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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Funde der Römischen Epoche Schriftgut - wissenschaftliche Aufsätze, Druckfahnen aus Nachlässen Nationalsozialismus [2022/0061/051/051]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202307/26105131392.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Der Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim

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Beschreibung

Dr. Sprater schildert in seinem Bericht den aktuellen Stand der Ausgrabungen am Kriemhildenstuhl. Es handle sich um einen römischen Steinbruch, wobei die Felszeichnungen auf ein Sonnenheiligtum schließen lassen.
Erwähnt wird auch die Beschwerde des Reichs-Überwachungsamts der NSDAP über eine zu phantasievolle Interpretation in der Berliner Illustrierten Zeitung.

Material/Technik

Papier / geschöpft, maschinenbeschrieben

Maße

Höhe: 29,8 cm, Breite: 21,0 cm, Seitenzahl: 8

Abschrift

Original: Deutsch

Der Brunholdisstuhl bei Bad Dürkheim Seit bald einem Jahrhundert beschäftigt sich die pfälzische Heimatforschung mit den Geheimnissen des sog. Brunholdisstuhles bei Bad Dürkheim, einer Gruppe senkrecht aufstrebender recht- winklig zu einander stehender Felswände, deren Mehrzahl von oben bis unten abgearbeitet ist. Die Veröffentlichungen befassten sich mit der Deutung des Namens, der Erklärung der Anlage und der auf den Felswänden befindlichen Felszeichnungen. Bereits in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden hier durch den Dürkheimer Altertumsverein unter Leitung seines Konservators Dr. Mehlis Ausgrabungen geringen Umfanges durchge- führt. 1917 liess die Dürkheimer Ortsgruppe des Pfälzerwaldvereins an einer Felswand ein Denkmal für seine für das Vaterland gefal- lenen Mitglieder anbringen und bei dieser Gelegenheit mit Hilfe kriegsgefangener Soldaten weitere Teile der Felswände freilegen. Bei keiner dieser Arbeiten war es gelungen,auch nur an einer Stelle die Sohle der Felswände zu erreichen. Mit einer Gruppe von durchschnittlich ZO Arbeitern wurden nun im Februar dieses Jah- res umfassende Grabungsarbeiten aufgenommen mit dem Ziele, die ganze Anlage vollständig freizulegen. Träger der Arbeit ist die Stadt Bad Dürkheim, wissenschaftlicher Leiter das Historische Museum der Pfalz. Ueber die Hälfte der notwendigen Arbeiten ist bereits ausgeführt und es besteht begründete Aussicht, dass die Grabungen bis zur Erreichung des gesteckten Zieles durchgeführt werden können. Auch die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft hat von Anfang an die Arbeiten tatkräftig gefördert. Der Namen "Brunholdisstuhl" oder "Brunhildisstein" für die Felsengruppe wurde erstmalig von Pfarrer Lehmann in dem im Jahre 1867 erschienenen 4. Bande der "Bavaria" gebraucht. Es liegt hier zweifellos eine Verwechslung mit einem in einer Dürkheimer Grenz- beschreibung von 1560 genannten "Brûnoldez stûl" vor, der jedoch weiter südlich lag. Unsere Felsengruppe heisst im Volksmund der "Krummholzerstuhl" nach Lehmann auch der "krummholzene Stuhl". Für diesen Namen liegen drei Erklärungsversuche vor. Man hat den Namen mit den Krummholzern, d.h. mit den Wagnern, in Verbindung ge- bracht oder ihn auf einen Familiennamen Krummholz zurückgeführt. Endlich hat man versucht, den Namen sprachlich von "Brûnoldez stûl" abzuleiten. Zu bemerken ist hier, dass eine Waldabteilung nördlich von unserm Platze auf Leistadter Gemarkung gleichfalls Krummholzerstuhl heisst. So können wir heute