Als ein Gleichnis für die Seelengröße des zu Unrecht Gedemütigten darf dieses Gemälde angesehen werden, das der in Bacharach am Rhein geborene Maler Kügelgen zusammen mit dem Bild »David spielt Harfe vor Saul« (Dresden) ein Jahr nach Napolens Einzug in Dresden gemalt hat. Kügelgen, ein enger Freund von Caspar David Friedrich, gehörte patriotischen Kreisen an und nahm mit seiner Kunst zu den Ereignissen der Zeit Stellung. In klarer Komposition und leuchtendem Kolorit stellt das Gemälde des in Rom und Paris geschulten, von Raffael beeindruckten Malers ein Beispiel dar für eine Kunst am Übergang vom Klassizismus zur Romantik.
Das Belisar-Thema war zu Beginn des 19. Jh. - wie alle Themen der klassischen Literatur - weithin bekannt. Es ist die heroische Geschichte des byzantinischen Feldherrn Belisarius (um 505-565) unter Kaiser Justinian, der nach einer langen Reihe von erfolgreichen Kämpfen der Verschwörung bezichtigt wird, nach längerer Gefangenschaft jedoch freigelassen und rehabilitiert wird. Die Geschichte seiner Blendung ist ahistorisch und geht auf mittelalterliche Behandlungen des Themas zurück. Im ausgehenden Klassizismus wird das Thema durch die Künste wiederentdeckt. Bereits zwei Jahre nach Kügelgens Werk wird das Thema von Goethe in den "Wahlverwandtschaften" aufgegriffen, in den 1820er Jahren schreibt Eduard von Schenk ein Trauerspiel darüber und 1836 wird das Thema noch einmal von Donizetti in einer Oper behandelt.
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