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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0066]
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Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Schrift: "Verbot des Maifestes auf dem Hambacher Schloß."; Speyer, 1832

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Beschreibung

Broschüre: "Verbot des Maifestes auf dem Hambacher Schloß."; 21 Seiten; Speyer, 1832

Die Idee zum Hambacher Fest lässt sich als Reaktion auf den Aufruf einiger Zeitungen verstehen, die ein Konstitutionsfest anlässlich des Jahrestages der bayer. Verfassung am 26. Mai anregten.
Der von Siebenpfeiffer verfasste Aufruf zum Hambacher Fest am 27. Mai und das Programm des Festausschusses führte zu einem Verbot des Festes am 2. Mai, das von dem Regierungspräsidenten von Andrian-Werburg verfügt wurde. Die dadurch bedingte Protestflut - sogar der pfälzische Landrat protestierte dagegen - führte zu der Veröffentlichung dieser Broschüre, die das Verbot erklären sollten. So wurde stark gegen die Initiatoren polemisiert. Anstelle eines friedlichen Festes für anständige Bürger, sollen hier "Malcontenten" u.ä. ihren bösen Absichten mit Beleidigungen und Schmähungen gegen die Regierung usw. freien Lauf lassen können. Man unterstellt den Organisatoren, dass sie "Volksverführung" beabsichtigten, um die bestehende Ordnung zu erschüttern.
Da die Proteste zu eskalieren drohten, hob v. Andrian-Werburg am 17. Mai das Verbot gänzlich auf.

Material/Technik

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Maße

Breite/Länge: 8 cm; Höhe: 10 cm; Tiefe: 0,1 cm

Abschrift

Original: Deutsch

Das Verbot des Maifestes auf dem Hambacher Schloß _________________ Eine Schrift zur Beherzigung amtlich bekannt gemacht. _________________ Speyer, 1832. Gedruckt bei I. F. Kranzbühler senior. 3 Es war vorauszusehen, daß das von der Regierung des Rheinkreises erlassene Verbot des Hambacher Maifestes großes Aufsehen erregen und Töne der Mißbilligung Hervorrufen werde. Solche Maßregeln sind in Rheinbayern ungewöhnlich und waren bisher unerhört. Kein Wunder also, wenn sich eine Menge Stimmen dagegen erheben. Dem einen wird durch jenes Verbot eine willkommene Gelegenheit benommen, an den Grundpfeilern der gesetzlichen Ordnung nach Gefallen zu rütteln und in der Verwirklichung ihrer nur zu bekannten Pläne einen mächtigen Schritt vorwärts zu thun. — Andere die in dem verbotenen Feste nur ein unschuldiges Vergnügen erblicken und sich schon im voraus des imposanten Schauspiels einer großen Volksversammlung freuten, beschuldigen vielleicht die Regierung einer übertriebenen Ängstlichkeit und eines polizeilichen Despotismus; — wieder andere endlich sehen mit Besorgniß der Zukunft entgegen, glaubend, die Regierung beabsichtige ernstliche Angriffe auf die jedem Rheinbayer theuern Institutionen des Landes, sie wolle je länger desto mehr die bürgerliche Freiheit untergraben und entwickle allmählig ein Schreckenssystem, das nur durch Bajonette aufrecht erhalten werden könne. Mit den Parteimännern der ersten Kategorie enthalten wir uns jeden Verkehrs. Sie sind die erklärten Feinde der gesetzlichen Ordnung, also auch die erklärten Feinde einer jeden Regierung, die nicht augenblicklich bereit wäre ihnen Platz zu machen. Sie sind nicht zu überzeugen, weil sie nicht überzeugt werden wollen; und nicht zu bessern, weil es ihr ernstlicher Vorsatz ist zu sündigen. Kein Wort also zu ihnen, desto mehr 4 aber über sie. — Mit den übrigen beiden Klassen von Unzufriedenen wollen wir versuchen, uns auf dem Wege ruhiger Erörterung zu verständigen. — Zu diesem Ende ertheilen wir den lebenslustigen Biedermännern, die in dem Maifeste bloß eine gefahrlose, dem Vergnügen gewidmete Volksversammlung erblicken, die aufrichtige Versicherung, daß die Regierung weit davon entfernt sey, unschuldige Vergnügungen des rheinbayerischen Volkes im mindesten stören zu wollen. Die Regierung war seit langer Zeit von dem auf den 27.Mai angekündigten Constitutionsfeste unterrichtet. Hat sie dagegen Maßregeln ergriffen? — Gewiß nicht! — Als man aber dieses wahrhaft patriotische Unternehmen listig zu vereiteln und dafür eine »dem Kampfe für Abschüttelung innerer und äußerer Gewalt gewidmete" Volksversammlung zu provociren strebte, *) — als es ruchtbar geworden, daß Leute für Geld angeworben und große Weinvorräthe zur Berauschung erkaufter Gäste bereit gehalten werden, da mußten doch wohl dem unbefangenen Beobachter die Augen aufgehen: es lag klar am Tage, daß die Hambacher Ruine zum Sammelplatze für alle wirkliche oder erkaufte Malcontenten dienen und nur der Partei der Bewegung das "unschuldige Vergnügen" gewähren sollte, ihren Schmähungen gegen die Regierung Luft zu machen, dem Ankämpfen gegen die bestehende Ordnung der Dinge, gegen Recht und Verfassung, so wie der Volksverführung ein weites Feld zu öffnen und so die Zahl ihrer Anhänger zu vermehren. Ein solches Schauspiel würde fürwahr den ruhigen gutgesinnten Bürgern des Rheinkreises kein Vergnügen gewährt, vielmehr Abscheu und Unwillen in ihnen erregt haben. Sie mögen also selbst beurtheilen, ob es die Regierung, oder ob nicht _____________________ *)Man sehe die Beilage. 