nur eines feststellen, dass unsere Felsanlage den Namen Brunholdisstuhl zu Unrecht führt. Aufgabe der Geschichtsforschung und der Sprachforschung wird es sein, den richtigen Namen auf Grund von Nachforschungen in den zu- ständigen Archiven festzustellen und zu erklären. Die Felsgruppe des Brunholdisstuhles wurde bald als römischer oder mittelalterlicher Steinbruch, bald als römisch-germanische Kultstätte und endlich gar als Bastion der nahe gelegenen Heiden- mauer erklärt. Bereits 1917 hat der Verfasser zu dieser Frage Stel- lung genommen, die Entstehung der Felswände aus der Steinbruchtech- nik erklärt und auf Grund des Nachweises von aus dem Material des Brunholdisstuhles hergestellten römischen Steindenkmälem die Ent- stehung in die Zeit der Römerherrschaft verlegt. Die Richtigkeit dieser Annahme wurde durch das bisherige Ergebnis der Ausgrabungen in vollem Umfang bestätigt. Die Steine wurden am Brunholdisstuhl in der Weise gebrochen, dass man den zu gewinnenden Quader auf allen Seitenflächen durch mit der Zweispitz eingehauene Rinnen losgetrennt hat. Dann erst wurde der Quader durch am Grunde eingetriebene Eisenkeile vom Felsen abgehoben. Diese sog. Schrotgräben und ihre Reste ha- ben sich überall am Brunholdisstuhl von der Oberfläche bis zur Sohle vorgefunden. Die vorhandenen Schrotgräben haben eine Tiefe bis zu 60 cm und eine Breite von durchschnittlich 10 - 15 cm. Die Wände der Schrotgräben zeigen die gleiche Bearbeitung in viertelkreisförmigen Riefen wie die Wände des Brunholdisstuhles, ein Beweis dafür,dass die ganze Abarbeitung der Felswände aus der Steinbruchtechnik zu erklären ist. Die Abarbeitung erfolgte mit grosser Geschicklichkeit teils senkrecht teils nach innen abgeschrägt, so dass hier die Felswände überhängen. Ausserdem fin- den sich einzelne Steine, die am Rande kleine rechteckige Ein- schnitte zeigen. Diese dienten zum Einsetzen von Eisenkeilen, um den Stein vom Felsen abzulösen. Bei den Ausgrabungen haben sich auch alle zum Steinbrechen und Bearbeiten notwendigen Werkzeuge vorgefunden nämlich Zweispitz, Eisenkeile ,Schlägel und Meissel. Zahlreiche Quadern und halbfertige Werkstücke wie ein Kapitäl, ein Sargdeckel und mehrere runde steinerne Tischplatten zeugen gleichfalls von der Tätigkeit der Steinbrucharbeiter. Dass am Brunholdisstuhl in der Zeit der Römerherrschaft Steine gebrochen wurden, ist durch die an den Felswänden wie auf einzelnen Quadern gefundenen römischen Inschriften klar erwiesen. Es sind bisher 9 Inschriften auf den Felswänden und 5 Inschriften auf Quadern festgestellt. Die Inschriften geben uns zumeist die Namen von Arbeitern an. Nur wenige Inschriften geben uns Aufschlüsse über den Steinbruchbetrieb. Ein Mann namens Natalis war Soldat der 22. Legion. Die Tätigkeit der 22. Legion ist uns noch dreimal auf den Felswänden und einmal auf einem Quader bezeugt. Neben einem rohen bärtigen Kopfe lesen wir PRIMVS MAGISTRI. Es handelt sich hier wohl um eine Karikatur, die ein Arbeiter auf seinen Vorarbei- ter machte. Darnach war ein Magister Leiter des Betriebes, während wir aus andern Steinbrüchen Centurionen als Leiter kennen. Die An- gabe in einer Inschrift ANGVLVS QVIN(TVS) = fünfter Winkel be- zieht sich wohl auf den Steinbruchbetrieb. Auch die einmal vor- kommende Angabe des Tages und Monats: VI ID AVG (an den 6. Iden des August - 8. August) dürfte sich auf den Steinbruchbetrieb beziehen. Da die 22.Legion von 90 - 400 n. Chr. in Mainz lag, haben wir für die Zeit ihrer Tätigkeit am Brunnoldisstuhl einen