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Historisches Museum der Pfalz - Speyer Weinmuseum (Sammlungsausstellung) [HM_0_0735 bis HM_0_0738]
Alte Weine aus der Königlich Bayerischen Hofkellerei: 1540er, 1631er, 1728er, 1822er (Historisches Museum der Pfalz, Speyer CC BY-NC-ND)
Herkunft/Rechte: Historisches Museum der Pfalz, Speyer / Peter Haag-Kirchner, HMP Speyer (CC BY-NC-ND)
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Alte Weine aus der Königlich Bayerischen Hofkellerei: 1540er, 1631er, 1728er und 1822er

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Beschreibung

Sie sind eine Flaschenpost aus fernen Jahrhunderten, jene Weine, die der letzte bayerische König Ludwig III. bei einem Besuch in Speyer im Jahre 1917 – also mitten im Ersten Weltkrieg – dem Weinmuseum des Historischen Museums der Pfalz als Geschenk vermachte. Vier identische Chargen von je vier Flaschen alter Weine aus den Beständen des Königlichen Hofkellers in München hatte er dem 1910 gegründeten weltweit ersten Weinmuseum mitgebracht. Die Flaschen sind auf dem ansonsten nur mit einer Krone bedruckten Etikett handschriftlich bezeichnet: Leistenwein 1540er, Steinwein 1631er, Leistenwein 1728er und Steinberger 1822er. Die Weine stammen, wie schon die Lagennamen verraten, ursprünglich allesamt aus dem fränkischen Würzburg. Der 1540er und der 1631er zählen zu den ältesten flüssig erhaltenen deutschen Weinen. Älter ist nur noch der „Römerwein“ (um 325 n.Chr.), der ebenfalls im Speyerer Weinmuseum ausgestellt ist, er gilt gleichzeitig als der älteste flüssige Rebenwein der Welt.
Die dem Speyerer Weinmuseum geschenkten „Königsweine“ wurden 1917 in Speyer und Neustadt a.d.H. chemisch, biologisch und sensorisch untersucht. Die sensorische Prüfung fand am 24. Juni 1917 bei einer "Historischen Weinprobe" im Weinmuseum statt. Das Urteil der Weinfachleute fiel recht unterschiedlich aus. Am wenigsten Freude hatte man am 1822er, er „ließ jede Feinheit vermissen und hinterließ auf der Zunge einen widerlichen Nachgeschmack“. Überraschenderweise fand der 1540er noch am ehesten Gnade vor den Sachverständigen, wiewohl auch ihm attestiert wurde, dass er „ein Behagen für die Zunge“ durch sein „kanonisches Alter“ nicht mehr habe hervorrufen können.
Das Jahr 1540 gilt in den alten Weinchroniken als besonders gutes Weinjahr, nicht nur in Franken wurde es als das Jahr mit dem "dürren Sommer" bekannt, weil von März bis September kaum Niederschlag fiel. Der Pegelstand der Flüsse fiel derart, dass man an einigen Stellen sogar den Rhein durchschreiten konnte.
Insbesondere die drei ältesten Weine, um die es hier geht, wurden erst sehr viel später auf die Flasche gezogen, als es die Jahrgangsangaben vermuten lassen. Die hier verwendeten Flaschenformen stammen aus der Zeit um 1800, wobei die gedrungene, bauchige Form der 1540er und 1631er Flaschen etwas älter sein dürfte als die beiden schlanken Schlegelflaschen.
Der sagenhafte 1540er wurde ursprünglich im Würzburger Hofkeller auf der Feste Marienberg aufbewahrt, 1684 kam er dort in ein neues Fass, dass, weil es den 30jährigen Krieg unbeschadet in einem zugemauerten Keller überstand, das „Schwedenfass“ genannt wurde. Noch 1782 wird von einer Probe aus diesem Fass berichtet. Mit der Säkularisation und der Einverleibung des einstigen Fürstbistums Würzburg in das Königreich Bayern im Jahre 1814 wurde der gesamte Weinbergsbesitz des Fürstbischofs als „Königlich Bayerischer Hofkeller“ zusammengelegt. Um 1820 herum sind dann wohl die Restbestände historischer Fassweine auf Flaschen gezogen und in den Weinkeller der Münchner Residenz verbracht worden, von wo aus die erwähnten 16 Flaschen 1917 nach Speyer gelangten. Auch der heute im Weingut Bürgerspital zum Hl. Geist in Würzburg als Leihgabe aus England gezeigte 1540er stammt wohl aus dem Münchner Hofkeller, allerdings ist bei dieser Flasche die Provenienz nicht ganz so lückenlos nachvollziehbar.
Nach der chemisch-biologischen und sensorischen Beprobung der „Königsweine“ in Speyer blieb von den vier Jahrgangsweinen nur noch jeweils ein Exemplar zur dauerhaften Aufbewahrung übrig. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts verdunstete in einigen Flaschen ein nicht unerheblicher Teil des Weines, auf der Oberfläche bildete sich nach Luftzutritt eine Kahmschicht. Da eine Neuverkorkung zu risikoreich erscheint, wurde versucht durch eine vorsichtige Erneuerung der Versiegelung einen weiteren Flüssigkeitsverlust aufzuhalten.
[Ludger Tekampe]

Material/Technik

Glas, Korken, Siegellack, Wein

Maße

H 29-34 cm

Literatur

  • Kohl, Heinrich (1917): Die historische Weinprobe zu Speyer am 24. Juni 1917. Kaiserslautern (Pfälzisches Museum, Heft 5+6, Jg. 34)
  • Süß, Peter A. (2003): 875 Jahre Staatlicher Hofkeller Würzburg. Würzburg
  • Tekampe, Ludger (1993): Weinmuseum. Speyer
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Historisches Museum der Pfalz - Speyer

Objekt aus: Historisches Museum der Pfalz - Speyer

Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zählt mit seinen Sammlungen und seinen Dauer- und Sonderausstellungen seit vielen Jahren zu den...

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