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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Funde der Römischen Epoche Schriftgut - wissenschaftliche Aufsätze, Druckfahnen aus Nachlässen Nationalsozialismus [2022/0061/051/052]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202307/26105935685.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Der Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim

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Beschreibung

Dr. Sprater stellt in seinem Bericht den aktuellen Stand der Ausgrabungen und der Interpretation der Felszeichnungen dar. Beim Brunholdisstuhl handle es sich um einen römischen Steinbruch, dessen Felszeichnungen auf einen einheimischen Sonnenkult schließen lassen. Bestärkt sieht er sich hierin durch zwei in der Nähe gefundene Steine mit einer Weiheinschrift für Jupiter und dem Bild eines Raben.

Material/Technik

Papier / geschöpft, maschinenbeschrieben

Maße

Höhe: 29,8 cm, Breite: 21,0 cm, Seitenzahl: 2

Abschrift

Original: Deutsch

Der Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim. Seit Beginn des Jahren werden am sog. Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim mit Unterstützung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft Ausgra- bungen in grösserem Umfang als Notstandsarbeit durchgeführt. Träger der Ar- beit ist die Stadt Bad Dürkheim, die wissenschaftliche Leitung hat das Hi- storische Museum der Pfalz übernommen. Noch sind die Arbeiten nicht abge- schlossen, sie haben aber bereits wertvolle Ergebnisse gezeitigt, an denen weite Kreise nicht nur von Fachleuten sondern auch von Freunden deutscher Vorgeschichte lebhaften Anteil genommen haben. Der Brunholdisstuhl, der diesen Namen erst seit etwa 80 Jahren zu Un- recht führt und im Volksmund Krummholzerstuhl genannt wurde, ist eine am Ostrand der in vorrömischer Zeit erbauten umfangreichen Heidenmauer gele- gene Felsnase. Bis zu 20 m hohe von oben bis unten mit Eisenwerkzeugen ab- gearbeitete Felswände ragen hier senkrecht in die Höhe. Auf Ihnen finden sich seit langem bekannte Felszeichnungen eingemeisselt und zwar vor allem Sonnenräder und Darstellungen von Pferden. Schon bald ein Jahrhundert beschäftigt sich die Heimatforschung mit dem Geheimnis des Brunholdisstuhles. Die einen wollten in ihm, so wie er sich uns heute darstellt, einen Steinbruch aus der Zeit der Römerherrschaft sehen, die andern eine Kultanlage. Die in Heft 16 wiedergegebene Rekonstruk- tion zeigt, wie manche Kreise, die in dem Brunholdisstuhl eine Kultstätte sehen möchten, sich den ursprünglichen Zustand denken. Als Unterlage wurde eine von Dipl. Ing. A. Teuffel gezeichnete Ansicht aus der Vogelschau verwen- det, die in der Zeitschrift "Nordische Welt" veröffentlicht ist, und die den Zustand vor Beginn der Ausgrabungen zeigt. Was gegenüber der Vorlage geän- dert ist, entspricht in keiner Weise dem Ergebnis der Ausgrabungen. Ebenso phantastisch ist der Text. Sowohl der Zeichner wie Verfasser des Textes haben den Brunholdisstuhl seit Beginn der Grabungen nicht gesehen. Dass die Felszeichnungen auf einen einheimischen Sonnenkult zurückzu- führen seien, darüber waren sich fast alle einig, die sich mit dem Denkmal beschäftigt haben. Zweck der z. Zt. noch im Gange befindlichen Ausgrabungen ist es, darüber Klarheit zu schaffen, ob es sich um einen Steinbruch oder eine Kultanlage handelt, sowie weitere Felszeichnungen zu finden. Die bisherigen Ergebnisse der Ausgrabungen sprechen dafür, dass es sich um einen Steinbruch aus der Zeit der Römerherrschaft handelt. Eine grosse neu entdeckte Inschrift nennt uns die 22. Legion, die von 90 n. Chr. bis zum Ende der Römerherrschaft am Rhein in Mainz lag. Die Entstehung der Inschrift liegt zwischen den Jahren 211 und 235 n. Chr. Damals wurden die Legionen grossenteils im Lande selbst ausgehoben. So finden wir unter den am Brunholdisstuhl festgestellten Namen keine Römer sondern nur Einheimi- sche. Die Aufdeckung der Sohle zeigt, dass der Steinbruch mitten im Betrieb plötzlich aufgegeben wurde. Auch alle zum Steinbruchbetrieb erforderlichen