5 vielmehr die Feinde der gesetzlichen Ordnung es waren, welche ihre Erwartungen getäuscht und ihre Wünsche durchkreuzt haben. Mit jenen Ehrenmännern, welche die Maßregeln der Regierung überhaupt auf den Prüfstein der Gesetze legen und darnach beurtheilen, müssen wir in umständlichere Erörterungen eingehen, weil uns daran gelegen ist, auf ihre Überzeugung zu wirken und ihre Gemüther zu beruhigen. Ihnen ist vorzugsweise das gegenwärtige politische Glaubensbekenntnis gewidmet. 1. Was die Regierung des Rheinkreises mit ihren, seit den Juliustagen ergriffenen Maßregeln will, scheint uns klar und einfach: sie will, daß die Verfassung, daß die Landesgesetze vollzogen, ganz, aufrichtig vollzogen werden. Sie will weder mehr noch weniger als die Gesetze wollen, aber sie will, daß diese Gesetze eine Wahrheit seyen. Alle ihre Anordnungen gingen von dieser Quelle aus, — alle fanden auf dieselbe zurückkehrend, dort ihre Grenze. Man gehe sie mit der strengsten Kritik der Reihe nach durch und man wird obige Behauptung vollkommen gegründet finden. a) Wenn die Partei der Bewegung proclamirt, daß man im Rheinkreise die freimüthigen Oppositionsblätter unterdrückt habe, so ist dieß eine handgreifliche Unwahrheit. Die Regierung verlangte nicht mehr und nicht weniger, als daß sich die Redactionen dieser Zeitschriften der verfassungsmäßigen Censur unterwerfen sollen. Einige aus ihnen wollten lieber ihr Blatt eingehen lassen, als sich der auf klare Gesetze gegründeten Forderung zu fügen. Wohlan! es geschah nach ihrem Willen. Eine derselben verfuhr anders: sie unterwarf sich der Censur und in demselben Augenblick wurden alle Beschränkungen aufgehoben; kann man nun behaupten, die freisinnigen Oppositionsblätter seyen von der Regierung unterdrückt worden? Der Speyerer Zeitung wird wohl Niemand den Karak-ter eines Blattes absprechen, dem es um eine ernstlich ge- 6 meinte Opposition zu thun ist. Die Redaction trete öffentlich auf und sage: ob auch der entfernteste Versuch zur Unterdrückung ihrer Zeitung gemacht wurde, sie trete auf und gebe der Wahrheit das Zeugniß darüber, in welcher Weise die Censur ihres Blattes geübt werde, ob nämlich: auf veratorische Weise, oder mit der Unparteilichkeit und Loyalität, welche jeder öffentlichen Behörde überhaupt, insbesondere aber bei einem so heikeln Geschäfte geziemt. b) Nicht minder streng gesetzlich waren die Maßregeln, welche der unbegreifliche Starrsinn obiger Zeitungsredactionen der Regierung abnöthigte. Diese Materie ist bereits in öffentlichen Blättern hinlänglich besprochen worden, und das Ergebniß muß für jeden Gesetzkundigen, für jeden unparteiischen Freund der Ordnung darin bestehen, daß die Verwaltung sich hiebei ganz innerhalb der ihr vorbezeichneten Grenze bewegt habe. Wer sich Hievon näher unterrichten will, der vergleiche die Beschuldigungen der Oppositionsblätter mit den Widerlegungen, die theils in offiziellem, theils in halb offiziellem Wege nämlich mittelst Beilagen zum Amts - und Kreisintelligenzblatt, theils endlich durch die neue Speyerer Zeitung öffentlich bekannt gemacht worden sind. c) Auf gleiche Weise wurde bereits bis zur Evidenz nachgewiesen, daß die Wegweisung des ehemaligen Mitredacteurs der Tribüne Georg Fein und dessen Transportirung auf streng gesetzlichen Befugnissen der Regierung und auf erheblichen Gründen beruhte, so wie daß bei dieser Maßregel die Rücksichten der Menschlichkeit und des Anstandes im geringsten nicht verletzt wurden. d) Frage man die Mitglieder des Vereins zum Schutze der freien Presse: auf welchem Wege die Regierung des Rheinkreises gegen sie verfuhr? Wir antworten statt ihnen: die Regierung ließ die Vereinsmitglieder zum Austritt ermahnen, — sie erklärte das in Zweibrücken befindliche Central-Comite, so wie die in einigen Städten gebildeten Filial-Comités für 7 aufgelöst, und provocirte die Staatsbehörde zu gerichtlichen Einschreitungen. Ist dieser Weg nun ein ungesetzlicher? ist er nicht gerade derjenige, den die Gesetze vorschreiben? kann die Regierung einen größeren Beweis ihrer Gewissenhaftigkeit in Einhaltung der Competenzvorschriften geben, als dadurch, daß sie frei von Eigenmacht die Entscheidung den Gerichten überläßt? Mag man immerhin die Befugniß der Staatsregierung wegen Verbots dieses Vereins in Frage stellen: für die Regierung des Rheinkreises