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Keramikmuseum Westerwald Historische Keramik [Lfd. Nr. 99, Inv. Nr. A62]
Vorratstopf (Keramikmuseum Westerwald CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Keramikmuseum Westerwald (CC BY-NC-SA)
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Vorratstopf

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Beschreibung

Westerwald, Mitte 19. Jahrhundert

grauer Scherben, Ritzdekor ("Red"), kobaltblau bemalt, frei gedreht

Literatur:
Baaden, "Das Kannenbäckerland und seine Ausstrahlungen" (1981)
Baumann, Mischler-Hoffmann, "Euler" (1993)
Fries, "Kurrimurri, Erinnerungen an die Kannenbäcker in Höhr-Grenzhausen" (1993)
Zühlke, Dippold, Scheja "Westerwälder Gebrauchsgeschirr von der Mitte des 19.Jh.bis in die 1960er Jahre" (2008)

Trotz des gegen die Mitte des 18. Jh. immer mehr auf den Markt drängenden Porzellans, muss die Töpferei im Kannenbäckerland
noch in einer weiter aufstrebenden Blüte gestanden haben. Die
barocken Formen der Kannen und Krüge, aber auch die Besinnung auf andere Gegenstände des täglichen - aber auch
gehobenen Bedarfs - wie zum Beispiel verziertes Schreibzeug, Salzstreuer und figürliche Erzeugnisse, fanden noch reichlich Absatz.

Mehr und mehr jedoch mussten sich die Töpfer des verzierten Steinzeugs von den barocken Formen lösen als sich das allgemeine Stilempfinden immer mehr dem Rokoko zuneigte. Für diese feingliedrigen Erzeugnisse war Steinzeug ungeeignet.

Sie schufen Formen, die sich nicht mehr an der modischen Stilrichtung orientierten, sondern der Verarbeitung des Werkstoffes Ton und der Handhabung im täglichen Gebrauch und dem Verwendungszweck entgegenkam. Es entstand, was wir heute als "Volkskunst" bezeichnen.

Gleichzeitig haben sich neben den Herstellern des verzierten Steinzeugs aber dann mehr und mehr Töpfer auf reines Gebrauchsgeschirr verlegt.

Der Bedarf an dem stabilen, robusten Steinzeug als Behältnisse des Haushaltsbedarfes, wie Schenk- und Aufbewahrungsgefäßen war landesweit groß und hatte zur Folge, dass in der 2. Hälfte des 18.Jh. rund 600 Kannen- und Krugbäcker im Kannenbäckerland ansässig waren (Baaden, "Das Kannenbäckerland und seine Ausstrahlungen").

Diese übermäßige Konzentration im unteren Westerwald und die gleichzeitig von anderen Landesherren in Aussicht gestellten Vorteile bewogen deshalb im Laufe des 18. Jahrhunderts viele Westerwälder Töpfer ihre angestammten Wohn- und Arbeitsplätze zu verlassen.

Sie ließen sich in vielen Gegenden Mitteleuropas und auch in Nordamerika nieder und fertigten dort Steinzeug nach westerwälder Art (Baaden, "Das Kannenbäckerland und seine Ausstrahlungen").

Die Aussiedler des 18. Jahrhunderts brachten ihre bisherigen Handwerkstechniken, Formen und Dekorationsarten mit in die neue Heimat und fertigten dort fast ausschließlich einfache Haushaltsware in Salzglasiertem Steinzeug. Wir können davon ausgehen, dass die uns bis heute überlieferten Formen und Verzierungen bereits ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts entwickelt wurden.

Die Form des hier vorgestellten Topfes kann als typisches Beispiel für die seit der zweiten Hälfte des 18. Jh. hergestellten westerwälder Töpferware angesprochen werden. Töpfe dieser Form wurden bis in die Gegenwart in allen gängigen Größen hergestellt. Eingeritzte Verzierungen waren die Ausnahme und es ist anzunehmen, dass sie auf besonderen Wunsch ausgeführt wurden.

In der Regel wurden die Töpfe nur mit Kobaltsmalte bemalt. Je nach Talent der Blauerin fielen die Verzierungen mehr oder weniger elegant aus.

Der hier vorgestellte Topf ist mit zwei eingeritzten, in naiver Verfremdung dargestellten Löwen verziert, die aufgerichtet sich in gegeneinander gerichteten Kampfstellung befinden.

Als Glücksfall ist anzusehen, dass dieser Topf mit der Jahreszahl 1860 versehen ist und damit genau datiert werden kann. Diese ist außergewöhnlich, weil die Töpfer ihre Gebrauchsware in der Regel weder mit einer Datierung noch mit einer Herstellermarkierung zu versehen pflegten.

Aus der Überlieferung ist uns bekannt, dass Töpfe dieser Art in der Regel als Vorrats- und Lagergefäße benutzt wurden.

Dass sie aber auch als Dekorationselemente verwendet wurden, zeigen die Gemälde von Claude Monet aus seinen Gärten in Argenteuil von 1873 und in Vetheul von 1881. In beiden Gemälden sind die Gartenwege von großen Westerwälder Töpfen der hier vorgestellten Art umsäumt.

Material/Technik

Grauer Scherben, Ritzdekor ("Red"), kobaltblau bemalt, frei gedreht

Maße

Höhe: 60 cm; Größter Durchmesser: 34 cm

Keramikmuseum Westerwald

Objekt aus: Keramikmuseum Westerwald

Bis in die Zeit der Urnenfeldkultur, etwa ab 1.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, lässt sich die Tradition des Töpferhandwerks in dieser Region,...

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