Eisenwerkzeuge wie Zweispitz, Keile und Hamner haben sich bei den derzei- tigen Grabungen vorgefunden. Wenn hier durch die Mainzer Legion Steine ge- brochen wurden, so muss man erwarten, dass unter den in Mainz gefundenen Steindenkmälern solche aus dem Material des Brunholdisstuhles vertreten seien. Eine Untersuchung bestätigte nicht nur in vollem Umfang diese Erwar- tung (es handelt sich um Steindenkmäler im Gewicht von vielen Hundert Zent- nern), sondern sie ergab auch wertvolle Anhaltspunkte für die Altersbestim- mung. Der Steinbruchbetrieb wurde durch die 1. und 14. Legion zwischen 70 und 90 n. Chr. aufgenommen und von 90 bis ins 4.Jahrhundert durch die 22. Legion weitergeführt. Zweifellos stellt der Brunholdisstuhl den bedeutendsten rö- mischen Steinbruch dar, den wir auf deutschem Boden besitzen. Weit höhere Bedeutung wurde aber von Anfang an den Felszeichnungen bei- gemessen. Sie sind, unregelmässig über dis Felswände zerstreut und zeigen durch dis Verschiedenheit der Ausführung, dass sie von verschiedenen Händen herrühren. Zu den schon länger bekannten Zeichnungen sind durch die Gra- bungen einige weitere hinzugekommen. Wir finden hier z. T. an Stäben befestig- te Sonnenräder, Pferde, menschliche Figuren und eine Sonnenuhr. Wenn diese Zeichnungen auch in römischer Zelt entstanden sind, so hat man doch schon lange erkannt,dass sie nichts mit den Kultanschauungen Italiens zu tun ha- ben, dass sie vielmehr auf einen einheimischen Sonnenkult zurückgehen. Die Beziehung zur Heidenmauer zeigt uns, dass dieser Kult in vorrömi- sche Zeit zurückreicht. Von diesem Sonnenkult legen auch sonstige Denk- mäler aus der Zeit der Römerherrschaft Zeugnis ab. Insbesondere finden wir im Gebiete der Kelten und Germanen Denkmäler eines Jupiter, der als Attribut ein Rad trägt, eine Verquickung von römischen mit keltisch- germanischen Kultvorstellugen. In dor gleichen reinen durch römische Anschauungen unbeeinflussten Form finden wir jedoch die Kultsymbole unserer Vorfahren kaum an einem andern Platze. Sie sind uns besonders auch deshalb von so hohem Werte, weil wir aus dem ganzen Gebiet aus der letzten vorrö- mischen Zeit kaum irgend welche Kultsymbole kennen. In der Zeit, als dis Felszeichnungen entstanden, bewohnten Germanen und zwar Nemeter und Vaagionen die Gegend. So sind wir berechtigt, den am Brunholdisstuhl geübten Sonnenkult den Germanen zuzuschreiben. Sind wir aber berechtigt, hier von bestimmten germanisenen Gottheiten, deren Namen uns erst aus nachrömischer Zeit überliefert sind, zu sprechen? Dies ist eine der Hauptfragen, welche die Forschung noch beschäftigen muss. Dürfen wir das Rad Donar, das Pferd Wotan zuschreiben? Zweifellos spricht manches dafür. In christlicher Zeit tritt an die Steile Donars gerne Petrus, an die Stelle Wotans Michael. Die Versuchung liegt nahe, hier eine Verbindung zu benachbarten Oertlichkeiten herzustellen. Der Brunholdisstuhl selbst liegt auf einem Ausläufer des Peterskopfes, und östlich von ihm liegt der Michelsberg, auf dem einst eine von Gräbern der Merowingerzeit umgebene Kapelle stand. In diesem Zusamenhang ver- dienen besonders zwei Steine Beachtung, die eine halbe Stunde nördlich des Brunholdisstuhles am Ausgang des Kallstadter Tälchens gefunden wurden. Der eine Stein trägt die Buchstaben I O M (Jovi optimo maximo), also eine Weihung an Jupiter, den besten und grössten, der andere Stein zeigt dar Bildnis eines Raben. Jupiter erscheint, wie wir bereits gesehen haben, häufig als römischer Ersatz für einen einheimischen Sonnengott. Den Raben kennen wir nur als Begleiter des Wotan, dem keltischen und römischen Kult ist er fremd. Für die Kenntnis der religiösen Anschauungen unserer Vorfahren hochwichtige Fragen werden durch die Felszeichnungen am Brunholdisstuhl angeschnitten und es kann hier nur die Hoffnung ausgesprochen werden, dass sie durch weitere neue Funde am Brusholdisstuhl weitere Klärung erfahren. Dr. Sprater.
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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

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