gab es keine andere Pflicht, als dieses Verbot nach den im Rheinkreise bestehenden Landesgesetzen zu handhaben. e) Der ehemalige Redacteur der Tribüne Dr. Wirth war einige Wochen lang seiner Freiheit beraubt: — Geschah dieses durch die Administrativstelle? Keineswegs! ein competentes Gericht hat den Verhaftbefehl erlassen, und ein anderes competentes Gericht hat ihn aufgehoben. Beide handelten unabhängig nach ihren Ansichten, nach ihrem Gewissen, nach ihrer Pflicht. Fern sey es von uns, das eine zu großer Strenge, das andere zu großer Milde anklagen zu wollen. Aber verwahren müssen wir uns gegen die sonderbare Folgerung, welche aus dem Erkenntnisse des k. Appellationsgerichts von einigen Pamphlet-Schreibern gezogen werden wollen, um gegen die Administrativ-Gewalt mit trivialen Schmähungen losziehen zu können. Nein! die Erkenntnisse der Gerichtshöfe, wiewohl in den concreten Fällen heilig und unantastbar, können doch keine Norm und Regel für die Staatsregierung und deren Organe abgeben: sie entscheiden jederzeit nur den einzelnen Fall, und ihre Authorität erstreckt sich nicht über diese Grenze. Höchstens kann den Urtheilen der Kassationshöfe, mit welchen aber die den letzteren untergeordneten Appellations-Gerichte nicht zu verwechseln sind, eine doctrinelle Authorität zugeschrieben werden. Wer weiß nicht welchen großen Einfluß die Bildung der Senate auf die Erkenntnisse der Gerichtsbehörden äußert, — zumal bei politischen Verbrechen und Vergehen, wo 8 so viel, ja beinahe alles auf die individuelle Ansicht der Richter ankömmt. Man denke sich z. B. in dem gegebenen Falle die Mitglieder des Bezirksgerichts Zweibrücken in den Appelhof, und man wird zu einem ganz andern Resultat gelangen. Man lasse nur einige Mitglieder dieses Gerichts in den Appellations-Gerichtshof übertreten, so kann man die Möglichkeit nicht läugnen, daß in einem ganz identischen Falle ein dem ersteren ganz widersprechendes Urtheil erfolgen könne. Und auf solche variable Grundlagen sollen Staatsgrundsätze, permanente Vorschriften für die ganze Monarchie gebauet werden? Die Meinung eines Justizsenat, ja vielleicht eines einzigen Justizraths, der durch sein Votum die Majora gemacht haben kann, soll bindend seyn für die Regierung in aller Zukunft? — 2. Wir unterschreiben mit voller Ueberzeugung den Grundsatz, daß jedem Staatsbürger zu thun und zu unterlassen erlaubt sey, was durch ein Gesetz nicht ausdrücklich verboten oder geboten worden ist. In diesem Grundsätze erkennen wir das Paladium der bürgerlichen Freiheit. Wir müssen aber, gestützt auf Gesetze, der Polizeigewalt das Recht vindiciren, Gebote oder Verbote über Handlungen zu erlassen, die in den Gesetzbüchern weder geboten noch verboten sind, sobald sie sich nur innerhalb der durch die Gesetze vorgezeichneten Grenze bewegt. Dieses Recht wird im Verfolge des gegenwärtigen Aufsatzes bis zur Evidenz nachgewiesen werden. Niemals aber können und werden wir uns zu dem falschen Grundsatze bekennen, daß es erlaubt sey, ein positives Gesetz lediglich aus dem Grunde zu übertreten, weil die Uebertretung mit keiner Strafe verpönt ist. Die ganze Staatsmaschine findet nämlich ihren Halt in zwei Prinzipien, wovon eines das Präventiv- das andere das Repressiv - Prinzip genannt wird. Beide können vereint zum Ziele führen, sie müssen es aber nicht, und namentlich schließt die Abwesenheit des letztem (Repressiv- 9 Prinzips) die Wirksamkeit des erstern so wenig aus, daß das Präventivsystem gerade dort am stärksten hervortritt, und hervortreten muß, wo es an gesetzlichen Repressiv - Maßregeln gebricht. Wenn der größte Gesetzgeber Griechenlands auf den Vatermord keine Strafe setzte, weil er eine solche gräßliche Handlung gar nicht für gedenkbar hielt, wer wird es wagen zu behaupten, daß er deßwegen den Vatermord für erlaubt hielt, und daß die Polizei Spartas ruhig hätte zusehen müssen, wenn ein entarteter Sohn seinem Vater den Dolch in das Herz stieß.' Ein solches Absurdum liegt aber namentlich in der so oft wiederholten Behauptung, die Herausgeber von Journalen dürften sich der Censur entziehen, weil der §. 