Bezirkswege — der erste Vehikel des Verkehrs und Handels — sind ein Hauptaugenmerk der Verwaltungsbehörde und werden täglich mehr verbessert. Alles spricht für den Scharfblick und die Fürsorge des Verwaltungsvorstandes. Die Folgen dieser heilbringenden Einwirkung liegen schon jetzt klar am Tage. Wohlstand und Zufriedenheit nehmen in dem Maße zu, als Ordnung in dem Gemeindehaushalt gehandhabt und Verkehr und Verbindung im Lande befördert wird. Mit innigem und unverstelltem Danke erkennt der Administrationsbezirk seinen Vorstand als den Begründer dieser Verbesserungen, und hat zur fernern Consolidirung seines Wohlseyns nur den einzigen Wunsch : noch recht lange möge Landcommissär Siebenpfeiffer mit sicherer und schützender Hand das Verwaltungsruder führen und den schönsten Lohn seines Bestrebens in der aufrichtigen Theilnahme und Anhänglichkeit seiner Administrirten erndten. Dieses sind faktische Wahrheiten, Wahrheiten von denen wir, Eurer K. Majestät treue Unterthanen, die Administrirten des Landcommissariats Homburg, tief durchdrungen, dringend bestimmt werden, Eurer K. Majestät zurückzurufen, was den obersten Verwaltungsbehörden zur Genüge bekannt, was 14 der musterhaften, keine Vergleichung scheuenden Amtführung des Dr. Siebenpfeiffer entsprechend, und durch offenkundige Thatsachen bewährt ist: daß die Entfernung unseres bisherigen Vorstandes eine Calamität, ein beklagenswerthes Unglück für den ganzen Verwaltungsbezirk, somit für ein Zwölftheil des ganzen Rheinkreises wäre, dessen Abwendung jede andere Rücksicht primiren muß; denn Ludwig der Gerechte kennt den Wahlspruch: des Volkes Wohl, das höchste Gesetz! — Die allerunterthänigst Unterzeichneten glauben daher mit Zuversicht von der Gerechtigkeit Eurer K. Mäjestät hoffen zu dürfen, daß der allerunterthänigst treugehorsamsten Bitte den Landcommissär in Homburg, Dr. Siebenpfeiffer, im Interresse und zum Wohl des Verwaltungs-Bezirks an seinem bisherigen Posten zu belassen allergnädigst willfahrt werde. Mit tiefschuldigstem Respekt ersterben wir Eurer Königlichen Majestät Unsers gnädigstenFürsten und Herrn allerunterthänigst treugehorsamte Bürgermeister und Adjunkten etc. des Landcommissariats Homburg. (Folgen die Unterschriften.) ____________________ Homburg, den 20. Dezember. 1831. Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Wir unterzeichnete Stadträthe*) und Bürger von Homburg finden uns verpflichtet, Eurer Königlichen Majestät für die uns und dem ganzen Commissariate geschehene Wohlthat durch ____________________ *) Nemlich vier, worunter zwei vom Amt entfernte Bürgermeister. 15 Versetzung unseres bisherigen Commissärs, Dr. Siebenpfeiffer, den allerunterthänigsten Dank ehrfurchtsvoll abzustatten. Die besondere Veranlassung zu diesem Schritte ist die bereits im Umlauf seyn sollende Bittschrift mehrerer durch fraglichen Siebenpfeiffer dazu verleiteten, von ihm abhängigen und gegen alle Wahlgesetze durch ihn vorgeschlagenen Bürgermeister und Adjunkten, welche bezwecken soll, ihn fernerhin als Landcommissär beizubehalten. Wir wollen die uns durch denselben verursachten häufigen Unbilden und der Stadt zugefügten Nachtheile nicht mehr erwähnen, sondern begnügen uns gerne damit, daß die Gerechtigkeits-Sonne Euerer Königlichen Mäjestät auch einen Strahl auf uns Herabwarf, der uns entfesselte und uns die Hoffnung gibt, künftig einen Staats- und Bürger-Freund zu unserem Vorgesetzten zu erhalten. In tiefstem Dankgefühle und kindlicher Liebe verharren Euer Königlichen Majestät (Folgen die Unterschriften.) Hierauf rescribirte der Minister ebenfalls, daß es bei der Versetzung verbleibe, ohne irgend einen Grund anzuführen. So verkehrt der Minister den schönen Wahlspruch: Gerecht und beharrlich, in: hartnäckige Ungerechtigkeit. Von der Vorstellung aller Gemeinden, des Bürgermeisters und der 16 Stadträthe von Homburg nahm die ministerielle Zeitschrift das Inland keine Notiz; kaum aber langte die Gegenschrift an, als man sie, noch ehe eine allerhöchste Entschließung erfolgt war, abdruckte, und die edlmüthigsten Bemerkungen dazu machte, z. B. ich hätte jene Vorstellung