weiten Spiel- raum. Viermal führt die Legion den Beinamen P (oder PR) P F = pri- migenia pia fidelis, einmal finden wir nach der Zahl XXII ein A, den abgekürzten Namen eines Kaisers. Das A ist aufzulösen in An- toniniana oder Alexandiana und bezieht sich auf den Kaiser Cara- calla (M. Aurelius Antoninus Pius) 211-217 n. Chr. oder Severus Ale- xander 222-255 n. Chr. Durch diese Inschriften ist uns der Brunhol- disstuhl als ein Steinbruch der Mainzer Legionen, als Staatsbetrieb, erwiesen. In der Zeit, aus welcher die Inschriften stammen, wurden die Soldaten grösstenteils im Lande selbst ausgehoben. Dafür spricht auch die Mehrzahl der in den Inschriften vorkommenden Namen. Nachdem es sich bei dem Brunholdisstuhl um einen Steinbruch der Mainzer Legionen handelt, war anzunehmen, dass sich in Mainz römische Denkmäler aus dem Material des Brunholdisstuhles nach- weisen liessen. Eine unter diesem Gesichtspunkt vorgenommene Un- tersuchung der römischen Steindenkmäler im Lapidarium des Mainzer Altertumsvereins bestätigte nicht nur in vollem Umfang diese Ver- mutung sondern lieferte auch wertvolle Aufschlüsse über die Zeit und den Umfang des Steinbruchbetriebes. Aus Material des Brunhol- disstuhles bestand vor allem ein bedeutender Achteckbau, der durch die I. Legion zwischen 70 und 90 n. Chr. errichtet wurde und dessen Steine in die Fundamente der römischen Stadtmauer von Mainz ver- baut wurden. Neben der I. Legion arbeitete gleichzeitig auch die XIV. Legion in unserm Steinbruch. Das Vorkommen einer grösseren Zahl von Steinsärgen aus dem Material des Brunholdisstuhles beweist dass der Betrieb bis ins 4. Jahrhundert währte. Bei den übrigen Steinen handelt es sich überwiegend um offizielle Denkmäler wie Kaiserinschriften, Legionsinschriften, Meilensteine u.ä. Die Untersuchung des Steinmateriales in Mainz hat also erge- ben, dass wir bei dem Steinbruchbetrieb am Brunholdisstuhl mit einer Zeitdauer von 250 bis 500 Jahren zu rechnen haben. Der Brunholdisstuhl ist der bedeutendste Steinbruch aus der Zeit der Römerherrschaft, den wir auf deutschem Boden be- sitzen. Noch bedeutendere gleichartige Steinbrüche, in denen gleichfalls auf den Steinbruchbetrieb bezügliche Inschriften festgestellt sind, kennen wir aus den Mittelmeerländern. Was jedoch den Brunholdisstuhl von andern ähnlichen Anlagen un- terscheidet, ist die grosse Zahl der hier aufgefundenen Fels- zeichnungen. Einige Felszeichnungen waren bereits vor Beginn der neuen Ausgrabungen bekannt, so ein sechsspeichiges Rad, zwei Stäbe mit achtspeichigen Rädern, drei ausgeführte und ein ange- fangenes Pferd. Sie haben anfangs sehr verschiedene Deutung er- fahren. Die Stäbe mit Rädern wurden als Legionszeichen, als Mer- kurstäbe aber auch als Stäbe mit Sonnenrädern, als das Urbild der Bretzelstäbe, wie sie heute noch bei uns bei den Frühlings- feiern getragen werden, erklärt. Die Felszeichnungen haben durch die neuen Grabungen eine erfreuliche Vermehrung erfahren. Es sind vor allem menschliche Figuren, Tiere und Symbole. Unter den menschlichen Figuren ist besonders wichtig ein Mann, der mit der Rechten über dem Kopfe und mit der linken vor dem Leibe je eine Lanze hält. Die Beine sind gekreuzt, offenbar im Tanzschritt. Wir dürfen diese Figur wohl als Speertänzer bezeichnen. Ueber Waffen- tänze der Germanen schreibt Tacitus in seiner Germania Kap. 24: An Schauspielen hat man dort nur eine Art, die bei jeder Zusammen- kunft wiederkehrt. Jünglinge, deren Sport das ist, werfen sich mit blossem Leib im Sprunge zwischen