2 des Edicts III. für diese That keine Strafe bestimmt habe. 3. Wir reclamiren für die Administrativ - Gewalt das Recht der freien Bewegung innerhalb der ihr durch die Natur der Sache und durch ausdrückliche Gesetze angewiesenen Schranken. Sie, in deren Hände die wichtigsten Interessen der Nation gelegt sind: die Sicherheit der Personen und des Eigenthums, die öffentliche Moral, die Bildung der künftigen Generationen, die Beförderung des allgemeinen Wohlstandes u. s. w., sie kann keine durch Willkühr und Vorurtheil gezogene Grenze anerkennen. Ihre natürliche Grenze läuft parallel mit dem Staatszweck und ihre positive Grenze sind die ausdrücklichen prohibitiven Gesetze. Eine andere Schranke kann sie sich nicht gefallen lassen, ohne ihre Bestimmung aufzugeben, und das Wohl aller Staatsbürger zu gefährden. Insbesondere emancipiren wir die Polizeigewalt von der Vormundschaft der Gerichte, unter welche sie die das Licht des Tages scheuende Partei der Bewegung, gerne erhalten mögte. Die Gerichte sind in ihrer Sphäre unabhängig, — die Administrativ-Gewalt ist es in der ihrigen: beide sollen sich die Hand reichen und in Eintracht das Wohl des Ganzen fördern, jene in einem beschränkteren, diese in einem ausgedehnteren Gebiete. Keine ist aber der andern untergeordnet, 10 keine der Wächter der Andern. So will es der gesunde Menschenverstand, so wollen es die Gesetze, so will es auch die Regierung. Gleiche Gesinnung beseelt die Gerichte, und es wird dem bösen Willen nicht gelingen das schöne Band der Eintracht zu zerreißen, welches diese beiden Gewalten im Rheinkreise umschlingt. — Wer Achtung zollt, darf auch Achtung fordern. Auf den Agenten der Administrativgewalt lastet eine große Verantwortlichkeit, — wir wollen sie nicht verringern. Sie haften im Disciplinarwege für alle Mißgriffe, die sie sich culpos zu Schulden kommen lassen; — sie haften den Gerichten für Amtsverbrechen und Vergehen, aber auch nur für diese und zwar auf den Grund ausdrücklicher, ihren Wirkungskreis positiv und namentlich beschränkender Gesetze, nicht aber auf den Grund des leeren Raisonnements der Pamphletschreiber, welche die Strafgesetze gerne als Popanz benützen möchten, um die ihnen lästigen Agenten der öffentlichen Gewalt damit einzuschüchtern. 4. Endlich müssen wir uns noch mit aller Bestimmtheit gegen die eben so irrige als verwerfliche Meinung erklären, als ob gegen eine (vermeintlich) ungesetzliche Verfügung irgend einer Verwaltungsbehörde offner Widerstand erlaubt sey. Ob eine Verwaltungsmaßregel gesetzlich oder ungesetzlich sey, dieß haben nur allein die der anordnenden Behörde Vorgesetzten Stellen auszusprechen. Sowohl die Verfassung als die Dienstesinstructionen bezeichnen klar und deutlich den Weg, auf welchem Abhülfe gegen administrative Willkür bewirkt werden kann. Nur dieser Weg ist gesetzlich, nur dieser Weg also erlaubt, jeder andere und insbesondere das Princip des offenen Widerstandes führt zum Verderben derjenigen, die ihm huldigen, und wirft uns zurück in das finstere Jahrhundert des Faustrechts. Das angegebene Princip ist übrigens rein aus der Luft gegriffen, nirgends findet es in der französischen und rheinbayer. Legislation einen Anhaltspunkt; vielmehr haben wiederholte Ur- 11 theile des obersten Gerichtshofes von Frankreich dasselbe förmlich zurückgewiesen. Man sehe hierüber pénal herausgeben von J. A. Rogron, Edition vom Jahr 1827, Seite 144 bis 147 einschließlich. So haben wir nun unser politisches Glaubensbekenntniß ausgesprochen, mit aller Offenheit, die dem Bewußtseyn redlicher Gesinnung so eigen ist, und mit jener Bestimmtheit, die über unsere Ansichten keinen Zweifel übrig läßt. Mag man uns Irrthum Nachweisen, wer dieses im Stande ist, wer unsere Ueberzeugung erschüttern, auf seine Seite lenken kann, den erklären wir im Voraus für unsern Sieger. Mit der nämlichen Offenheit, welche uns bei Ablegung unseres politischen Glaubensbekenntnisses geleitet hat, bekennen wir übrigens, daß die Maßregeln, womit die Regierung dem Gesetze Gehorsam erzwingen mußte, unter die heroischen Heilmittel gehören, die ein gewissenhafter Arzt nur in dem äußersten Falle anzuwenden sich entschließt. Wir begreifen wohl, daß der Anblick solcher Vorkehrungen jeden guten Bürger, jeden Freund der gesetzlichen Freiheit mit Schmerz erfüllen mußte; wir billigen diesen Schmerz, wir theilen ihn sogar. Nur mit großem Widerstreben ist die Regierung bis zu der äußersten Grenze ihrer gesetzlichen Befugnisse vorgedrungen, und nie hat sie aufgehört, die Verblendung zu beklagen, womit der Eigenwille Einzelner den durch das Gesetz ausgesprochenen Gesammtwillen höhnend Trotz geboten hat. Allein der Grundsatz "force a la loi!" müßte gehandhabt, der Eigenwille gebändigt und so das Gesetz versöhnt werden. Nicht anders würden und müßten die Gerichte verfahren, wenn Jemand es wagen sollte, sich der Vollziehung ihrer Erkenntnisse zu widersetzen. Alles geht aus seinen Fugen und der erste Schritt zur Anarchie, zur Auflösung des Staatsverbandes ist geschehen, wenn es dem Einzelnen gelingt, sich von dem Gesetze zu emanzipiren. Mögen also Billigdenkende bei Beurtheilung der Regierungs- 12 Verfügungen diese Verhältnisse mit in Anschlag bringen, und zugleich berücksichtigen, daß die Verwaltung nie den zweiten Schritt that, ohne den ersten versucht zu Haben, und daß die physische Gewalt erst dann zur Anwendung kam, nachdem die moralische fruchtlos bemüht