sämmtlicher Gemeinden eingeleitet, und den Glauben zu verbreiten gesucht, als mißbillige der Amtsbezirk meine Versetzung u. s. w. während der Stadtrath (von welchem doch nur 16 4 Glieder die Gegenschrift unterzeichnet hatten) die Maßregel für eine Wohlthat erklärte. Ferner ließ der Minister das dienstgefällige Inland*) sagen, daß die Mittheilungen im Würzburger Volksblatte wahrscheinlich von mir herrührten. Das Volksblatt hat ihm erwiedert. Ich frage den Herrn von Schenk blos: ob er mich schon auf einer Jesuitenliste gefunden, daß er mich solcher Escobarderien für fähig halten konnte? Dafür strömten mir vom In- und Ausland die ehrenvollsten und rührendsten Beweise der Anerkennung meiner Bestrebungen und der Theilnahme an meinem Schicksal zu; man bot mir Abonnement für mehrere Jahre auf die Zeitschrift, selbst wenn solche nicht mehr erscheinen würde, und andere Subscriptionen an, um wie man sich ausdrückte, den muthvollen Fürsprecher des bedrängten Volkes von der Gewalt unabhängig zu machen. Dank, innigen Dank zoll' ich diesen Aufwallungen, und dieser Dank wird um desto reiner erkannt werden, da meine Sinnesweise mir die Annahme solcher Anbietungen verbot. In der Hauptsache werden nun auf die bereits eingeleitete Klage die Gerichte entscheiden, welche sowenig als der schlichte Menschenverstand anerkennen werden, daß die Stelle eines Zuchthausaufsehers, womit statusmäßig nur die Hälfte meines Gehalts verknüpft ist, mit dem eines Landcommissärs auf gleicher Stufe stehe, somit durch Versetzung auf jene Stelle die durch das Staatsdieneredikt und die Dienstpragmatik so unzweideutig gesicherte Dienstklasse, Rang und Würde ____________________ *) Ob das Inland mit diesen Schmähungen das von 1829 her versprochene, aber noch schuldige Honorar für meine Aufsätze bezahlen wollte, welche ich auf Einladung der literarischen Anstalt und der Regierung selbst, einsendete, aber bald einstellte, weil sie — zu pikant und illuminatisch gefunden wurden und Anstoß erregten? — Nie hab' ich von irgend einer Redaktion für Mitarbeiten Zahlung erhalten, nie begehrt; aber so niederträchtig ist auch noch keine gewesen, mich mit solcher Schmach zu belohnen. 17 nicht verletzt sey. Nicht blos Rheinbayern, ganz Deutschland wird also hier den ersten politischen Prozeß öffentlich verhandelt sehen, da ein Minister, den meine Zeitschrift nicht persönlich, sondern in seiner amtlichen Stellung, und Wirksamkeit angegriffen, weil offenbar ein Mann, der den Glauben gewechselt, so sehr man die Privatüberzeugung ehrt, nicht Vorstand des obersten Kirchen- und Schulraths und Minister des Innern seyn kann, sich des königlichen Namens bedient hat, um einen Gewaltstreich auszuführen; und so wird diese Brutalität selbst die Gewähr verfassungsmäßiger Rechte nur noch befestigen und verstärken. Soviel einstweilen über den Stand der Sache; ich werde nicht säumen, die verehrten Leser und meine teilnehmenden Freunde von dem Fortgang stets in Kenntniß zu setzen, und wiederholt hier nur, was ich am Schlüsse des Aufsatzes Rheinbayern im ersten Hefte, mein Schicksal ahnend, schon gesagt habe: „Was schließlich den Verfasser dieses Aufsatzes betrifft, so hat er, für sich nichts suchend, nichts fürchtend, Träumereien so fremd wie servilem Götzendienst, nach bestem Wissen und Gewissen gesprochen; er hat seine Ansicht nicht aus sich selbst, sondern aus der Kenntniß der örtlichen Dinge und Meinungen, seinen Rath aus der reinsten Vaterlandsliebe und Bürgerpflicht geschöpft: er legt diese Blätter als ein von der schweren Zeit zwar abgedrungenes aber williges Opfer mit schuldloser Seele auf den Altar des Vaterlandes nieder: wie es der Gott, der dessen Schicksale lenkt, aufnehme, kann nur der Gang der Ereignisse lehren". Das Vaterland hat dieses Opfer mit Wohlgefallen ansgenommen: dies leiht mir die Kraft, allen Verfolgungen zu widerstehen. Zweibrücken, den 1. März 1831. Dr. Siebenpfeiffer.

Literatur

  • Kurt Baumann Hrsg. (1982): Das Hambacher Fest - 27. Mai - Männer und Ideen. Speyer
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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