drohendstarrende Schwerter und Lanzen. Uebung hat Kunst, Kunst hat Anmut erzeugt; es geschieht je­- doch nicht zum Erwerb oder um Verdienst: den kecksten Wagemut lohnt die Lust der Zuschauer. Eine kultische Handlung stellt viel- leicht auch ein anderer Mann in steifer Haltung da, der einen Auf- satz auf dem Kopfe trägt und schräg eine lange Stange hält. Eine zur Hälfte in Relief ausgearbeitete Figur dürfte gleichfalls ei- nen Tänzer darstellen. Schwer zu deuten ist eine bereits 1917 ge- fundene in einer Nische stehende Figur. Der linke Arm ist erhoben. Die Haltung des rechten Armes ist nicht erkennbar. Anfangs wurde versucht, die Figur als Merkur zu erklären, doch ist dies nach der ganzen Haltung nicht möglich. Auch die Erklärung als Jupiter ist nicht sicher, aber immerhin möglich. Vielleicht gehört sie zu einer Gruppe von Darstellungen der Jahreszeiten, wie sie sich am Turm der Hirsauer Kirche befindet. Eine Eigur mit zwei erho- benen Armen wird als Sommer, eine zweite Eigur mit zwei gesenk- ten Armen und einem daneben stehenden Rad als Winter und eine dritte Figur mit einem erhobenen und einem gesenkten Arm als Sonnenwende erklärt. Eine fünfte am Brunholdisstuhl neu aufge- deckte Figur ist so unvollständig ausgeführt, dass sich jeder Erklärungsversuch erübrigt. Endlich sind an den Wänden zwei Kö- pfe festgestellt, von denen der eine an einen Jupiter erinnert während der andere uns wie eine Karikatur anmutet. Zu den drei ausgeführten und dem einen angefangenen Pferd sind durch die neuen Grabungen noch zwei weitere Pferde hinzu- gekommen. Während aber die bisher bekannten Pferde in Umrissli- nien ausgeführt sind, sind die beiden neugefundenen Pferde in Relief gearbeitet. Die Häufung von Pferdedarstellungen ist zwei- fellos auffallend. Von der Bedeutung des Pferdes im Kulte der Germanen berichtet Tacitus im 10. Kapitel seiner Germania: eigen ist der Nation auch Ahnungen und Mahnungen von Pferden festzu- stellen. Von Gemeinde wegen unterhält man solche in eben jenen Hainen und Wäldern; sie sind blendend weiss und durch keinerlei profane Dienstleistung entweiht. Man spannt sie an den heiligen Wagen und es begleiten sie der Priester und der König bezw. der Gemeindeoberste und achten auf ihr Wiehern und Schnauben. Und auf keine Vorbedeutung baut man mehr, nicht nur die Menge son- dern auch der Adel; Die Priester sind nämlich nach ihrer Anschau­- ung Diener, jene sind Mitwisser der Götter. Gegenüber den Pferden treten die übrigen Tierdarstellungen am Brunholdisstuhl zurück. In ihrer Bedeutung noch nicht geklärt ist die Darstellung eines Vogels mit einer Schlange. Die rohe Darstellung eines Vierfüss- lers mit Geweih ist wohl als Hirsch zu erklären. Eine weitere Tierdarstellung ist so roh ausgeführt, dass eine Bestimmung nicht möglich ist. Von Symbolen sind schon länger bekannt ein sechsspeichiges Rad und zwei Stäbe mit achtspeichigen Rädern. Nicht beachtet wur- de früher die sehr rohe Darstellung eines Stabes mit vierspei- chigem Rad. Das Rad ist ein weit verbreitetes Sonnensymbol. In Obergermanien aber auch in Gallien sind zahlreiche Darstellungen eines Jupiter gefunden, der als Attribut ein Rad trägt, das auf JupiterdarStellungen Italiens nicht vorkommt. Zweifellos handelt es sich hier um einen einheimischen Himmelsgott, der in der Zeit der Römerherrschaft in Gestalt des römischen Jupiter dargestellt wurde. In den Stäben mit Rädern hat man schon früher, wohl mit Recht, das Urbild der Bretzelstäbe gesehen, wie sie heute noch am Somnertag getragen