war, sich Eingang zu verschaffen. Nach dieser Einleitung gehen wir nun auf den eigentlichen Gegenstand dieses Aufsatzes über. Nur eine Stimme hat sich bisher gegen das Verbot des Festes auf dem Hambacher Schloß öffentlich erhoben und dieses Verbot nicht nur unklug gescholten, sondern auch geradezu für rechtswidrig und unbefugt erklärt. (Neue Speyerer Zeitung Nro. 94). Hören wir ihre Gründe: 1. Das Gesetz von 3. August 1791, worauf sich die Regierung bezogen hat, sey im Rheinkreise gar nicht einmal publicirt , und könne folglich daselbst auch in keiner Beziehung in Anwendung kommen. Hieraus erwidern wir Folgendes: Ob das fragliche Gesetz nach seinem ganzen Inhalt in allen Bestandtheilen des Rheinkreises oder nur in den Gemeinden zwischen der Lauter und der Queich gelte, dieß ist eine Controverse, die wir auf ihrem Werthe oder Unwerthe beruhen lassen wollen, weil sie nicht zur Sache gehört. Genug, daß der von der Regierung allegirte Artikel dieses Gesetzes nicht nur in dem ganzen Rheinkreise, sondern in allen civilisirten Staaten Europa's Anwendung findet, denn er verordnet nichts, als was aus der Stellung der höheren Polizei-Agenten und aus den ihnen obliegenden Pflichten von selbst folgt, und wer die Anwendbarkeit dieser Gesetzesstelle auf den vorliegenden Fall läugnet, der muß sich zu der absurden Behauptung bekennen, daß die Regierungsstelle in dem einen Theile des Rheinkreises keine Maßregel zur Verhütung von Sicherheits-Störungen treffen dürfe, während ihr diese Pflicht in den anderen Theilen desselben Kreises obliegt. Jener Theil 13 wäre also den Feinden der gesetzlichen Ordnung preißgegeben! Eine schöne Gleichheit vor dem Gesetze! Forscht man jedoch nach einer unlängbar in dem ganzen Rheinkreise publicirten gesetzlichen Bestimmung, wodurch diese Ungleichheit aufgehoben wird, so kann sie in Nudlers Sammlung der Verordnungen Th. I. Heft 1. S. 94 gefunden werden, wo es heißt: "5. Les administrations de Departement seront chargées" ,8. au maintiem de la sûreté et de la tranquilitê pub-lique. (Gesetz vom Januar 1790. Art. 2 der III. Section.) Uebrigens hat die Regierung ihr Verbot nicht bloß auf das angeregte Gesetz, sondern und zwar vorzugsweise auf den §. 57 der Verordnung vom 17. Dezember 1825 begründet, deren Gültigkeit zweifelsohne anerkannt werden muß. 2. Die Regierung (so fährt die Speyerer Zeitung fort) habe ein Gesetz allegirt, das durch ein späteres vom 5. October 1814 aufgehoben worden ist. Dieses Argument wäre freilich schlagend; Schade nur, daß es unrichtig ist, wie sogleich nachgewiesen werden soll. Die so eben angeführte Verordnung besteht allerdings, aber besteht nicht auch das von der Regierung allegirte Gesetz vom 28. Germinal des VI. Jahres der Republik neben dieser Verordnung? Wer wird daran wohl den mindesten Zweifel hegen? — Die Verordnung vom 5. October 1814 enthält nämlich in den Artikeln 37 bis 57 so wie in den Artikeln 64 bis 73 einschließig größtentheils wörtliche Uebertragungen des Gesetzes vom Germ. VI., sie verfügt mithin nirgends anders als dieses; dagegen enthält das Gesetz mehrere Verfügungen, namentlich über die Requisition der bewaffneten Macht, welche in die Verordnung weder übergegangen noch darin aufgehoben worden sind. In solchen Fällen besteht der Grundsatz, daß das alte Gesetz in allen jenen Bestimmungen, welche in dem neuen nicht abgeändert sind, fortwährend gelte. Man lese hierüber Dr. Siebenpfeiffer's Handbuch Band I. Seite VIII. 2. und IX. 6. 14 Warum hat aber die Regierung nicht lieber die Verordnung vom 2. October 1814 allegirt? Die Antwort ist einfach: weil diese Verordnung nicht alle Bestimmungen enthält, welche in dem vorliegenden Falle den Behörden zur Richtschnur ihres Benehmens vorgezeichnet werden mußten. 3. Das Gesetz vom 16. August 1790 spreche a) nur von den «objets de police confiés à la vigilance de la und spreche auch nicht mit einer Sylbe von jenen, welche der Kreisregierung obliegen. Dieser Einwurf kann doch wohl kaum ernstlich gemeint seyn, denn wo steht geschrieben, daß ein Präfekt in Frankreich weniger Befugnisse habe, als die ihm untergeordnete Municipalität? Der Verfasser des Aufsatzes in No. 94 beliebe Merlins Handbuch nachzulesen, wo er unter dem Art. Préfet Folgendes finden wird: Les préfets ont le droit, d'ordonner par des arretés, toutes les précautions locales, qu'ils jugent nécessaires sur les objets confiés à la vigilance et à l'autorité des corps administratifs, tant par les art. 3 et 4 du Titre 11 de la loi du 16 (24. Aout 1790 que par la loi du 28. Septbre. (6. Oct.) 1791 Les contraventions à leurs arrêtés sont punies connue infrac-tions aux réglemens de police, toutes les sois, qu'aucune peine plus grave n'est prononcée pur une loi, sans que dans aucun cas, son silence puisse en assurer 1'impunité. Bleibt dem Herrn Verfasser noch ein Zweifel übrig, so müssen wir ihn unter andern auf nachstehende arrêts des Kassationshofs verweisen, nämlich: vom 22. Juli 1803, " 1. Dezember 1809, " 15. März 1810, " Mai 1810 und " 17. Mai 1811. Hierin ist der Grundsatz unumwunden ausgesprochen, daß 15 der Präfect auf den Grund des Gesetzes vom 16. August 1790 befugt sey, Lokalreglements zu erlassen. Noch mehr! — Diese Befugniß wurde in Frankreich auch stets unbestritten ausgeübt: Beweis dessen sind die vielen Aret´es der beiden als ausgezeichnete Administratoren bekannten Präfecten Lezai Marnesia und Jeanbon St. André, deren Legalität bisher noch niemand in Zweifel gezogen hat. Was aber in Frankreich den Präfekten zusteht, das kann im Rheinkreise der an ihre Stelle getretenen Kreis-Regierung zuverläßig nicht versagt werden. b) Das Gesetz vom 16. August 1790 spreche nur von der «Soin de réprimer les délits" oder auf Deutsch von der Sorge die Verbrechen zu hemmen, räume aber keine Befugniß ein, Verbrechen zu verhindern. Nach dieser Theorie muß also die Polizei die Verbrechen geschehen, oder um mit dem Verfasser zu sprechen, anfangen lassen, obschon es ihr möglich gewesen wäre, ihnen zuvor zu kommen. Sind sie aber einmal begonnen, so kann die Polizei ihnen Schranken setzen. — Wir gestehen, daß diese Lehre für uns eine ganz neue Ansicht aufstellt. Bisher waren wir und mit uns alle Schriftsteller über das Polizeifach der Meinung, das innerste Wesen der Polizei bestehe darin, Gesetzübertretungen zu verhindern; ja man war über diesen Punkt so einig, daß der Grundsatz galt: nur inso-ferne bestehe eine Polizei, als sie im Stande ist, die so eben erwähnte Aufgabe zu lösen. Nun werden wir aber belehrt, daß die Sache sich ganz anders verhalte. Auch hier können wir uns nicht überzeugen, daß es mit diesem Einwurf ernstlich gemeint sey. Sollten wir aber hierüber im Irrthum befangen seyn, so verweisen wir abermal auf die citirte Stelle aus Merlin und auf das Gesetz vom Jänner 1790. c) Das nämliche Gesetz handle ferner von Maintien du bon ordre dlans les endroits ou il se lait de grands rassemblements d'hommes etc. etc., keineswegs gebe aber dieses Gesetz die Befugniß, einen solchen Zulauf zum voraus schon gewalt- sam zu verhindern. Es freut uns, daß wir unserm ehrenwerthen Gegner doch einmal theilweise Recht geben können. Wenn nämlich von ungefährlichen, gewöhnlichen Volksversammlungen (z. B. Jahrmärkten u. d. g.) die Rede ist, so beschränkt sich die Befugniß der Polizei in der Regel allerdings nur auf die Erhaltung der guten Ordnung. Wie aber wenn die Polizei Kenntniß besitzt, daß eine große außerordentliche Volksversammlung für verbrecherische Zwecke gehalten werden soll, muß sich in diesem Fall die Polizei auch auf Erhaltung der guten Ordnung einschränken? Ueber die Antwort auf diese Frage wird wohl Niemand in Verlegenheit gerathen, sie liegt so auf platter Hand, daß hierüber nicht der mindeste Zweifel übrig bleiben kann. Wollte uns daher der Vorwurf einer unbefugten Ausdehnung der Polizeigewalt gemacht werden, so mußte der Verfasser nachweisen, daß die verbotene Volksversammlung keinen seditiösen Charakter an sich trage, sondern ganz ungefährlich sey. Diesen Nachweis finden wir aber in dem berührten Artikel nicht, und er konnte um so weniger geliefert werden, als schon die öffentliche Einladung den seditiösen Charakter der beabsichtigten Volksversammlung nur zu deutlich aussprach. Nach dem bisher an- und ausgeführten überlassen wir dem unpartheiischen Publikum, ja selbst unserm wahrheitsliebenden Gegner zu beurtheilen, ob die Regierung bei dem erlassenen Verbote nur den Schein der Gesetzlichkeit zu retten versucht habe, oder ob sie nicht vielmehr fest auf gesetzlichem Boden stehet. Doch der Nachweis der Berechtigung genügt bei Polizeimaßregeln von so ungewöhnlicher Natur nicht: auch die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit muß nachgewiesen werden. Was die Nothwendigkeit des erlassenen Verbots betrifft, so erlauben wir uns auf dasjenige aufmerksam zu machen, was oben über die Natur und den Charakter des sogenannten Maifestes gesagt worden ist, und auch die in der bezüglichen Regierungs - Verordnung ausgedrückten Motive sind so bündig, 17 daß eine weitere Ausführung kaum mehr nöthig seyn wird. Überdieß haben wir auf dem Weg der Publizität noch keine Stimme vernommen, die den Ungrund der von der Regierung gehegten Besorgnisse gezeigt hatte. Bis demnach ein solches geschieht, dürfen wir diesen Punkt für ausgemacht annehmen. Unzweckmäßig, ja sogar unklug soll das Verbot des Hambacherfestes seyn, weil es eine unbeschreibliche Aufregung in dem ganzen Rheinkreise hervorgebracht hat. Wenn aber die Nothwendigkeit jener Maßregel zugegeben ist