werden. In den gleichen Kreis der Sonnensym- bole gehört ein dreiarmiges Hakenkreuz (Triquetrum), das in sehr roher Ausführung auf einer Felswand gefunden wurde. Zu den Sym- bolen ist auch die Darstellung eines Phallus auf einer Felsplatte und eine ähnliche Darstellung auf einer Felswand zu reebnen. Dann wäre noch ein Zeichen in Gestalt eines nach unten offenen U, das von einem senkrechten Strich durchschnitten ist, zu erwähnen. Die- ses Zeichen wird vielfach als Symbol des Winters erklärt und fin- det sich umgekehrt als Symbol des Sommers auch auf prähistori- schen Gefässen. Endlich wurde noch auf einem Quader die Dar- stellung einer Sonnenuhr gefunden. Die Felszeichnungen stempeln den Brunholdisstuhl zu einem in Deutschland einzig dastehenden Denkmal. Während die Inschriften sich auf den Steinbruchbetrieb beziehen haben die Felszeichnungen nicht das geringste damit zu tun. Sie stehen in Beziehung zu Kult- anschauungen und zwar nicht Italiens sondern des römischen Germa- nien. Dass die senkrecht abfallenden Felswände des Brunholdisstuhl nicht wie in einem Bericht in der Berliner Illustrierten Zeitung 2 versucht wurde, als Kultdenkmal zu erklären sind sondern als Stein- bruch ist durch den bisherigen Verlauf der Ausgrabungen klar er- wiesen. Mit Recht hat das Reichs-Ueberwachungsamt der NSDAP gegen diese Ausgeburt einer zügellosen Phantasie schärfsten Einspruch erhoben. Ich möchte vielmehr annehmen, dass sich auf der gegen die Rheinebene vorspringenden Felsnase, die sich ausgezeichnet zur Be- obachtung der aufgehenden Sonne eignete, vor Anlage des Steinbru- ches die Kultstätte befand. Wenn hier besondere Kultbauten bestan- den hätten, wären sie durch den Steinbruchbetrieb zerstört.Es be- steht aber gar keine Notwendigkeit, das ehemalige Vorhandensein von Kultbauten anzunehmen. Es würde dies auch den Angaben des Ta- citus widersprechen, der in Kapitel 9 seiner Germania schreibt: Die Götter nicht innerhalb der Wände einzuschliessen oder irgend- wie nach Art des Menschlichen Antlitzes zu bilden, das erachten sie der Hoheit der Himmlischen angemwssen. Wälder und Haine weihen sie und mit Götternamen rufen sie jenes Geheimnisvolle an, das sie nur in Andacht schauen. Ganz abwegig ist die Behauptung, der Stein- bruch sei von den Römern angelegt worden,um die germanische Kult- stätte zu zerstören. Die aufgewendete Arbeit würde in keinem Ver- hältnis zu dem erstrebten Ziel stehen. Wenn die Römer dies aber wirklich getan hätten, so hätten sie doch niemals erlaubt, dass auf den zur Zerstörung der Kultstätte angelegten Wänden die Kult- zeichnungen angebracht werden. Ausserdem wissen wir, dass die Römer den einheimischen Kult in keiner Weise unterdrückt haben, dass nordische Gottheiten sogar in Rom Eingang gefunden haben. Die Aus- grabungen haben auch nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine absichtliche Verschüttung der Felswände in nachrömisch-christli- cher Zeit ergeben. Die vor den Felswänden liegenden Massen bestehen ausschliesslich aus Schutt, wie er sich im Steinbruchbetrieb er- gibt: Schrot- und Bossierschutt und nicht verwendete Steine darun- ter zahlreiche Quadern. Derartige Steine liegen auch an der Ober- fläche der Schuttmassen. Sie sind niemals von unten nach oben ge- bracht sondern oben gebrochen worden. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ausgrabungen glaube ich annehmen zu dürfen, dass von der hier ansässigen germanischen Bevölkerung bereits in vorrömischer Zeit Kultfeste, ich denke vor allem an Sonnwendfeiern, veranstaltet wur- den. Durch die Anlage des Steinbruchs durch die Mainzer Legionen wurde zwar der zur Verfügung stehende Platz vor der Heidenmauer eingeengt, die Feste jedoch ohne weitere Behinderung weiter gefei- ert. An diesen Festen nahmen auch die im Steinbruch beschäftigten Legionssoldaten, die besonders in der späteren Kaiserzeit zum grossen Teil im Lande selbst ausgehoben wurden, teil und haben dann in Er- innerung an das Erlebte die Felszeichnungen eingemeisseit. Hieraus erklärt sich in ungezwungener Weise, dass sie planlos über die Wände zerstreut und in der Ausführung so verschieden sind. Dass sich Re- ste des Sonnenkultes bis in die neueste Zeit hier erhalten haben, schreibt Pfarrer Lehmann in seinen 1834 erschienenen Werke: Das Dürkheimer Tal. Darnach belustigte sich hier die Jugend Dürkheims auf Fastnacht mit einem wahrscheinlich aus einem heidnischen Ge- brauch herrührenden Freudenfeuer. Die Felszeichnungen mit bestimmten germanischen Gottheiten wie Donar oder Wodan in Verbindung zu bringen erscheint mir im Augenblick, wo die Ausgrabungen noch mitten im Gange sind und je- derzeit neue Aufschlüsse bringen können, noch verfrüht. Auch einer Stellungnahme zu der Frage, ob benachbarte Oertlichkeiten wie der Michelsberg u.a. in Beziehung zum Brunholdisstuhl stehen, möchte ich mich vorerst enthalten. Zweifellos gibt es aber hier Oertlich- keiten, bei denen eine Prüfung durchaus berechtigt erscheint. Ver- dächtig ist hier vor allem der Michelsberg. Der hl. Michael ist nicht selten der christliche Nachfolger des germanischen Wodan. Die einst dort befindliche Michaelskapelle muss in sehr frühe Zeit, wenigstens ins 7.Jahrhundert n. Chr. zurückreichen, denn un- mittelbar bei ihr wurden zahlreiche fränkische Plattengräber ge- funden. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang auch ein Fund, der in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine halbe Stunde nördlich des Brunholdisstuhles beim Ausgang des Kallstadter Täl- chens gemacht wurde. Es sind dies zwei Steine, von denen der eine die Inschrift I O M (Jovi optimo maximo - Jupiter dem besten und grössten), der andere das Relief eines Raben trägt. Auch hier lässt uns der Rabe an Wodan denken. Ob der Peterskopf, auf dessen südöstlichem Ausläufer der BrunholdisStuhl liegt, ist schwer zu entscheiden. Wohl erscheint Petrus gerne als der christ- liche Nachfolger des germanischen Donar. Der Peterskopf gehört aber zu der Gemeinde Freinsheim, deren Schutzpatron St. Petrus ist. Auch auf die vielumstrittene Frage der Ortungslinien möchte ich hier nicht eingehen, solange ich nicht die ganze Frage in Bezug auf den Brunholdisstuhl eingehend geprüft habe. Ueber die Deutung und Auswertung der Felszeichnungen des Brunholdisstuhles wird wohl noch viel geschrieben und widerstrei- tende Meinungen werden geäussert werden. Es kann dies nur begrüsst werden, sofern die Arbeiten auf ernsten wissenschaftlichen For- schungen beruhen und es sich nicht um Ausgeburten einer über- reizten Phantasie handelt. Eines glaube ich aber heute schon sagen zu können, dass der Brunholdisstuhl eines der wertvollsten Denk- mäler bildet, die es uns ermoglichen, einen Einblick in das Geistes- leben unserer germanischen Vorfahren zu gewinnen.
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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

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Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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