und zugegeben werden muß, so fragen wir mit Recht, ob der Regierung noch eine Wahl übrig geblieben sey? Durfte sie, um ihre Popularität zu retten, die höchsten Interessen des Staats auf's Spiel setzen ? Kennt sie vielleicht die Gegner der Regierung, ihre Absichten, ihre Pläne, die Waffen, womit sie streiten , nicht? Halten diese es nur der Mühe werth, solche zu verheimlichen? Welch immense Verantwortlichkeit ruhte auf Regierung, wenn sie nach allem, was ihr von dem fraglichen Feste bekannt war, dennoch die Hände in den Schooß legte, die Stadt Neustadt, die ganze Gegend, ja vielleicht den Rheinkreis den größten Gefahren aussetzte? — Jeder Ehrenmann, jeder gute Bürger, der noch etwas zu verlieren hat, greife in sein Herz und frage sich, was er unter solchen Verhältnissen gethan hätte, was er von der Regierung des Kreises im Interesse Aller verlangt? Auch darf man das Hambacher Fest ja nicht als ein isolirtcs Factum betrachten; man kann und darf die Augen nicht verschließen über das, was demselben bereits vorausgegangen ist. Die einzelnen von Zeit zu Zeit sich wiederholten Aufläufe ohne irgend einen erheblichen Beweggrund, — die Aufregung, welche unverkennbar in einigen Städten des Kreises herrscht und mit teuflischer Hinterlist stets unterhalten wird, — die Verbreitung unzähliger aufrührerischer Pamphlets, — die häufigen Missionsreisen der Apostel der Revolution, die bezahlten Freiheitsbäume, — der Preßverein, dessen Kassen - Rechnung, wollte sie, wie sich's gebührt, der Öffentlichkeit übergeben werden, manchem gutmüthigen Geber die Augen öffnen würde,— alle diese mit dem Hambacher Fest in Verbindung stehende unläugbaren Thatsachen müssen in Berechnung gezogen werden, will man anders ein competentes Urtheil über die angefochtene Regierungs-Verfügung fällen. Doch der bisher ausgesprochene Tadel der öffentlichen Meinung ist weniger gegen das Verbot qua tale als gegen die dasselbe begleitenden Nebenverfügungen gerichtet. Darum auch hierüber noch einige Worte. Im Ganzen genommen konnten wir uns über die Mißbilligung der Nebensache trösten, wenn die Hauptsache den Beifall des Publikums verdient. Aber uns liegt daran zu beweisen, daß die Regierung den gethanenen Schritt von allen Seiten genau erwogen und auch in den Nebenumständen nur das Nothwendige angeordnet habe. Die meisten Stimmen erheben sich, wie man vernimmt, gegen das Verbot der Aufnahme von Fremden in die Stadt Neustadt. Man findet darin eine Ehrenkränkung für die wackern Bürger Neustadt's — eine unverantwortliche Beschränkung der bürgerlichen Freiheit, einen großen Nachtheil für fremde Reisende, die, ohne von dem Feste etwas wissen zu wollen, durch ihre Geschäfte nach oder durch Neustadt geführt werden u. s. w. Über diese Reihe von Beschuldigungen sey uns nur eine Bemerkung erlaubt. Das Programm des Festes sagt, daß sich die ganze Gesellschaft in Neustadt versammelt, und von dort aus in einem Zug sich auf das Hambacher Schloß begiebt etc. Man denke sich nun eine Masse von vielleicht 2 — 3000 aufgeregten Köpfen in dem kleinen Neustadt. Man denke sich in ihre Mitte die Coriphäen jener Partei, die es nicht läugnen, daß sie auf den Umsturz der Throne und der bestehenden Verfassung ausgehe; — man erwäge, daß ein großer Theil der geladenen Gäste sich schon Tags zuvor in Neustadt versammeln 19 würde; der von den Verhältnissen Unterrichtete beherzige, wie erwünscht diese Gelegenheit den Rednern des Festes hatte seyn müssen, um ihren für den nächsten Tag ausgeheckten Plänen bei der Masse des Volkes Eingang zu verschaffen und selbes auf die Ausführung vorzubereiten, man rufe sich die Reden bei zwei in Zweibrücken gehaltenen großen Gastmälern und die dabei abgesungenen Lieder in das Gedächtniß zurück und stelle sich vor, was an dem Vorabend des Festes in allen Schenken, auf allen öffentlichen Plätzen Neustadts gesprochen, gesungen und gethan worden wäre; und nun sage man, was von einer Polizei zu halten sey, die ihren Gegnern (denn als solcher muß jeder betrachtet werden, der des Verbots ungeachtet bei'm Feste erscheint) das Heft so bereitwillig in die Hände gäbe, — was eine Polizei für ein Prädicat verdiente, welche die ruhigen Bewohner einer Stadt den Ausschweifungen einer durch alle möglichen Kunstgriffe, namentlich durch Vertheilung berauschender Getränke im höchsten Grade eraltirten Menschenmenge Preis gäbe, ohne geringste Bürgschaft für die Folgen, und ohne, mit allen Hülfsmitteln ansgestattet, in den engen Gassen, in den überfüllten Wirthsschenken Unordnungen verhindern, oder, wenn sie entstanden wären, hemmen zu können. Man gehe noch weiter und begleite den am 27. Mai d. J. veranstalteten Zug nach der Hambacher Höhe; dort findet derselbe Hindernisse und muß unverrichteter Sache wieder nach Neustadt zurückkehren: in welcher Stimmung? Mit welchen Vorsätzen? unter welcher Anführung??? Vergleiche man nun auch mit diesen Gefahren die geringen Opfer, welche mit der Ausführung der angefochtenen Vorsichts-Maßregel verbunden sind. Den Bürgern Neustadts ist der freie Verkehr unbenommen; — die fremden Durchreisenden werden in Mutterstadt, Frankenstein, Landau und Dürkheim also zeitig genug benachrichtigt, daß es in ihrem Interesse liege Neustadt zu umgehen, was ohne Umwege und große Be-

Original: Deutsch

20 lästigung geschehen kann. Die ganze Hemmung des Verkehrs währt nur drei Tage und der auf den 26. fallende Wochenmarkt wurde nachträglich gestattet, wenn es Schwierigkeiten unterliegen sollte, ihn auf den 25. zu verlegen. Seit wann weigert sich der Rheinbayer, ein so geringes Opfer, der guten Sache der öffentlichen Ordnung zu bringen: ein Opfer, das nicht einmal diesen Namen verdient? Erwägt man alle diese Verhältnisse bei kaltem Blute, und mit jener Besonnenheit, die man doch bei solchen Männern voraussetzen darf, die in öffentlichen Angelegenheiten von großem Belange ihre Stimme erheben wollen, so wird sich das Resultat ergeben, daß entweder das Verbot des Hambacher Festes ganz unterlassen oder daß auch Neustadt mit in dasselbe aufgenommen werden mußte. Die übrigen dem Verbote beigefügten Beschränkungen der bürgerlichen Freiheit, namentlich die frühere Polizeistunde, das Verbot tumultuarischer Versammlungen und öffentlicher Reden rechtfertigen sich mit Ausnahme des letztern Punktes von selbst, und hinsichtlich dieses muß bemerkt werden, daß wenn einmal die Polizei für nothwendig hält, eine seditiose Versammlung zu verhindern, ihre Agenten von Sinnen seyn mußten, wollten sie dem mächtigsten Hebel des Aufruhrs freien Lauf lassen. Solche Zumuthungen soll man einer aufmerksamen, kräftigen und con-sequenten Polizei nicht machen, oder wenn man sie macht, nicht erwarten, daß darauf Rücksicht genommen werde. Wir haben unsere Pflicht gegen das Publikum erfüllt, indem wir offen und mit Ruhe die Vertheidigung einer Regierungsmaßregel übernahmen, die den besonnenen Rheinbayer zwar Anfangs überraschen konnte, aber gerecht beurtheilt in keiner Beziehung von ihm getadelt werden kann. Bleibt ihm nach dem Gesagten noch ein Grund zur Unzufriedenheit übrig, so wende sich solche gegen jene Partei, welche die angefochtene Verfügung provocirt und ein ächt patriotisches Volksfest zu unserm großen Bedauern zu vereiteln gestrebt hat. 21 Es wird übrigens wiederholt, daß die Regierung nur jene Versammlung verbieten wollte und mußte, welche ihre gefährliche Absicht so laut und öffentlich ausgesprochen hatte. Hieraus folgt, daß andere dem geselligen Vergnügen oder sonst erlaubten Zwecken gewidmete Versammlungen an jedem beliebigen Orte und an jedem beliebigen Tage ohne Anstand abgehalten werden können. 22 Beilage Neustadt an der Haardt im bayerischen Rheinkreis, 20. April 1832. In öffentlichen Blättern, namentlich der Speyerer Zeitung, ist eine Einladung zu einem Constitutionsfeste auf dem Hambacher Schlosse erschienen. Solche ist ohne Auftrag ergangen; mit Beziehung auf nachstehenden Aufruf, bitten wir, jene Einladung als nicht geschehen zu betrachten. Der deutschen Mai. Völker bereiten Feste des Dankes und der Freude beim Eintritte heilvoller großer Ereignisse. Darauf mußte das deutsche Volk seit Jahrhunderten verzichten. Zu solcher Feier ist auch jetzt kein Anlaß vorhanden, für den Deutschen liegen die großen Ereignisse noch im Keim; will er ein Fest begehen, so ist es ein Fest der Hoffnung; nicht gilt es dem Errungenen, sondern dem zu Erringenden , nicht dem ruhmvollen Sieg, sondern dem mannhaften Kampf, dem Kampfe für Abschüttelung innerer und äußerer Gewalt, für Erstrebung gesetzlicher Freiheit und deutscher Nationalwürde. Alle deutschen Stämme sehen wir an diesem heiligen Kampfe Theil nehmen; alle seyen darum geladen zu dem großen Bürgerverein, der am Sonntag 27. Mai, auf dem Schlosse zu Hambach bei Neustadt am Haardtgebirge Statt finden wird. .Im Mai hielten, nach germanischer Sitte, die Franken, unsre ruhmbegränzten Väter, ihre Nationalversammlungen; im Mai empfing das heldenmüthige Polen seine Verfassung; im Mai regt sich die ganze physische und geistige Natur : wie sollte, wo die Erde mit Blüthen sich schmückt, wo alle keimenden Kräfte zur Entwicklung streben, wie sollte die Empfindung des freien Daseyns, der Menschenwürde-, starren unter der Decke kalter Selbstsucht, verächtlicher Furcht, strafbarer Gleichgültigkeit? Auf, ihr deutschen Männer und Jünglinge jedes Standes
Verfasst Verfasst
1832
Speyer
Beauftragt Beauftragt
1832
Ferdinand von Andrian-Werburg
1831 1834
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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